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28.10.2024 Klimawende bei Wohnimmobilien: Europäische Herausforderungen

Mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes hat die Bundesregierung die Klimaschutzvorgaben verschärft und das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert. Der Wohngebäudebestand spielt eine wichtige Rolle. Die Bundesregierung hat sich in Brüssel zu mehr Klimaschutz in diesem Bereich verpflichtet, was vor Kurzem in der neuen EU-Gebäuderichtlinie verankert wurde. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Deutschland und wie gehen andere EU-Länder diese Herausforderung an? Die Klärung dieser und weiterer Fragen rund um die Klimawende bei Wohnimmobilien standen dieser Tage im Zentrum der „Bausparkassen-Lounge“ der Arbeitsgemeinschaft Baden-Württembergischer Bausparkassen (ARGE).

Die Verpflichtung Deutschlands zur Klimaneutralität ist ohne einen substanziellen Beitrag des Wohngebäudesektors nicht erreichbar. Baualtersbedingt dominieren hierzulande weiterhin die Energieeffizienzklassen D und schlechter. Zugleich werden immer noch drei Viertel der rund 43 Millionen Wohneinheiten mit den fossilen Energieträgern Gas und Öl beheizt. Somit besteht sowohl im Hinblick auf die Wärmeeffizienz als auch die Wärmeerzeugung ein sehr großes Potenzial zur Treibhausgasreduktion. Dennoch kommen die Bemühungen um klimafreundlichere Wohngebäude im Bestand nur sehr langsam voran, sagt Bernd Hertweck, Vorsitzender der ARGE und Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Bausparkasse. „Die aussagekräftigste Kennziffer für das derzeit stockende Tempo ist die Sanierungsquote. Bei der Gebäudehülle beispielsweise wird derzeit ein Wert von nur 0,7 Prozent pro Jahr erreicht. Die Quote müsste mindestens verdreifacht werden, um die Klimaschutzziele im vorgegebenen Zeitrahmen zu erreichen. Das wird aber nur funktionieren, wenn sich die Rahmenbedingungen entscheidend verbessern."

Hertweck weiter: „Der gesamte energetische Investitionsbedarf in Wohngebäude ist erheblich und wird von Experten bis 2045 mit mindestens drei Billionen Euro veranschlagt. Die wichtigste Investorengruppe sind private Einzeleigentümer, auf die 80 Prozent der Wohneinheiten hierzulande entfallen. Um die energetische Sanierungstätigkeit sowohl im bewohnten Bestand als auch beim Eigentümerwechsel entscheidend zu fördern, sind Aufklärung, Planungssicherheit sowie vor allem finanzielle Leistbarkeit von zentraler Bedeutung. Die Transformation des Gebäudebestandes muss sozial verträglich gestaltet werden."

Wirksame Hebel für mehr Klimaschutz

Von zentraler Bedeutung für die Investitionsbereitschaft der Immobilieneigentümer ist Investitionssicherheit. Rasch wechselnde Vorgaben und kurzfristige Förderstopps kennzeichneten die Rahmenbedingungen der letzten Jahre auf Bundesebene. Fortan bedarf es nach Ansicht der ARGE langfristig verlässlicher Vorgaben und einer ausfinanzierten Förderung, damit die Investoren Planungssicherheit erhalten und sich ermutigt sehen, privates Kapital in die Hand zu nehmen. Ebenso zielführend wäre die Einführung eines zentralen Katasters, das auf Einzelobjektebene die wichtigsten Gebäudeenergiedaten enthält. Hertweck: „Die Verpflichtung der EU-Mitgliedsstaaten durch die EU-Gebäuderichtlinie (EBPD) zur Einrichtung entsprechender Online-Datenbanken begrüßen wir. So können Transparenz geschaffen und Kundinnen sowie Kunden gezielt angesprochen werden."

Von europäischen Nachbarn lernen

Der diesjährige Gastreferent der Bausparkassen-Lounge, Oliver Rapf, Geschäftsführender Direktor des Think-Tanks Buildings Performance Institute Europe (BPEI) aus Brüssel, stellte den Fahrplan und Umsetzungsstand der EU-Gebäuderichtlinie allgemein und in verschiedenen europäischen Ländern dar. Rapf: „Die Richtlinie ist ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg der EU-Gebäuderichtlinie. Die Klimawende bei Wohnimmobilien bekommt einen frischen Schub, denn es werden klare Ziele für die Renovierung definiert. Die Richtlinie sorgt auch dafür, dass die europäischen Mitgliedsländer begleitende sozial- und wohnungspolitische Maßnahmen umsetzen, um die Klimawende sozialverträglich und gerecht für alle Bürger zu realisieren. Deutschland kann sich dabei auch an innovativen Ideen in Nachbarländern orientieren, die bürgernah sind und neue wirtschaftliche Impulse geben.“

Im Wohngebäudebereich führte er beispielhaft die Praxis in der belgischen Region Flandern an, wo neue Eigentümer von Wohngebäuden innerhalb von fünf Jahren nach Kauf oder Erbe das Gebäude auf eine höhere Energieeffizienzklasse bringen müssen. Flankiert wird diese Vorgabe durch finanzielle Unterstützung der Region, insbesondere für einkommensschwache Haushalte. Rapf zeigte zudem beispielhaft den Aufbau einer zentralen Energieausweisdatenbank in Portugal auf. Resümierend meinte er, dass die Klimawende im Gebäudebestand mit klaren Zielvorgaben und finanzieller Unterstützung gelingen könne.
























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