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30.03.2023 Büroprojekte: Trading-Developer sind im Exitstress

Gestiegene Zinsen und der starke Rückgang des Investoreninteresses sowie die anhaltende Verunsicherung beim Trend zu Remote Work führen dazu, dass künftig weniger Büros gebaut werden und die Entwicklerbranche insgesamt in einer wirtschaftlich schwierigen Situation ist. Das bestätigten Reinhold Knodel, Vorstandsvorsitzender der Pandion AG; Roland Köppe, Prokurist und Leiter Akquisition & Projektentwicklung Berlin bei Becken Development GmbH, und Fabio Carrozza, Geschäftsführer BF.real estate finance GmbH, bei einer von RUECKERCONSULT organisierten Pressekonferenz in Berlin. Aktuelle Zahlen zur Marktentwicklung präsentierte Alexander Fieback, Niederlassungsleiter Berlin bei der bulwiengesa AG.

Demnach wird der 2021 einsetzende Trend zu rückläufigen Büroprojektvolumina in den deutschen A-Städten auch in diesem Jahr anhalten. Vor allem klassische Trading-Developer würden weniger bauen. Bei ihnen erschwerten anhaltende Probleme auf der Exitseite die Kalkulation. Investoren, die für den eigenen Bestand entwickeln, würden dagegen nahezu konstant weiter realisieren. Besonders Akteure mit besserer Eigenkapitalausstattung seien weiter handlungsfähig. Da die Planungstätigkeit nach einer Spitze im Jahr 2020 zurückgehe, werde perspektivisch die Flächen in Bau- und Fertigstellung spürbar abnehmen. Weil sich an der aktuellen Konstellation auf absehbare Zeit nichts ändere, gehe er von tendenziell fallenden Grundstückspreisen aus, sagte Fieback.

Reinhold Knodel, Vorstandvorsitzender der Pandion AG, fasste die Entwicklerperspektive wie folgt zusammen: “Die Branche steht momentan unter großem Druck. Sowohl finanzierungsseitig als auch nachfrageseitig hat sich das Marktumfeld binnen kürzester Zeit radikal verändert. Die Kaufpreise sind um etwa sechs Jahresnettokaltmieten zurückgegangen. Dem gegenüber stehen zwar auch perspektivische Mietsteigerungen durch die Indexierung der Verträge. Doch es wird dauern, bis die Differenz ausgeglichen ist und man bei einem rechnerisch gleichen Kaufpreis ankommen wird. Derweil liegen die Transaktionsmärkte am Boden. Wir gehen davon aus, dass dieser Zustand bis zum kommenden Jahr anhalten wird. Denn die Zinsen werden weiter steigen und die Investoren werden eher risikoarme Anleihen kaufen, als den ohnehin schon hohen Immobilienanteil in ihren Portfolios noch weiter zu erhöhen.“

Dieser Einschätzung stimmte Roland Köppe, Prokurist und Leiter Akquisition & Projektentwick-lung Berlin der Becken Development GmbH, zu und ergänzte: "Die Zahlungsbereitschaft bei Investoren ist dem Zinsumfeld geschuldet stark rückläufig.” Für einen Trader-Developer wie Becken sei ein Verkauf seiner Projektentwicklungen zwar zielführend, aber nicht um jeden Preis. Becken verfüge über eine komfortable Eigenkapitalausstattung und eine gut gefüllte Entwicklungspipeline und kann den Herausforderungen in der Projektfinanzierung damit gut entgegnen. “Wer nicht gezwungen ist unter den Herstellungskosten zu veräußern, kann Projek-te über eine Bestandsfinanzierung vorerst im Bestand halten.“ Köppe fügte hinzu:“ Neuakquisi-tionen tätigen wir nur dann, wenn sich die Projekte auch unter den aktuellen Prämissen wirt-schaftlich darstellen lassen. Marktplayer mit weniger Eigenkapital werden hierbei deutlich zu-rückfahren müssen.”

Quasi spiegelbildlich ist die Einschätzung aus der Perspektive des Finanzierers: „Die Stimmung unter den Immobilienfinanzierern ist derzeit negativ”, sagte Fabio Carrozza, Geschäftsführer der BF.real estate finance. ”Allerdings beobachten wir, dass die Marktteilnehmer eine gewisse Entspannung der Zinssituation in Richtung Jahresende erwarten. Daher versuchen Projektentwickler, mit Bridge-Finanzierungen Zeit zu kaufen und die Objekte erst einmal vom Markt zu nehmen, bis sich die Konditionen verbessert haben. Angesichts dieser Erwartungen sind Bridge-Finanzierungen durchaus sinnvoll."

Die Finanzierungsparameter des jüngsten BF.Quartalsbarometers für das erste Quartal 2023 spiegeln die derzeitigen Veränderungen im Markt wider: „Die Margen sind in den vergangenen beiden Jahren deutlich gestiegen. Lagen sie im Q1 2021 noch knapp unter 240 Basispunkten, sind es aktuell rund 340 Basispunkte. Der steile Anstieg zeigt das gestiegene Risikobewusstsein der Banken. Die Banken lassen sich das höhere Risiko vergüten. Im Gegenzug sanken die durchschnittlichen Loan-to-Costs (LTCs) von rund 73 Prozent auf ca. 69 Prozent. Auch hier sind die Finanzierer zurückhaltender als noch vor ein bis zwei Jahren."

Trotz der insgesamt trüben Aussichten vor allem bei der Zinsentwicklung waren die Teilnehmer der Presseveranstaltung um Optimismus bemüht. „Projektentwicklung erweist sich einmal mehr als ein volatiles Geschäft”, resümierte Reinhold Knodel. “Momentan werden kaum neue Vorhaben angeschoben, sondern lediglich zu Ende gebaut. Spekulativer Neubau findet praktisch nicht mehr statt. Mittelfristig führt all dies zu einem Angebotsengpass bei modernen Büroflächen in den City-Lagen. Dabei signalisieren steigende Spitzenmieten und kaum rückläufige Vermietungsumsätze einen weiterhin hohen Bedarf an hochwertigen Flächen. Zentralität und Qualität des Arbeitsplatzes bleiben wichtige Kriterien im Kampf um Fachkräfte und deshalb können sich viele Unternehmen Sparsamkeit nicht leisten.“

Roland Köppe sagte: “Herausragende Projekte erfreuen sich stets einer stabilen Nachfrage. Denn die Flächenattraktivität für Mitarbeiter steht mieterseitig nach wie vor an erster Stelle.“ Das bestätigte auch Alexander Fieback: “Gute Lagen und gute Qualität bleiben gefragt und steigende Mieten dort ermöglichen auch weiterhin ein auskömmliches Entwicklungsgeschäft, während periphere Lagen vermehrt im Feuer stehen, sofern der Mikrostandort nicht attraktive Besonderheiten etwa bei Gastronomie oder Erreichbarkeit aufweist. ” Der Trend zu mehr Qualität bringt zudem eine stärkere Revitalisierungstätigkeit mit sich. „Ohne das Thema ESG bei der Planung von Projektentwicklungen in den Fokus zu rücken, ist die Wettbewerbsfähigkeit gefährdet.

Grundsätzlich ist dies im Neubau von zentraler Bedeutung. Nachhaltigkeit wird bei der Becken-Gruppe nicht als Nachweis einer Zertifizierung interpretiert, sondern als gesellschaftliche Verpflichtung für eine lebenswerte Zukunft“, sagte Roland Köppe und ergänzt weiter: „Neben dem klassischen Projektentwicklungsgeschäft sehen wir aber vor allem auch Chancen bei Bestandsoptimierungen beziehungsweise Revitalisierungen von in die Jahre gekommenen Immobilien. So kann graue Energie erhalten bleiben und ein nachhaltig optimiertes Gebäude dem Markt wieder zugeführt werden.”





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