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09.03.2023 Sinken Preise im Bestand wirklich stärker als bei Neubauimmobilien?

Derzeit kursieren viele Studien und Berichte zu fallenden Immobilienpreisen. Jüngst wurde eine Statistik veröffentlicht, die den Preisverfall von Neubau- und Bestandsobjekten vergleicht. Dass dabei der Rückgang bei bestehenden Immobilien größer war als bei neu gebauten, hat mich stutzig gemacht. Es ist Zeit, beim Thema Preisbildung von Immobilien mit einem grundsätzlichen Denkfehler aufzuräumen.

„Wie lange noch fallen die Häuserpreise?“ fragen sich vom Kaufinteressenten über den verkaufsbereiten Eigentümer bis hin zu Branchenvertretern alle, die die Entwicklungen der vergangenen Monate im Hinblick auf den Immobilienmarkt verfolgen.

Vor kurzem stellte ein Ökonom genau diese Frage – und lieferte dazu eine Grafik, aus der hervorgeht, dass die Preise für Bestandsimmobilien in Deutschland seit Mitte 2022 noch stärker gefallen sind als im Neubausegment. Als Hauptgrund sieht der Experte die Kombination von gestiegenen Zinsen und erhöhten Baukosten.

Auf den ersten Blick klingt das durchaus plausibel. Allerdings hat sich hier ein ganz typischer Denkfehler eingeschlichen, den man häufig bei der Deutung von Statistiken zu Immobilienpreisen findet – vor allem dort, wo kein direkter Einblick auf das aktuelle Marktgeschehen genommen wird. Denn tatsächlich fallen die Preise im Bestand nicht stärker als im Neubau.

Der Grund ist einfach: Derzeit werden lediglich Bestandsimmobilien beurkundet, die in der Preisgestaltung eine gewisse Flexibilität aufweisen. Deshalb ist hier ein deutlicher Preisrückgang nachweisbar.

Im Gegensatz dazu können Neubauprojekte durch Parameter wie Grundstückseinkauf, Kalkulation und Bankfinanzierung nicht preisflexibel verkauft werden. Dementsprechend scheinen Neubauten preisstabiler, obwohl sie es nicht sind. Faktisch werden aktuell kaum welche verkauft: Die Transaktionszahlen im Neubausegment sind massiv zurückgegangen. In München zum Beispiel ist der Verkauf von Neubauwohnungen im vergangenen Jahr um fast zwei Drittel eingebrochen!

Die vermittelte Stückzahl ist jedoch ein ebenso preisbildender Faktor wie das einzelne Objekt selbst. So finden nämlich die wenigen hochpreisige Neubauimmobilien in besonderen Lagen nach wie vor ihre Käufer, die die gewohnten Preise zahlen – und das stabilisiert aktuell (noch) das Preisniveau.

Der „Wettlauf“ zwischen Bestand und Neubau um den stärksten Preisverfall ist ohne die Berücksichtigung der preisbildenden Faktoren deshalb missverständlich und führt in die Irre.

(Kommentar von: Thomas Aigner, Geschäftsführer der Aigner Immobilien GmbH)






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