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11.10.2022 EZB – und sie bewegt sich doch

Spät, aber nun endlich doch. Die EZB weicht mit den kürzlich erfolgten Zinserhöhungen von dem noch Ende letzten Jahres kommunizierten Kurs (Forward Guidance) ab. In der DVFA Monatsfrage Oktober wurden die Investment Professionals nach ihrer Einschätzung bezüglich der weiteren Vorgehensweise der EZB gefragt. Außerdem wollte der Berufsverband von seinen Mitgliedern wissen, welche Erfolgsaussichten den Handlungen der Zentralbank mit Blick auf die Preisstabilität eingeräumt werden.

„Für einen Großteil der DVFA Investment Professionals war es höchste Zeit, dass sich die EZB bewegt und den Leitzins anhebt. Zudem fordert eine deutliche Mehrheit additiv eine Bilanzverkürzung der Notenbank, um die Inflation zu bremsen“, fasst Ingo Mainert, stellvertretender DVFA-Vorstandsvorsitzender, die Ergebnisse zusammen.

Neutraler Leitzins wird bei 2 bis 3 % gesehen

Gefragt nach der Höhe des sogenannten „neutralen Leitzinses“ – desjenigen Zinsniveaus also, bei dem die Euroland-Wirtschaft weder stimuliert noch gebremst wird – schätzt ihn annähernd die Hälfte (47 %) der Befragten bei 2 bis 3 Prozent. 28 % sehen ihn über 3 und 23 % zwischen 1 und 2 Prozent.

Terminal Rate muss über dem neutralen Leitzins liegen

Die Terminal Rate – der Zinshöhepunkt in einem geldpolitischen Zyklus – muss nach Meinung der überwiegenden Mehrheit der DVFA Investment Professionals diesmal über (53 %) oder sogar deutlich über (18 %) dem neutralen Zins liegen. 25 % sehen sie auf der Höhe des neutralen Zinses.

Quantitative Tightening wird gefordert

Quantitative Tightening oder Quantitative Straffung ist ein geldpolitisches Instrument der Zentralbanken. Dabei verkürzt die Notenbank die eigene Bilanz und verringert so die Liquidität in der Wirtschaft. Auf die Frage, ob die Europäische Zentralbank ähnlich wie Fed und BoE dieses Instrument einsetzen solle, stimmt die überwältigende Mehrheit (63 %) mit ja. 16 % sagen nein und 21 % wollen sich bei dieser Frage nicht festlegen.
Wann wird die EZB ihren restriktiven Kurs wohl beenden? Die relative Mehrheit von 43 % meint, dass man das heute nicht sagen kann. 21 % glauben, dass dies im kommenden Sommer der Fall sein wird, 23 % vermuten im Winterhalbjahr 2023/24 und 13 % im Jahresverlauf 2024.

Nachhaltige Preisstabilität um 2 % bis 2025? „Klares“ Jein

Uneins sind sich die DVFA Investment Professionals bei der Frage, ob wir in Euroland bis 2025 wieder eine nachhaltige Preisstabilität um 2 % haben werden können. 32 % sagen ja, 33 % nein und 35 % geben an, eine Vorhersage hierüber ließe sich heute noch nicht machen.

Welcher Leitzins würde die Inflation wieder in den Zielbereich bringen? Bei dieser Frage konnten die Antworten frei gewählt werden. 52 % halten einen Leitzins von 4 % und mehr für notwendig. Der Bereich der genannten Spitzenwerte ging von 7 bis 10 %.

Vorausschauende Geldpolitik vermisst

Die letzte Frage zielte auf die eigentlich gut untersuchten Wirkungsverzögerungen der Geldpolitik. Wird dieser Sachverhalt von Seiten der EZB richtig eingeschätzt? 73 % beantworten diese Frage mit nein.

„Ein aktuell wenig diskutiertes Thema sind die klassischen Verzögerungseffekte der Geldpolitik. Grundsätzlich wirken die Instrumente erst vier bis sechs Quartale später“, so Mainert, „was übrigens in den 1970er Jahren zu dem Einsatz von Zwischenzielen wie Geldmengen geführt hat“. Das Inflation Targeting der letzten Jahre beinhaltet ein permanentes Hinterherlaufen und damit eine grundsätzlich höhere Volatilität bei Wirtschafts- und Marktvariablen. „Geldpolitik muss vorausschauend agieren – das war in der mittleren Vergangenheit immer weniger der Fall gewesen“, konstatiert DVFA-Vorstand Ingo Mainert abschließend.






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