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22.07.2022 Risiken bei Wohnimmobilien erfolgreich managen

Wohnimmobilien-Investoren sehen sich seit dem vergangenen Jahr einem veränderten Investitionsumfeld ausgesetzt. Aufgrund der gestiegenen Baufinanzierungszinssätze sind die Finanzierungskosten für Wohnimmobilien-Investitionen signifikant gestiegen. Seit Anfang dieses Jahres ist der Zins für einen 10-jährigen Baukredit um beträchtliche rd. 3,4 Prozentpunkte auf zeitweise bis zu 4,0 Prozent geklettert. Wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist die gestiegene Inflation sowie die von den Notenbanken in Reaktion darauf eingeleitete Zinswende, die am Markt für Fremdfinanzierung bereits eingepreist wird. Die Inflationsprognosen für das laufende Jahr wurden angehoben – so geht die Bundesbank für 2022 von 7,1 Prozent aus. Die 2022 in Kraft getretene Bafin-Richtlinie, die Banken einen sektoralen Systemrisikopuffer in Höhe von zwei Prozent für Risikopositionen von mit Wohnimmobilien besicherten Krediten vorschreibt, spiegelt das höhere Risiko am Wohnimmobilienmarkt wider.

Ein weiterer Belastungsfaktor ist die Knappheit von Baumaterialien. Diese verteuert und verzögert Bau- und Sanierungsprozesse. Manche Projekte müssen sogar auf unbestimmte Zeit verschoben oder gar ausgesetzt werden. So sind allein im vierten Quartal 2021 die Materialkosten für den Bau bereits um rd. 14,2 % und die Lohnkosten im Bau um durchschnittlich rd. 4 % im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Diese Problematik wurde durch den Ausbruch des Ukrainekriegs noch weiter verschärft. So haben sich für die Bauindustrie wichtige Stoffe, wie Betonstahl oder Kunststoffe für die Dämmung, um ein Vielfaches verteuert. Die Baukosten lagen im Mai 2022 entsprechend 17,6 Prozent über dem Vorjahr.

Sind also die goldenen Zeiten für Investoren, die durch Wohnimmobilen Sicherheit und Stabilität für ihr Portfolio erlangen konnten, vorbei? Wohnimmobilien in Deutschland bleiben auch weiterhin eine bei Investoren und Eigennutzern beliebte Kapitalanlage. Die ungebrochen hohe Nachfrage und Liquidität machen Wohnimmobilien nach wie vor zu einem attraktiven Investment. Jedoch hat die herausfordernde Marktlage im ersten Halbjahr 2022 ihre Spuren im Wohnimmobilien-Investmentmarkt hinterlassen: Das Transaktionsvolumen ist nach Berechnungen von BNP Paribas Real Estate im Vergleich zum Vorjahr um knapp 30 Prozent zurückgegangen. An der Spitze des Rankings lagen dabei, anders als in den Vorjahren, Projekte mit gut 38 Prozent. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass Investoren Neubauprojekte unter Rendite- und Risikogesichtspunkten als vorteilhaft betrachten. Es bedarf jedoch angesichts der höheren Unsicherheiten eines umfassenden aktiven Risikomanagement-Ansatzes, um die vorhandenen Risiken bei Wohnimmobilien abzufedern und Wohnimmobilien dadurch für Investoren attraktiv zu halten.

Risiken umfassend abfedern

Eine detaillierte Objekt- sowie Standortanalyse sind essenziell, um potenzielle Risiken bei Wohnimmobilien-Investments zu minimieren. Denn eine hohe Qualität der Objekte und ein attraktiver Standort mit tendenziell steigenden Mieten sind die Bedingung dafür, dass die Instandhaltungskosten gering und die Mieteinnahmen auch in Zukunft gesichert sind. Eine bei den Wohnobjekten vor Ort vorhandene Dienstleistungsinfrastruktur mit Handwerkern und Hausmeistern gewährleistet darüber hinaus, dass die Wohnobjekte gepflegt gehalten werden können und Reparaturen und Sanierungen nicht aufgrund von Personalmangel aufgeschoben werden müssen. Bei Neubauprojekten zahlt sich auch ein gutes Netzwerk in der Bauindustrie aus, sodass die Projekte zuverlässig durchgeführt und abgeschlossen werden können.

Beim Ankauf von Wohnimmobilien ist eine technische und rechtliche Due Diligence-Prüfung unabdingbar. Neben den Chancen werden auch die Risiken der für den Erwerb vorgesehenen Immobilie analysiert. Sollten sich die Risiken dabei als größer erweisen als auf den ersten Blick ersichtlich, kann der Kaufpreis gesenkt oder sogar das Kaufvorhaben aufgekündigt werden. Bei der Financial Due Diligence werden Erträge und Kosten prognostiziert sowie mittels des Discounted-Cashflow-Verfahrens der Wert der Wohnimmobilie ermittelt. Bei der Legal Due Diligence-Prüfung werden rechtliche Aspekte geprüft. Dazu gehören auch steuerliche Sachverhalte. Im Rahmen der Technical Due Diligence werden unter Einbindung weiterer Bauexperten wie Architekten und Bauingenieure der technische Zustand der Wohnimmobilie und mögliche Sanierungsmaßnahmen erfasst.

ESG wird immer wichtiger

Ein Bereich, der bei der Due Diligence-Prüfung an Bedeutung gewonnen hat, ist die Environmental Due Diligence. Dabei geht es darum, die Wohnimmobilie über den gesamten Lebenszyklus hinweg hinsichtlich technischer und rechtlicher Umweltaspekte zu bewerten. Beispielsweise werden Emissionen, Bauschadstoffe, die Wasserversorgung oder auch das Risiko für Umweltkatastrophen geprüft. Immobilien, die erhebliche umwelttechnische Mängel aufweisen, bergen ein hohes Risiko, zum „Stranded Asset“ zu werden. Dabei handelt es sich um Immobilien, die einen drastischen Bewertungsverlust erfahren und somit nur noch schwer handelbar sind. Mit dem „Fit for 55“-Gesetzespaket hat die EU ein umfassendes Bündel an Maßnahmen vorgelegt, durch die die Europäische Union bis 2050 klimaneutral werden soll. Bereits bis 2030 soll in verschiedenen Wirtschaftsbereichen der CO2-Ausstoß um 55 Prozent reduziert werden. Im Gebäudesektor soll unter anderem ab 2030 für den Neubau der Standard des Null-Emissions-Gebäudes gelten. Bei Bestandswohnimmobilien ist vorgesehen, Gebäude der niedrigsten Energieeffizienzklasse F durch energetische Sanierungsmaßnahmen bis 2030 mindestens um eine Energieeffizienzstufe zu verbessern. Wohnimmobilieninvestoren können durch Neubaugebäude am einfachsten die hohen ESG-Standards für den Gebäudesektor implementieren. Jedoch mahnen Experten aus der Wohnwirtschaft, dass die bürokratischen Vorgaben angesichts des Personalmangels und der Materialverknappung und -verteuerung nicht so einfach umzusetzen sind.

Sobald eine Wohnimmobilie dem Portfolio des Asset Managers zugeführt wurde, müssen dessen Erträge und Kosten eng beobachtet werden. Denn nur wenn die Kosten im Blick behalten, Einspar- und Optimierungspotenziale genutzt werden, kann eine attraktive Rendite realisiert werden.

Wohnimmobilien sind angesichts der weiterhin hohen Nachfrage und Marktliquidität nach wie vor eine vergleichsweise risikoarme Assetklasse. Jedoch ist ein umfassendes Risikomanagement durch einen auf Wohnimmobilien spezialisierten Asset Manager nötig, um bestehende Risiken zu minimieren. Hierzu gehören umfassende Expertise in der Objekt- und Standortanalyse sowie ein exzellentes Netzwerk, um Zugang zu vielen Wohnobjekten mit hoher Qualität zu erhalten. Auch eine breite Servicepalette mit angeschlossenen Handwerkerdienstleistungen mindert das Risiko bei Bau- und Sanierungsprozessen. Eine umfassende Due Diligence-Prüfung legt Risiken bei der Gebäudetechnik und bei Rechtsaspekten offen. Auch ESG-Gesichtspunkte gehören zur Risikoprüfung dazu. Denn Wohnimmobilien mit großen Mängeln bei der Energieeffizienz und anderen negativen ökologischen Eigenschaften werden zukünftig mit immer höheren Bewertungsabschlägen gehandelt. Gerade in diesen Zeiten der Gasknappheit bekommt das Thema der Energieversorgung eine besonders wichtige Bedeutung. Hier geht’s aus Risikosicht nicht nur um die grundsätzliche Verfügbarkeit der Energiequellen, sondern auch um einen für die Mieter erschwinglichen Bezug der Energie. Schließlich ist ein kontinuierliches Erträge- und Kosten-Monitoring nötig, um Optimierungspotenziale zu heben und Kostenfallen zu vermeiden.

(Autor: Adalbert Pokorski, Geschäftsführer Greenwater Capital GmbH)







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