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23.09.2021 Wohnungsmarkt: Für Corona-Abiturienten geht der Ärger jetzt erst los

Mehr als 400.000 Abiturienten haben nach Schätzungen der Kultusministerkonferenz frisch ihre Abschlusszeugnisse in der Tasche. Dabei waren die vergangenen anderthalb Jahre alles andere als ein Spaziergang - denn dieser Jahrgang musste nicht nur die allgemeinen Herausforderungen der Prüfungen meistern, sondern auch auf persönliche Lerngruppen und Vorbereitungskurse, Studienfahrten und Abschlussfeiern verzichten. Höchste Zeit also, dass wieder Normalität und Freiheit Einzug in das Leben der jungen Erwachsenen halten. Viele streben nun ein Studium an und freuen sich auf die Studentenzeit mit ausgelassenen WG-Partys oder Gruppenarbeiten in der Gemeinschaftsküche. Zuvor muss jedoch eine große Hürde genommen werden: die Wohnungssuche.

"Der MLP Studentenwohnreport 2021 untersucht wiederholt den Wohnungsmarkt an 30 großen Hochschulstandorten und die Ergebnisse bedeuten für die Studierenden vor allem eines: Ihre Wohnungssuche wird eine große Herausforderung. Hintergrund ist die besonders schwierige Gemengelage auf dem Wohnungsmarkt", sagt Dr. Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender von MLP.

Mieten in vielen Städten moderat weiter gestiegen - von bereits hohem Ausgangsniveau aus

Die durchschnittlichen Mieten, bereinigt um Qualitäten und Lagen ("Studentenwohnpreisindex"), sind an 19 von 30 untersuchten Hochschulstandorten weiter gestiegen. Im Schnitt lagen die Preise um 1,8 Prozent über dem Vorjahr - ausgehend von einem hohen Ausgangsniveau. Die Dynamik hat zumindest vorerst etwas nachgelassen. Spitzenreiter bei den Steigerungen waren Freiburg, Berlin und Konstanz mit Raten von 5,9 Prozent, 5,4 Prozent und 4,2 Prozent. In neun Städten sind die Preise weitgehend gleich geblieben bzw. geringfügig gesunken. Spürbar günstiger geworden sind studentische Wohnungen in Stuttgart (-2,6 Prozent) und Karlsruhe (-1,4 Prozent), die Mietpreise liegen dort allerdings weiterhin auf überdurchschnittlich hohem Niveau. Der Rückgang in diesen beiden Städten ist vor allem darauf zurückzuführen, dass es dort ein erweitertes Wohnangebot gibt, u. a. weil viele Studierende zuletzt den Beginn ihres Studiums hinausgezögert haben.

Der teuerste Studienort bleibt München. Dort kostet eine studentische Musterwohnung aktuell 802 Euro, gefolgt von Stuttgart (750 Euro - trotz sinkender Mieten) und Köln (663 Euro). Am günstigsten wohnen die Studierenden hingegen in den ostdeutschen Städten Magdeburg (289 Euro), Leipzig (355 Euro) und Greifswald (382 Euro). Für die studentische Musterwohnung wurden bei einer "normalen" Ausstattung unter anderem eine Wohnfläche von 30 Quadratmetern und eine Lage in direkter Umgebung zur nächstgelegenen Hochschule unterstellt. Neben den reinen Mietkosten wurden auch Wohnnebenkosten in Höhe von 20 Prozent mit einkalkuliert; die ausgewiesenen Mieten sind also Warmmieten. Für den BAföG-Wohnzuschlag von maximal 325 Euro können sich Studierende einzig in Magdeburg eine Musterwohnung leisten. Im Extrembeispiel München erhalten Studierende dafür gerade einmal eine Wohnung mit 16 Quadratmetern (Median-Kaltmiete).

Neben den hohen bzw. steigenden Kosten müssen sich die Wohnungssuchenden voraussichtlich bald einer weiteren Herausforderung stellen: mehr Konkurrenz. Mit zunehmender Impfquote und Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens ist mit größeren Nachholeffekten zu rechnen - etwa durch Studierende, die ihren Studienstart wegen Corona aufgeschoben haben. "Zudem dürfte die wieder anlaufende Präsenzlehre dazu führen, dass viele Studierende, die bislang aus dem Elternhaus heraus studiert haben, in die Hochschulstädte ziehen möchten. Für Erstsemester ohne Netzwerk wird es dann nochmals schwieriger, eine Bleibe zu finden, die in ihr begrenztes Budget passt. Es wird höchste Zeit, für mehr bezahlbaren Wohnraum für die Studierenden zu sorgen - dafür muss die Politik nun dringend einen Rahmen setzen", sagt Schroeder-Wildberg.

Studierende spielen im Wahlkampf kaum eine Rolle

Doch inwieweit planen die Parteien überhaupt, sich um die Probleme der Nachwuchsakademiker zu kümmern? Der MLP Studentenwohnreport bietet auch einen Überblick über die Wahlprogramme derjenigen Parteien, bei denen eine Regierungsbeteiligung realistisch ist. Hinsichtlich der finanziellen Unterstützung für Studierende beschäftigen sich alle Parteien mit dem BAföG und dessen Anpassung. Größte Einigkeit besteht darin, den Kreis der Empfänger zu erweitern und elternunabhängiger zu gestalten sowie die Altersgrenzen zu flexibilisieren. Bei der Höhe bleiben die Parteien aber meist vage. Einzig die Grünen nehmen variierende Wohnkosten in den Blick: Sie wollen unterschiedliche Lebenshaltungskosten (inklusive der Miete) bei der BAföG-Höhe berücksichtigen. Gleichzeitig möchten sie wie SPD und Linke den Mietwohnungsmarkt stärker regulieren, um für günstigere Mieten zu sorgen. "Die Erfahrungen mit dem in Berlin bereits ausprobierten Mietendeckel zeigen aber, dass ein solcher Ansatz nicht funktioniert. Am Ende hat er zu einer weiteren Verknappung des Mietwohnungsangebots geführt. Damit ist natürlich auch keinem Studierenden auf Wohnungssuche geholfen", sagt Prof. Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft. CDU/CSU und FDP setzen vor allem auf die Ausweitung des Wohnungsbaus.

"Insgesamt zeigt der Blick in die Wahlprogramme: Die Parteien schenken den Bedürfnissen und Nöten der Studierenden am Wohnungsmarkt viel zu wenig Beachtung. Die Politik sollte den Ausbau der Angebote fördern und gleichzeitig die bisher noch weniger gefragten Hochschulstandorte attraktiver gestalten, um Entlastung an anderen zu schaffen", sagt Voigtländer. Der MLP Studentenwohnreport enthält eine detaillierte Übersicht über die Pläne der Parteien hinsichtlich der Wohnproblematik der Studierenden.







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