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29.10.2014 Schwarmstädte und tote Dörfer in Thüringen?

“Wenn Thüringens Politiker nicht rasch handeln, wird der Freistaat zu einem Land der Schwarmstädte und toten Dörfer“, warnt Constanze Victor, Vorstandsmitglied des größten und stärksten Verbandes der Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, dem vtw. In den nächsten Jahren drohen Thüringen Bevölkerungsverluste so groß wie die Einwohnerzahl von Jena und Erfurt.

Dazu kommt: Ständig steigende Anforderungen und Wünsche von Politik und Gesellschaft – Stichwort Klimawende und billiges Wohnen - können aus dem klassischen Wirtschaftsmodell eines Wohnungsbauunternehmens nicht mehr finanziert werden. Die Firmen stehen vor der Alternative, entweder die Mieten deutlich zu erhöhen oder ihre Existenz als wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen zu gefährden.

Um dieser dramatischen Entwicklung zu begegnen, hat der vtw. ein Positionspapier mit klaren Forderungen an die Politik erarbeitet. “Wir werden die Parteien künftig daran messen, was sie tun, damit die Thüringerinnen und Thüringer auch künftig bezahlbar und sicher wohnen“, betont Constanze Victor.

Die Hauptforderungen des vtw. an die Politik:

1. „Wir brauchen eine besser abgestimmte Strategie zur Förderung des ländlichen Raumes und eine Verzahnung mit den Schwarmstädten. Das Stadtumbauprogramm-Ost muss dafür dringend mit neuen Anreizinstrumenten zur Bekämpfung des Leerstandes ausgestattet werden“.

Begründung: Thüringen hat viele Probleme: Aktuell liegt die Leerstandsquote bei sieben Prozent. Bis 2030 verliert das Land voraussichtlich noch weitere 320.000 Menschen. Dem Land droht ein Leerstandstsunami. Die immer weniger werdenden Jugendlichen ballen sich als „Schwarm“ in Erfurt, Jena und Weimar.

Aber auch eine Überalterung und Verarmung der Gesellschaft stehen uns bevor. In 16 Jahren wird mehr als ein Drittel der Thüringer nicht mehr im erwerbsfähigen Alter sein. Deren Erwerbsleben ist zunehmend von einer Phase der Arbeitslosigkeit gekennzeichnet.

2. “Statt einer Mietpreisbremse benötigen wir eine Energiepreisbremse. Nur so können wir die Gesamtmiete bezahlbar halten. Landesregierung, Kommunen und vtw. haben im `Bündnis für gutes Wohnen´ ihr nein zur Mietpreisbremse bekräftigt. Daran müssen sie sich jetzt halten!“.

Begründung: Drei von vier Mietern zahlen unter 5,00 Euro/m² im Monat. Die Erhöhung der Nettokaltmiete seit 2000 liegt deutlich unter der Inflationsrate. Dass dies in der Öffentlichkeit so nicht wahrgenommen wird, liegt an der dramatischen Steigerung der warmen Nebenkosten. So explodierten seit dem Jahr 2000 die Kosten für Strom um 99 % und für Heizung (u.a. Fernwärme) um 112 %. Dass vor dem Hintergrund dramatisch steigender Energiepreise eine Mietpreisbremse für die Nettokaltmiete per Gesetz verordnet wird, hält der vtw. deshalb für inakzeptabel. Dazu kommt: Schon seit 1991 engagieren sich die Wohnungsunternehmen für stabile Nebenkosten. So investierten Mitglieder des vtw. in freiwilliger Selbstverpflichtung bereits mehr als 11 Mrd. Euro vor allem in die energetische Sanierung.

3. „Politisch gewünschte, aber nicht finanzierbare Mieten im Neubau und Bestand müssen über Förderung wirtschaftlich gestaltet werden.
Die Vergabe kommunaler Grundstücke, insbesondere in den drei stark nachgefragten sogenannten Schwarmstädten, darf nur nach Konzept und nicht nach Höchstpreisgebot erfolgen.

Die Grunderwerbsteuer sollte wieder auf 3,5 % reduziert werden.“

Begründung: Wohnen ist keine Billigware – das Bereitstellen und Bewirtschaften von Wohnungen birgt hohe Kosten. Wer hier niedrige Mieten fordert, muss dafür sorgen, dass diese Kosten nicht weiter steigen und Deckungslücken finanziert werden.

Aktuell geht der Trend jedoch in die Gegenrichtung. Kosten für Material, Bau- und Arbeitsleistungen sind seit dem Jahr 2000 um rund 30 % gestiegen. Allein durch die Neureglung der Energieeinsparverordnung EnEV 2014 kommt es zu acht Prozent Kostensteigerung. Wer heute z.B. Neubau nach aktuellem Standard finanzieren will, müsste Nettokaltmieten von mehr als 10 Euro/m² verlangen.

4. „Es muss künftig eine ressortübergreifende und abgestimmte Strategie für die Förderung von Infrastruktur, Wirtschaft und Wohnungsbau geben.
Wichtig sind vor allem Zuschüsse neben Darlehen für nichtrentierliche Maßnahmen. Das betrifft z.B. die altengerechte und barrierearme Ertüchtigung, energetische Sanierungen und Wohnumfeldaufwertung. Für eine effiziente Nutzung der Fördermittel aus Programmen der Städtebauförderung muss der Eigenanteil von Kommunen auch von Dritten übernommen werden können.

Und: Die künftige Förderpolitik sollte mehr auf regionale Unterschiede achten“.

Begründung: Die aktuell herrschende Förderpolitik auf Landes- und Bundesebene hat teilweise dazu geführt, dass Fördermittel nicht abgerufen werden können.

Fazit: Angesichts der aktuellen Lage und der künftigen Herausforderungen am Thüringer Wohnungsmarkt muss Wohnen zur Chefsache werden. Dafür braucht der Freistaat ein starkes Bauministerium.


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