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23.04.2014 Braunschweig brilliert mit Top-Kennzahlen

Die „Löwenstadt“ überzeugt als dynamischer Wirtschafts-, Forschungs- und Handelsstandort. Die mit knapp 250.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt Niedersachsens ist integraler Bestandteil der Metropolregion Hannover und angesichts einer beachtlichen Konzentration an weiteren Großstädten einem beträchtlichen Städtewettbewerb ausgesetzt. Nach Auffassung der COMFORT-Einzelhandelsexperten kann die Stadt diesem aber sehr selbstbewusst entgegentreten, denn sie verfügt über eine ganze Reihe von wesentlichen Stärken.

Im Zusammenspiel der ausgezeichneten Verkehrsinfrastruktur mit der räumlichen Nähe zum VW-Stammsitz Wolfsburg wandelte sich die Stadt von einem reinen Maschinenbaustandort zu einem Standort der Automobilindustrie, die heute den bedeutendsten Industriezweig darstellt. Aber auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel der Computerelektronik, ist Braunschweig erfolgreich. So siedelte Intel hier ein großes Entwick¬lungszentrum an. Die hohe Bedeutung von technik- und innovati-onsorientierten Unternehmen, wie auch der Standort des wichtigsten deutschen Forschungsflughafens in der Stadt sind kein Zufall. Dies reflektiert maßgeblich auf die große Tradition der TU Braunschweig, mit über 15.000 Studenten eine der führenden technologieorientierten Ausbildungsstätten und Ideenschmieden in Deutschland.

Braunschweig weist entsprechend der oberzentralen Versorgungsfunktion für das Umland einen klaren Überschuss an Arbeitspendlern von arbeitstäglich rd. 25.000 Personen auf. Und auch die Bevölkerungs- wie auch Arbeitsmarktentwicklung gestalten sich insgesamt relativ positiv, was u.a. auch in einer deutlich über dem Bundesdurchschnitt (rd. acht Prozentpunkte) rangierenden Einzelhandelskaufkraft seinen Niederschlag findet.

BEDEUTUNG DER STADT ALS EINZELHANDELS-STANDORT

Im Jahr 2012 wurden auf der Verkaufsfläche in der City rund 760 Millionen Euro umgesetzt. Der Umsatzanteil der Innenstadt am Gesamtumsatz der Stadt dokumentiert mit rund 38 Prozent die eindrucksvolle Stärke und Zentralität. Grund genug, um sich mit der Stadt in puncto Einzelhandel genauer zu befassen, berichtet COMFORT-Geschäftsführer Günter Rudloff.

Die Millionenstadt

So stellen das Angebot wie auch die Leistungskraft des Einzelhandels - nach COMFORT-Analysen auch im bundesweiten Vergleich - eine ausgesprochene Stärke Braunschweigs dar. Der Einzelhandel reflektiert auf ein Einzugsgebiet von insgesamt gut eine Million Menschen, also auf das Vierfache der eigenen Bevölkerung. Dabei stellt die traditionsreiche Innenstadt das eindeutige Zentrum des städtischen Einzelhandelsgeschehens dar. Hier werden auf knapp 32 % der gesamtstädtischen Einzelhandels-Verkaufsfläche rund 37,5 % des städtischen Umsatzes getätigt. Werte, die deutlich über den bundesdeutschen Durchschnittswerten liegen (für Städte zwischen rd. 200.000 und 500.000 Einwohnern bezogen auf die Verkaufsfläche knapp 25 %, bezogen auf den Umsatz rund 29 %). Die Dimension wie auch der leistungsstarke Besatz der City stellen die maßgeblichen Größen bzw. Erklärungen für die außerordentlich hohe Einzelhandelszentralität Braunschweigs von rd. 148 (nach Angaben von GfK GeoMarketing) dar. Im innerstädtischen Leitsortiment Mode (Bekleidungs-/ Textil-/ Schuhe/ Lederwaren) erreicht die Zentralität sogar gut 229%. Die Braunschweiger Modeeinzelhändler tätigen demnach in diesem Sortiment aufgrund von erheblichen externen Kaufkraftzuflüssen mehr als doppelt so viel Umsätze, als die Einwohner Braunschweigs für diese Waren an Geld ausgeben, führt Olaf Petersen, Chef-Researcher bei COMFORT, aus.

Diese externen Kaufkraftzuflüsse gehen primär auf das weitläufige Einzugsgebiet zurück. Denn auf der anderen Seite ist demgegenüber festzustellen, dass der Städtetourismus angesichts von Übernachtungszahlen von rund 500.000 p.a. trotz der Attraktivität der Innenstadt mit ihren historischen Teilen – bislang nur eine überschaubare Größenordnung erreicht hat. Die Innenstadt von Braunschweig verfügt über eine hohe Aufenthaltsqualität, die zum ausgedehnten Einkaufsbummel durch die 1A-Lage einlädt und auch Tagestouristen anzieht.

Historische öffentliche Gebäude (Dom und die Burg Heinrichs des Löwen), eine insgesamt ansprechende und abwechslungsreiche Gebäudearchitektur, ein umfassender Mietermix und ein ausgeprägtes gastronomisches Angebot sind die Gründe dafür. Die Topmarken des filialisierten Einzelhandels sind in den Lagen Damm und Hutfiltern angesiedelt.

Die Lage Hutfiltern führt zum gastronomisch geprägten Kohlmarkt, ein schöner Platz eingerahmt von einigen historischen Gebäuden. Von dort geht es weiter in die abgeschwächten Einkaufslagen Schuhstraße und Sack. Durch die Burgpassage können die Passanten direkt vom Hutfiltern die Lage Schuhstraße und Sack erreichen. Die dort befindliche Welfenhofpassage sowie der etwas abseits gelegenen Media Markt markieren den Abschluss der Einkaufslage.

In der Gesamtschau der einzelhandelsrelevanten Daten und Fakten erreicht Braunschweig auch im bundesweiten Vergleich eine ausgezeichnete Position (siehe hierzu auch das COMFORT City-Ranking am Ende des Städte-Reports: sechs von sieben möglichen Einkaufstüten und 72 Scoring-Punkte). Dies ist nicht zuletzt als Ausdruck der starken Performance bei Einzugsgebiet und Modezentralität wie auch der großen innerstädtischen Verkaufsfläche (rund 187.000 m²) bei überdurchschnittlicher Flächenproduktivität (rund 4.100 €/m²) zu werten, berichtet Chef-Researcher Olaf Petersen.

CHARAKTERISIERUNG DER 1A-LAGEN
Damm
• Standort mehrerer Großflächenmieter wie z.B. C&A, Karstadt Sport, Woolworth sowie Galeria Kaufhof im Bohlweg gegenüber der Einmündung zum Damm
• Gemischtes Bild aus modernen Verkaufsflächen (z.B. Zara und Hennes & Mauritz) neben Immobilien mit deutlichem Modernisierungsbedarf
• Neue Mieter: Hallhuber, Summersby, Liberty Women
• Aktueller Mietpreis liegt bei 115 EUR/m²

Hutfiltern

• Am Kreuzungspunkt zum Damm und Kattreppeln stärkster Abschnitt der A-Lage Braunschweigs
• Zugang zur Burgpassage (verbindet Hutfiltern mit den Lagen Schuhstraße und Sack)
• Konsumiges bis discountorientiertes Angebot (TK Maxx, Takko 1982)
• Neue Mieter: keine
• Aktueller Mietpreis liegt bei 115 EUR/m²

Kohlmarkt

• abgeschwächte Lage aber hohe Anziehungskraft für Gastronomie durch Außenbestuhlung auf dem ansprechendem Platz
• Standort des Wochenmarktes
• Neue Mieter: Wellensteyn

Schuhstraße

• Abgeschwächte Lage, häufige und längere Leerstände insbesondere im kleinteiligen Flächenangebot
• Standort von Großflächenmietern wie Karstadt und Peek & Cloppenburg, sowie des weltweit größten New Yorker Flagshipstores
• Neue Mieter: keine

Sack

• Abgeschwächte Lage und Rückgang der Mieterqualität in der Vergangenheit
• Passantenfrequenz aufgrund umliegender Parkhäuser und einigen Magnetmietern (z.B. nahgelegener Media Markt, Buchhandlung Graff) stets stabil
• City Point (ehemaliger Hertie) wird derzeit umfangreich umgebaut und bekommt mit Primark einen neuen Großmieter
• Abkürzungsmöglichkeit über Nebenstraßen Kleine Burg/ Domplatz zu den Schlossarkaden
• Neue Mieter: Dunkin Donuts, Primark Anfang 2015

Bohlweg
• abgeschwächte Lage, die durch das gegenüber liegende Center Schloss-Arkaden an Bedeutung gewonnen hat
• Überwiegend gastronomische Nutzungen mit kleinteiligen Flächenzuschnitt und durchgehenden Außenbestuhlungsmöglichkeiten
• Keine gefragte Lage für den filialisierten Textileinzelhandel
• Neue Mieter: keine

Centersituation

Braunschweigs Innenstadt besitzt ein großes Einkaufscenter sowie mehrere kleinere Passagen. Das Schwergewicht ist mit rund 30.000 m² das von der ECE entwickelte Center Schloss-Arkaden. Als Rekonstruktion des früher an dieser Stelle errichteten Braunschweiger Schlosses befindet sich hinter imposanter Fassade ein erfolgreiches Einkaufszentrum, das seit Eröffnung 2007 kaum Leerstand aufweist. Leider ist das Center über den Bohlweg nur mittelbar an die Toplage Damm angebunden, was anfangs zu Kritik der örtlichen Einzelhändler führte und Befürchtungen keimten, die Toplage könne den neuen Wettbewerber nicht schadfrei verkraften. Nachdem es sich zwischenzeitlich in die Innenstadt gut integriert hat, sorgte der Centerbetreiber ECE mit einem aktuellen Antrag auf Sortimentsänderung dafür, den Unmut vieler örtlichen Einzelhändlern über das Center wieder anzuheizen. Per Bebauungsplan ist eine Beschränkung auf 14.000 m² Verkaufsfläche für Kleidung und Schuhe vorgesehen. Beides wollte das Center gern erweitern (Kleidung um 1.700 m² und Schuhe um 800 m²) zulasten einer Verringerung in anderen Bereichen wie z.B. Buch und Geschenkartikel. Begründet wird dieser Wunsch mit veränderten Kaufverhalten und Anfragen von Einzelhändlern, wie z.B. Adidas, Nike oder Strellson, die gerne in Braunschweig anmieten wollen, aber auf der Straße keine geeignete Flächen finden würden. Dieser Vorstoß kam zeitgleich mit Diskussionen über eine Veränderung des bestehenden Zentrenkonzeptes, das den Schutz des innerstädtischen Einzelhandels kontrolliert und derzeit aufgrund Planungen peripherer Handelslagen aufgeweicht werden soll, berichten die Einzelhandels- und Immobilienexperten von COMFORT.

Entsprechend groß ist der Widerstand der örtlichen Einzelhändler und der Hinweis, dass man damals der Centeransiedlung nur unter den gegebenen Sortimentsbeschränkungen zugestimmt habe. Die Reaktion der Einzelhändler ausserhalb des Centers ist nachvollziehbar und gerechtfertigt. Wenn auch 1.700 m² vergleichsweise wenig Fläche sind, so bedeutet es letztendlich eine vergebene Chance, dass sich die vom Center genannten Mietkonzepte ernsthaft nach Möglichkeiten auf der Straße umsehen und das Innenstadtangebot erweitern. Entgegen der Meinung der ECE sieht die COMFORT Hamburg sehr wohl vielfältige Möglichkeiten der Ansiedlung auf der Straße. Angesichts des enormen Gegenwindes, auch den die peripheren Ansiedlungen derzeit erfahren, hat die ECE den Antrag vorerst wieder zurückgezogen und will erst die Überarbeitung des Zentrenkonzeptes abwarten. Es bleibt zu hoffen, dass die Ablehnung der örtlichen Einzelhändler hier stabil bleibt und man auch innerhalb der Stadtverantwortlichen den Standpunkt beibehält, die Innenstadtentwicklung nicht mit solchen Maßnahmen zu torpedieren.

Die Burgpassage mit rund 5.000 m² Verkaufsfläche hat als Verbindungsglied zwischen den Straßen Hutfiltern und Sack eine bedeutende Verkehrsfunktion. Leider kann die Passage diese Funktion nicht im vollem Ausmass für seine Mieter nutzen: erkennbar sind gute Passantenfrequenzen im Erdgeschoss, fast verwaiste Gänge sowie viele Leerstände im oberen Geschoss.

Ein drittes Innenstadtcenter befindet sich in der abgeschwächten Lage Sack. Schon seit 1988 und mittlerweile deutlich in die Jahre gekommen existiert hier der City Point. Er verfügt über rund 12.000 m² Verkaufsfläche auf fünf Handelsebenen und ist aus dem ehemaligen Hertie entstanden. Im Laufe der Jahre hat sich zunehmend Leerstand in den oberen Etagen entwickelt, die schließlich nacheinander stillgelegt wurden. Zuletzt war bereits im ersten Obergeschoss der Leerstand gravierend. Der Niedergang soll sich nun umkehren, das Objekt steht derzeit vor seiner zweiten großen Umstrukturierung, die verfügbaren Flächen des City Points werden modernisiert und neu strukturiert: Ab Herbst wird der irische Textildiscounter Primark seine Mietflächen übernehmen und plant ab April 2015 auf rund 6.000 m² Verkaufsfläche zu eröffnen und damit gut die Hälfte der verfügbaren Fläche des City Points zu nutzen. Darüberhinaus werden auf rund 3.000 m² etwa 20 Shops im Erd- und ersten Obergeschoss entstehen, die teilweise von den Bestandsmietern weiterhin betrieben werden. Dass Primark ein Erfolg wird, kann angesichts der bisherigen sehr erfolgreichen Eröffnungen in Deutschland gewiss sein. Die zukünftige Nachhaltigkeit der übrigen Einzelhandelsflächen des City Points, insbesondere im ersten Obergeschoss, dürfte vom geplanten Miet- und Flächenkonzept abhängen und davon, ob es in der Primark-Fläche im ersten Obergeschoss zum Citypoint einen Durchgang geben wird. Allein der Nachbar Primark wird kein Garant für erfolgreiche Geschäfte im Citypoint sein.

Mit Ankündigung der Primark-Ansiedlung haben die Diskussionen der örtlichen Einzelhändler begonnen und man ist sich uneins, ob das umfangreiche, extrem preisaggressive Sortiment mehr positive oder negative Auswirkungen für die eigenen Geschäfte haben wird.

In jedem Fall entsteht durch Primark eine neue Wettbewerbssituation, insbesondere für die Anbieter überwiegend junger und preisorientierter Mode, der sich die etablierten Konzepte wie z.B. H&M, C&A, New Yorker, etc. zu stellen haben werden. Besonders das Flaggschiff von New Yorker in schwacher Lage Schuhstraße, die vom neuen Magneten Primark kaum profitieren wird, dürfte unter Druck geraten. Insgesamt wird in der Lage Sack ein neuer Schwerpunkt im Braunschweiger Innenstadtgefüge entstehen, der als neuer Gegenpol zum zwischenzeitlich arrivierten ECE Center fungiert und einen erweiterten, attraktiven City-Rundlauf bewirkt. Auch sind Umkehrungen im Laufverhalten möglich, da Kunden vom Center kommend zuerst die Abkürzung direkt zum Primark nehmen und anschließend die Fußgängerzone bis zum Damm rückwärts durchlaufen. Die Ansiedlung von Primark in Hannover in der wenig bedeutenden Lage Osterstraße hat gezeigt, welche Kraft der Mieter mitbringt und wie sich die Qualität in der Folgezeit deutlich verbessert hat. Und die in Braunschweig ausgesuchte Lage Sack ist im Vergleich zur Osterstraße in Hannover im jeweiligen Einzelhandelsgefüge deutlich stärker einzuschätzen, was die Strahlkraft zusätzlich verstärken kann. Die angestammten 1A-Lagen werden sich weiterentwickeln müssen, um Ihre Vormachtstellung zu behalten. Hierzu gibt es in beiden Lagen entsprechende Immobilien mit Potenzialen, deren Aktivierung von der COMFORT Hamburg bereits seit längerem befürwortet wird. In der Ansiedlung von Primark sehen die Einzelhandels- und Immobilienexperten gute Chancen durch eine aufkommende Dynamik die Einzelhandelslandschaft der Innenstadt weiterzuentwickeln und den Lauf vom Damm bis zum Sack durchgängig mit zusätzlichen attraktiven Mietern zu besetzen und so insgesamt zu stärken.

INVESTMENT
Das Immobilien-Investmenthaus aik aus Düsseldorf hat für rund 35,6 Mio. € das Objekt Hutfiltern 9 mit TK Maxx als Hauptmieter von der Deka erworben. Die Fondsgesellschaft der Sparkassen ist nach wie vor als Eigentümer der Schloss-Arkaden einer der größten Immobilieninvestoren der Innenstadt. Ein Bürger der Stadt machte ebenfalls Schlagzeilen: Der gebürtige Braunschweiger Friedrich Knapp, Chef des young fashion Konzeptes New Yorker erwarb die Karstadt-Filiale am Gewandhaus in der Poststraße 5 im Paket mit dem Hannoveraner Karstadt-Haus in der Georgstraße. Darüberhinaus blieben größere Transaktionen aus.

Der Standort ist bei vielen Investoren durchaus auf der Suchliste, aber zum Einen hemmt der durchaus hohe Anteil von Privateigentümern mit wenig Verkaufsbereitschaft in der Innenstadt das Transaktionsaufkommen, zum Anderen sind die Investoren hinsichtlich der gesuchten Lage vorsichtig. Die Nachfrage nach Bestandsimmobilien konzentriert sich deutlich auf die Toplagen Damm und Hutfiltern. Rand- und abgeschwächte Lagen verlieren in der Gunst der Investoren deutlich, denn die Schloss-Arkaden haben einiges an Mieternachfrage absorbiert und das Risiko, in schwachen Lagen einen Leerstand über längere Zeit zu erleiden, wird als hoch eingestuft. Die erzielbaren Anfangsrenditen in den stärksten Lagen Damm und Hutfiltern liegen stabil bei rund 6 %, im Einzelfall auch knapp darunter. „Die Lage Sack wird als einzige abgeschwächte Lage zukünftig eine deutliche Nachfragesteigerung erfahren und zunächst insbesondere für Projektentwickler von Interesse sein, die dort einen stärkeren Mieterbesatz installieren wollen. Im Zuge der Etablierung der Lageaufwertung durch Primark werden wenig später die Bestandsinvestoren folgen“, prognostiziert COMFORT Geschäftsführer Günter Rudloff.

FAZIT UND PERSPEKTIVE
Die Schloss-Arkaden mit Ihren rund 30.000 m² Verkaufsfläche und 150 neuen Geschäften haben anfangs die Einzelhandelslandschaft der Innenstadt unter Druck gesetzt, aber letztendlich die Bedeutung der Stadt insgesamt als Einzelhandelsstandort für das Umland gestärkt. Die Toplagen sind dem neuen Wettbewerber mit qualitativen Neuvermietungen selbstbewusst entgegengetreten (u.a. TK Maxx, Tom Tailor, Gina Tricot, 1982, Vila, Sport Scheck, L’Occitane, Depot, Hallhuber) und haben bewiesen, dass die Mieter nach wie vor großes Interesse an der Straße haben. In den abgeschwächten Einkaufslagen haben sich aufgrund des insgesamt abgeschöpften Anmietungsdruckes längerfristige Auswirkungen abgezeichnet. Es besteht nach wie vor geringes Interesse, in B-Lagen oder in Lagen fernab der Schloss-Arkaden anzumieten. Einige schwächere Lagen, insbesondere die Schuhstraße, haben den insgesamt abgeschöpften Anmietungsdruck stärker zu spüren bekommen und sind bis heute nicht wieder zur alten Stärke gewachsen. Allerdings hatte die westliche Innenstadt um die Bereiche Kohlmarkt, Schuhstraße und Sack bereits früher schon mit Attraktivitätsverlust zu kämpfen und konnte die frühere Qualität, deren Grundstein die dort ansässigen großflächigen Einzelhändler, wie z.B. ehemals Hertie, Karstadt, Peek & Cloppenburg einst legten, nicht halten.

In der derzeit abgeschwächten Lage Sack wird es in Zukunft die größten Veränderungen in der Innenstadt geben. Primark wird die Lage hinsichtlich Frequenz ohne Zweifel deutlich aufwerten. Der sich daraus veränderte, mittelfristige Mieterbesatz der Straße lässt sich schwieriger voraussagen, da nicht jedes Konzept die Nähe des Textilriesen sucht und das umfangreiche Sortiment vieles bereits abdeckt. Zunächst dürften die bereits ansässigen Mieter versuchen, Ihre Verträge zu verlängern, wohlwissend, dass sie sich auf harte Verhandlungen mit den Eigentümern einzustellen haben. Denn Primark wird als neuer Magnet das unmittelbare Umfeld stärken und die Mieten tendenziell nach oben bewegen. Einige Bereiche der westlichen Innenstadt insbesondere die Lagen Kohlmarkt und Schuhstraße werden weniger profitieren. Die direkte Laufverbindung vom Sack zu den Schloss-Arkaden dürfte noch eine stärkere Bedeutung bekommen und die Laufwege der Innenstadt beeinflussen. Unter anderem auch zu Gunsten des bisher im Windschatten des ECE-Centers liegenden gemischten Gesundheits- und Einzelhandelsobjekts Schloss Carree.

Neben den für die Innenstadt durchaus positiven und spannenden Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit stehen seit einiger Zeit allerdings auch eine zunehmende Anzahl an peripheren Handelsansiedlungsplänen auf der Agenda. Jede für sich ist zwar nicht gravierend, zeigt aber in der Summe eindeutig in eine falsche Entwicklungsrichtung und entfaltet ungünstige Auswirkungen auf die Innenstadt.

Auf dem ehemaligen Post-Areal am Bahnhof entsteht das bereits bewilligte Projekt BraWo Park, das bis Ende 2015 fertiggestellt werden soll. Geplant sind neben einem Bürokomplex und einem Hotel auch ein ca. 12.500 m² großes Fachmarktzentrum. Ankermieter werden ein ca. 8.100 m² großes Edeka SB Warenhaus und ein 2.500 m² großer Toys „R“ Us Spielwarenmarkt. Weitere Mieter sind u.a. dm-Drogeriemarkt, Takko, Zoo & Co., ABC Schuhe und L’Osteria.

Zwar auch schon mehrere Jahre in der Diskussion, aber noch nicht endgültig entschieden, sind die Planungen eines Braunschweiger Projektentwicklers, auf den Flächen der ehemaligen Heinrich-der-Löwe-Kaserne im Stadtteil Rautheim ein Fachmarktcenter mit Schwerpunkt Nahversorgung auf rund 16.000 m² zu bauen. Hierfür wurde zwar 2012 ein Änderung des Bebauungsplans beschlossen, dessen Änderung aber noch nicht erfolgt ist, da man von Seiten der Stadt erkannt hat, dass hierfür das Zentrenkonzept überarbeitet werden muss. Dies hat den Gegenwind in der Stadt zu dem Projekt deutlich ansteigen lassen und mehrere Verbände wie z.B. der Zweckverband Großraum Braunschweig (ZGB) urteilten unter Hinweis auf das zu Beginn fast ausschließlich innenstadtrelevante Kernsortiment des Fachmarktes sehr kritisch über die geplanten Überarbeitungen des Zentrenkonzeptes. Der Projektentwickler hatte in diesem Kontext seine Planungen z.B durch Verzicht auf einen Elektronikmarkt überarbeitet. Weitere Veränderungen der Planungen werden im Zuge der kommunalen Verträglichkeitsdebatte erwogen. In Anbetracht möglicher weiterer Einschränkungen ist eine Realisierung des Projektes noch ungewiss.

„Das aufweichende Verhalten der Stadt im Hinblick auf die Verteidigung des Zentrenkonzeptes ist unverständlich und gefährdet auf lange Sicht die in den letzten Jahren erarbeitete Qualität und Attraktivität der Innenstadt. Die Anziehungskraft Braunschweigs im lokalen Wettbewerb benachbarter Städte kann ebenso wie die gute deutschlandweite Positionierung als Einzelhandelsstandort nur erhalten bleiben, wenn zentrumsrelevante Ansiedlungen der Peripherie entschieden verhindert werden und die Bemühungen der Stadt sich diesbezüglich ausschließlich auf die Stärkung der Innenstadt konzentrieren“, sind sich die Einzelhandels- und Immobilienexperten von COMFORT sicher.

Abschließend lässt sich sagen, dass sich die Innenstadt von Braunschweig in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt hat und in den Jahren nach dem Center nicht in lähmenden Stillstand verfallen ist. Die guten Lagen konnten sich stärken, wohingegen einige schwächere Lagen weiter abgefallen sind. Primark wird aber nochmals einen starken Impuls setzen und eine neue Dynamik in der Innenstadt entfachen. Wichtig wird in den nächsten Jahren eine konsequentere Beschränkung peripherer Ansiedlungsbemühungen sein und eine entsprechende gezielte Stärkung der Innenstadt zu verfolgen. Braunschweig hat sich als Einkaufsdestination insgesamt nicht zuletzt mit den Schloss-Arkaden stark aufgestellt und behauptet mit großem Abstand im Vergleich der großen niedersächsischen Einzelhandelsstandorte die zweite Position hinter Hannover. Entgegen dem ‚wackeligen‘ Auftritt von Eintracht Braunschweig in der Erstklassigkeit der Fußball-Bundesliga, dürfte der Einzelhandelsstandort Braunschweig daher bis auf Weiteres eine hohe Qualität aufweisen und wird unter den Städten seiner Stadtgröße aufgrund der hervorragenden Kennzahlen seine außerordentliche Bedeutung behalten. Dies kommt nicht zuletzt in der sehr guten Positionierung der Braunschweiger Innenstadt im COMFORT City-Ranking 2014 zum Ausdruck, wo die Einkaufsstadt unter gut 60 Mittel- und Großstädten mit einem Scoring von insgesamt 72 Punkten (= 6 von maximal 7 Einkaufstüten) einen hervorragenden Rang 9 erreicht.



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