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21.01.2014 Mietpreisbremse könnte Wohnungsnot in Großstädten noch verschärfen

Mit der geplanten Mietpreisbremse will die Große Koalition verhindern, dass das Wohnen und Leben in den deutschen Großstädten künftig nahezu unbezahlbar wird. Doch ob das politische Ziel, Ausmaß und Tempo künftiger Mietsteigerungen zu begrenzen, erreicht werden kann, scheint fraglich. „Insbesondere Familien mit durchschnittlichem Einkommen können sich nur durch den Erwerb von Wohneigentum vor weiteren drastischen Mietsteigerungen schützen“, sagt Jürgen Dawo, Gründer von Town & Country Haus, Deutschlands führendem Massivhaus-Anbieter, im Interview.

Der Gesetzgeber will bei Erst- und Neuvermietung die Miethöhe begrenzen. Vergleichbares soll für Mietanhebungen bei laufenden Mietverträgen gelten. Werden sich Familien mit Durchschnittseinkommen künftig weder das Wohnen und Leben in Großstädten leisten können?

Jürgen Dawo: Zumindest ist der politische Wille da, den scheinbar ungebremsten Anstieg der Mieten vor allem in deutschen Großstädten zu verhindern. Ob die von der Großen Koalition beschlossene Mietpreisbremse das dazu geeignete Instrument
dazu

ist, muss sich erst noch herausstellen. Einige Wohnungsmarktexperten bezweifeln das jedenfalls. Die Erfahrung lehrt, dass staatliche Eingriffe dieser Art fast immer ihr Ziel verfehlen oder wie im Steuerrecht neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen, die der politischen Absicht zuwider laufen. Bisweilen sogar das Gegenteil von dem erreichen, was beabsichtigt ist. Da die Koalitionsvereinbarung naturgemäß lediglich die grundsätzlichen Eckpunkte enthält, werden wir abwarten müssen, wie in einigen Monaten die gesetzliche Umsetzung aussieht.


Sie sprachen gerade davon, dass staatliche Eingriffe häufig das Gegenteil dessen bewirken, was beabsichtigt ist. Was meinen Sie damit im Hinblick auf die geplante Mietpreisbremse?

Jürgen Dawo: Ich befürchte, und mit dieser Meinung stehe ich übrigens nicht allein, dass die Mietpreisbremse zu einer Investitionsbremse wird. Dadurch würde insbesondere bezahlbarer Wohnraum in den Großstädten noch knapper, weshalb die Mieten weiter spürbar steigen. Zugleich beobachte ich, dass günstiger Wohnraum zunehmend zu vergleichsweise teuren Eigentumswohnungen umgewidmet und deshalb für Normalverdiener nicht mehr bezahbar wird.

Wieso sollte denn die Mietpreisbremse Investitionen in den Mietwohnungsbau dämpfen oder sogar verhindern?

Jürgen Dawo: Anleger erwarten zu Recht, dass sich ihr Kapital angemessen verzinst. Erfahrungsgemäß machen aber Investoren um Märkte, die sich zwar grundsätzlich entsprechend Angebot und Nachfrage entwickeln, aber – wenn auch nur vorübergehend – unter starkem staatlichem Einfluss stehen, einen großen Bogen.

Gilt dies für beides, Investitionen in die Sanierung und Modernisierung von Bestandsobjekten und um die Errichtung neuer Objekte?

Jürgen Dawo: Ja, denn die geplante Mietpreisbremse gilt gleichermaßen für die Erstvermietung, Neuvermietung, Mietanpassungen bei laufenden Mietverträgen sowie auch für die Umlagefähigkeit von Modernisierungs- und Sanierungskosten. Bei Anlegern sollen also der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals vergleichsweise enge staatliche Grenzen gesetzt werden.

Wir sind uns aber einig, dass die oft explosionsartig steigenden Mieten in deutschen Großstädten in vielerlei Hinsicht schädlich sind …

Jürgen Dawo: Zweifellos, doch den Mangel an bezahlbaren Wohnraum beseitigt man nicht dadurch, dass die Politik den Investoren einen auskömmlichen Ertrag verbietet. Das schafft keinen Quadratmeter mehr zusätzlichen Wohnraums und hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun.

Wenn nicht so, wie dann?

Jürgen Dawo: Wohnungsmangel und stark steigende Mieten in deutschen Großstädten lassen sich nach wie vor am Besten dadurch bekämpfen oder sogar verhindern, dass man möglichst vielen Menschen zu bezahlbarem Wohneigentum verhilft. Insbesondere geht es hier um die Schwellenhaushalte, also Familien mit Kindern und durchschnittlichem Einkommen. Angesichts der weiterhin historisch günstigen Hypothekenzinsen kann ein Eigenheim häufig zu mietähnlichen Konditionen gebaut oder gekauft werden. Dies ist wohl der beste Schutz vor stetig steigenden Mieten. Abgesehen davon, dass die eigenen vier Wände einen hohen emotionalen Wert haben, die Lebensqualität spürbar verbessern und eine erstklassige private Altersvorsorge sind.

Was sollten, ja was müssen Städte und Gemeinden tun, um dies zu erreichen?

Jürgen Dawo: Die Kommunen müssen weitaus mehr Bauland zur Verfügung stellen als bislang. Denn viele Familien können noch immer ihren Traum von den eigenen vier Wänden nicht verwirklichen, weil sie keine baureifen Grundstücke in einer akzeptablen Lage finden. Das muss nicht zwangläufig bedeuten, dass es immer ganz neue Erschließungsgebiete gibt. Oft können vorhandene Flächen mit wenig Aufwand zu Bauland umgewidmet werden.

In deutschen Großstädten ist Grund und Boden seit Jahren knapp, zudem nicht gerade preiswert …

Jürgen Dawo: Deshalb gilt mein Appell insbesondere den Kommunen in den Einzugsgebieten der Großstädte. Ungezählte Familien würden lieber heute als morgen aus vielfältigen Gründen dem Trubel der Metropolen den Rücken kehren und 30 oder 40 Kilometer entfernt von der Innenstadt in einer kleineren Gemeinde ihr Eigenheim bauen. Gäbe es dort nur bezahlbare Grundstücke in ausreichender Zahl. Einige Kommunen haben glücklicherweise diesen Trend erkannt und bemühen sich verstärkt darum, nicht mehr benötigte Flächen zu erschließen und als Bauland auszuweisen. Andere Gemeinden belohnen Umzugswillige überdies durch Ansiedlungsprämien und/oder subventionierte Grundstückspreise. Es müsste allerdings noch viel mehr geschehen, denn momentan ist dies alles nicht viel mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.


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