News RSS-Feed

25.03.2013 Vom Makler zum Berater – Interview mit Peter Bigelmaier, Colliers

Spätestens mit der Jahrtausendwende hat in der deutschen Immobilienbranche ein tiefgreifender Wandel eingesetzt. Maklerhäuser müssen sich heute sehr viel breiter aufstellen, um den Bedürfnissen des Marktes gerecht zu werden. Gleichzeitig werden die Anforderungen an das Berufsbild des Maklers zunehmend komplexer. Peter Bigelmaier, Geschäftsführer von Colliers International, München, erläutert im Gespräch, wie es zu dem Wandel kam, und was dieser bewirkt hat.

Herr Bigelmaier, wenn Sie sich heute umschauen in der Immobilienbranche, würden Sie sagen, das Berufsbild des Maklers hat sich verändert?
Oh ja! Früher gab es keine Asset oder Property Manager, keine Real Estate Consultants, Fonds Manager oder Analysten. Das waren Begriffe aus der Bankenwelt und aus dem Umfeld der Wertpapiere, die kannte man in der Immobilienbranche nicht. Geschweige denn, dass es Studiengänge dafür gegeben hat. Zugespitzt gesagt: Früher gab es in der Real Estate Branche keine Akademiker, bestenfalls gute Bankkaufleute mit zusätzlichem Real Estate Know-how. Oder eben den „klassischen“ Immobilienkaufmann. Nicht selten waren auch Seiteneinsteiger, die auf dem zweiten Bildungsweg noch eine Zusatzqualifikation erlangt haben.

Wann hat denn der Wechsel eingesetzt?
Um die Jahrtausendwende. Dieser lag u.a. begründet im sich wandelnden Angebot der Hochschulen, die ihre Ausbildungswege sukzessive erweitert haben. Beispielsweise hat die European Business School in Oestrich Winkel Ende der 90er Jahre den Studiengang zum Immobilienökonom angeboten, nach und nach haben Universitäten nachgezogen, darunter die Fachhochschule Nürtingen, die Uni Regensburg und die TU München mit Masterstudiengängen. Die Einführung dieser Studiengänge war eine Reaktion auf die veränderten Strukturen des Marktes.

Welche waren das?
Zum einen haben sich die Hochschulen England zum Vorbild genommen. Dort hat der Maklerberuf eine sehr lange Tradition mit einer ausgezeichneten Reputation. Der Beruf war im Vereinigten Königreich schon immer ein akademischer Beruf mit einer übergeordneten Institution, der Royal Institution of Chartered Surveyors. Wer heute in Deutschland den Titel RICS tragen will, der muss als Voraussetzung dafür in der Regel ein von der RICS akkreditiertes (Hochschul-)Studium mit entsprechender Berufserfahrung nachweisen. Auf europäischer bzw. internationaler Ebene hat dies also schon das Ausbildungsniveau angehoben. Parallel dazu haben in Deutschland die institutionellen Anleger (verspätet gegenüber Ländern wie UK und USA) die Asset Klasse Gewerbeimmobilien „entdeckt“. Zuvor hatten zwar Versicherer z.B. durchaus Wohnimmobilien im Portfolio, aber keine Gewerbeimmobilien. Und wenn, dann haben sie diese nicht an- und gekauft, sondern lange gehalten. Selbst große, offene Immobilienfonds haben Gewerbeimmobilen nicht im Sinne eines aktiven Portfoliomanagements gehandelt. Dies ist erst mit dem Interesse von internationalen Anlegern, vor allem aus den USA und UK gewachsen. Diese suchten Anlageoptionen, die einen regelmäßigen Cashflow produzierten.

Hatte der „Dotcom-Börsencrash“ eine Auswirkung auf das Gewerbeimmobilieninvestment?
Eine nicht zu Unterschätzende: In allen möglichen Anlageklassen der Fonds führten Immobilien bis dahin eher ein Schattendasein. Durch die Schwankungen der Börse, durch den Zinsverfall auch festverzinslicher Wertpapiere haben traditionelle Anleger Immobilien als sicherere und renditestarke Option entdeckt. Im Nachhall der New-Economy-Krise wurden dann zwischen 2005 und 2007 auf dem deutschen Gewerbeimmobilieninvestment sehr große Volumina umgesetzt. Dadurch kamen Hochschulabsolventen, die früher ins klassische Investmentbanking abgewandert sind, in die Immobilienbranche und brachten neue Impulse, innovative Geschäftsmodelle und neue Produkte mit ein.

Gleichzeitig haben sich aber auch die Anforderungen von Seiten der Nutzer gewandelt.
Definitiv. Auch da waren uns UK und USA voraus und haben schon früh umfassende Beraterleistungen erbracht, dort war Corporate Management schon längst an der Tagesordnung. Die Transparenz des Webs hat dem Wandel zudem großen Vorschub geleistet, denn mit dem Internet wurde das Wissen um Objekte seiner Exklusivität „beraubt“. Unsere Kunden sind heute bestens vorbereitet, wenn sie zu uns kommen.

Wie müssen denn die Maklerhäuser dafür strukturell präpariert sein? Wie hat Colliers International, Deutschland sich aufgestellt?
Colliers International, Deutschland hat dem hohen Spezialisierungsgrad der Branche u.a. so Rechnung getragen, dass seit der Gründung des Colliers Verbunds in Deutschland 2002 die Palette der Dienstleistungen für Immobiliennutzer, Eigentümer und Investoren um die Bereiche Corporate Solutions, Objektbewertung und -beratung, Projektentwicklungsberatung, Investment Services, Immobilien- und Asset Management, Projektmanagement, Research und Prognosen kontinuierlich erweitert wurde. Wir haben den Trend vorausgesehen und 2003 begonnen, Tools wie beispielsweise Office Expert und Industrial Expert zu entwickeln, um dem umfassenden Nutzeranspruch kompetent zu begegnen. Parallel dazu haben wir uns von einer regionalen auf eine bundesweite und internationale Struktur mit verlässlichen Standards und höchstem Beratungsniveau erweitert.
Heute fängt unser Job nicht mit dem Wissen um ein Objekt an und hört mit der Vermittlung desselben auf. Wir beraten vor und auch nach dem Ankauf noch weiter, z.B. im Bereich Mietvertragsoptimierung bei anstehender Prolongation oder dem Consulting der zuständigen Asset Manager bei Überlegungen, wie ein Portfolio aufzustocken oder umzustrukturieren ist. Für diese Beratungsleistung ist der Bereich Research enorm wichtig, um alle erforderlichen Daten zu sammeln, zu analysieren und daraus abgeleitet für unsere Kunden optimale Handlungsempfehlungen geben zu können. Daher reden wir mittlerweile auch nicht mehr vom Makler, sondern vom Berater, dem Consultant. Unsere Kunden mandatieren uns nicht mehr nur einzelfallbezogen, sondern auf einer langen Zeitebene mit einem Full-Service-Anspruch der Dienstleistung.


Wenn Sie nach vorne blicken, wie wird sich die Branche weiterentwickeln?
Durch die weiter fortschreitende Konzentration auf globale Unternehmen hat sich die regionale Ausprägung der Immobilienbranche bereits zu einer globalen entwickelt. Eine ähnliche Entwicklung haben übrigens auch Wirtschafts-und Unternehmensberater mitgemacht. Durch die weiter fortschreitende Konzentration auf globale Unternehmen hat sich die regionale Ausprägung der Immobilienbranche bereits zu einer globalen entwickelt. Eine ähnliche Entwicklung haben übrigens auch Wirtschafts-und Unternehmensberater mitgemacht. Als Makler sind wir Teil dieser hochwertigen Beraterkette, und nur der Dienstleister, der weltweite Kompetenz abbilden kann, wird sich auf dem Markt behaupten können. Das haben wir bei Colliers International, Deutschland schon früh strategisch mit der Aufstellung unter dem Dach der Holding entschieden. Unsere regionale Kompetenz geht auf in einem starken bundesweiten Verbund und einer globalen Marke. Die Spezialisierung und die Bandbreite der akademisch ausgebildeten Mitarbeiter werden weiter wachsen. Wir werden zunehmend Berufsbilder, wie z.B. Juristen und Architekten auf der technischen Seite und Immobilienökonomen und Diplom-Geografen für den Research-Bereich benötigen. Die Schnittmenge von Unternehmens- und Wirtschaftsberatung und des Real Estate Business‘ wächst, daher werden auch rein betriebswirtschaftliche Aspekte zunehmend eine wichtige Rolle spielen.


Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!