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14.02.2020 Heilkur für Tragwerk des ehemaligen Fürstenhofs in Bad Eilsen

Bildcredit: Fotograf Christian Bierwagen
Um die hohen Anforderungen an die Nutzung als Bettenhaus weiterhin zu gewährleisten, wurde das Tragwerk des unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Fürstenhofs in Bad Eilsen im Rahmen der Modernisierung verstärkt und in Teilen komplett erneuert.

Innerhalb von 100 Jahren verändern sich sowohl die Anforderungen an die Nutzung eines Gebäudes als auch die geltenden baulichen Normen. Die Immobilie in einen aktuellen Zustand zu überführen, ist je nach Beschaffenheit eine herausfordernde Aufgabe. Der Fürstenhof am Kurpark im niedersächsischen Bad Eilsen ist ein denkmalgeschützter Prunkbau aus dem Jahre 1918. Ursprünglich als Kurhotel mit Zimmern, Appartements und Speisesälen genutzt, zählte er zu den ansprechendsten Adressen seiner Zeit. Heute wird das Gebäude als Bettenhaus des Rehazentrums Bad Eilsen genutzt. Weil der Bestand Schäden aufwies und die Nutzung angepasst werden sollte, wurden außen wie innen umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt.

Klinik mit Schwerpunkt

Das Rehazentrum Bad Eilsen wird als Schwerpunkteinrichtung für Orthopädie, Rheumatologie und interdisziplinäre Begleiterkrankungen betrieben. Mit 365 Betten ist sie die größte Rehaklinik der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover. Rund 80 Patientenzimmer wurden im Fürstenhof modernisiert und mit neuen Bädern ausgestattet. Versammlungs- und Therapieräume im Erdgeschoss und Ärztecenter wurden saniert. Dabei sollten die räumlichen Strukturen größtenteils erhalten bleiben. Sehr umfangreich wurde die denkmalgeschützte Fassade nach dem historischen Erscheinungsbild wiederhergestellt.

Anpassung des Tragwerks

Die teils umfangreichen baulichen Eingriffe erforderten diverse Anpassungen am Tragwerk des Gebäudes. Bestandspläne waren nicht vorhanden und auch war nur wenig von der Bausubstanz dokumentiert. Eine genaue Bestandsaufnahme konnte erst nach Freizug des Gebäudes und Fertigstellung der Schadstoffsanierung erfolgen. Dieser Umstand hatte zur Folge, dass sich die Planer von pbr in vielen Einzelschritten vor Ort ein Bild von der Situation verschaffen mussten. Weil Details – z. B. der Aufbau von Decken und die Lage von Trägern – teils erst während des Bauens einsehbar wurden, erfolgte die Planung des Tragwerks baubegleitend. So wurden die Trägerabmessungen durch Putz-Abstemmungen des Untergurts und Aufmaß der Profilbreite und Stegstärke anhand von historischen Profiltabellen ermittelt.

Eine Fotodokumentation wurde erforderlich, damit die Trägerlage z. B. in den Schalplänen dargestellt werden konnte. Die tragenden Wände des Fürstenhofes sind als massive Ziegelwände, die Geschossdecken im gesamten Gebäude als Stahlsteindecken mit Stützweiten von 1,6 – 2,3 m ausgeführt. Die Deckenliegen auf Stahlträgern, die von den Außen- zu den Innenhofwänden mit Weiten bis 8,7 m spannen. Für das Verlegen von neuen Bodenmaterialien und Installationen musste die Tragfähigkeit der Deckenfelder geprüft werden. Die Hohlsteindecke wurde ertüchtigt, wo die vorhandene Zugbewehrung durchtrennt worden und das statische 1-Feldsystem nicht mehr gegeben war. Hier wurde zwischen den vorhandenen Stahlträgern eine neue Stahlbetonplatte eingebaut.

Um die technischen Installationen einbringen zu können, wurden Deckendurchbrüche in Form von Kernbohrungen geschaffen. Auf den Decken wurden zusätzliche leichte Trennwände aufgestellt, im Erdgeschoss ein Fitnessraum mit zusätzlichen Sportgeräten eingerichtet, was durch die vorhandene Nutzlast nicht abgedeckt war. Deshalb wurden hier die Decken durch eine Anpassung der Deckenstützweiten an die neuen Nutzlasten ertüchtigt, was zu einer neuen Trägerlage im Untergeschoss führte. Auch wurden Stahlträger verstärkt und Leichtbeton eingebracht. Wo Decken nicht verputzt waren, erhielten Stahlträger eine unterseitige Brandschutzverkleidung.

Nachrüsten eines zweiten Rettungsweges

Zusätzlich zu der zentralen Treppe im Bereich der Eingangshalle des Gebäudes verfügt der Fürstenhof über zwei weitere Treppen im Norden und Süden. Weil das Treppenhaus Nord nicht die erforderlichen Mindest-Treppenlaufbreiten erfüllte, aufgrund der zu geringen Durchgangshöhe und seiner gewendelten Form nicht den aktuellen Anforderungen an einen Rettungsweg entsprach, wurde es vom Unter- bis Dachgeschoss als Stahlbetonkonstruktion mit Treppenlauf komplett erneuert. Die Bestandstreppe wurde abgebrochen, der Treppenraum in den Geschossen eins bis vier verbreitert und um den vorgelagerten Flurbereich ergänzt.

Zur Abfangung der Treppe mussten Stahlträger vom zweiten Obergeschoss bis zum Dachgeschoss, neue tragende Wände in Ortbeton sowie ein Betonpolster von 100 x 50 cm im Bereich der Decke zwischen Erd- und erstem Obergeschoss eingebaut werden. Darüber hinaus wurden tragende Wände für die Treppe Nord im Untergeschoss abgefangen. Die Durchbruchsplanung wurde stetig an den Bestand angepasst und führte immer wieder zu neuen Erkenntnissen, was in der Tragwerksplanung mit neuen statischen Systemen festgelegt wurde. Ab dem ersten Obergeschoss ist der mittlere Gebäudebereich als Lichthof ausgeführt. Das erste Obergeschoss schließt hier mit einer Innenhofüberdachung ab. Aus statischer und brandschutztechnischer Sicht konnten die bauzeitlichen Stahlfachwerkträger nicht erhalten werden und die Überdachung wurde komplett erneuert.

Eine feuerbeständige Brettsperrholzdachkonstruktion im F90B Standard wurde eingebaut und auf die Bestandsauflager gesetzt. Eine Gefälledämmung aus Schaumglas nimmt die Walmdachform des Bestandsdaches mit einem leicht geringeren Gefälle von 3°auf. Als Dachdeckung entschied man sich für vorbewittertes Titanzink in Doppelstehfalzdeckung. Durch das Verstärken und neue Anlegen von Decken und Trägern, den Einbau eines zweiten notwendigen Treppenhauses und eines neuen Daches im Lichthof des Gebäudes erstrahlt der ehemalige Fürstenhof in neuem Glanz und bietet optimale Funktionalität entsprechend aktuell geltenden Bau-Normen.








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