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29.02.2024 Europas größte Lehmbaustelle: Weleda Cradle Campus

Fotocredit: @ Michelgroup GmbH
Die Weleda AG baut ein neues Logistikzentrum mit drei individuellen Gebäuden im Gewerbegebiet „Gügling“ von Schwäbisch Gmünd. Für das künftige Hochregallager kamen traditionelle Bautechniken und -materialien zum Einsatz, die außergewöhnliche Eigenschaften im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit besitzen: Stampflehm und Lehmputz. Weil der lokal verfügbare Baustoff Lehm auf natürliche Weise sowohl Temperatur als auch Feuchtigkeit ausgleicht, kann Weleda auf Klimatechnik im Hochregallager verzichten. Lehm als Baustoff ist zudem besonders umweltfreundlich – er lässt sich unendlich oft wiederverwenden und am Ende vollständig in Natur zurückführen. Auch sein CO2-Abdruck ist wesentlich kleiner als der Abdruck anderer Baustoffe, wie zum Beispiel Beton. Das gilt auch für das Innenleben des Hochregallagers: Die Regale für über 17.000 Paletten bestehen aus Holz und binden dadurch CO2 – im Unterschied zu Regalen aus Stahl, deren Herstellung CO2 freisetzen würde. Daneben tragen 10.000 Photovoltaikmodule und Geothermie dazu bei, dass der Logistik-Campus im Betrieb klimaneutral sein wird. Der „Gügling“ – Cradle Campus Weleda steht damit für ein innovatives, zukunftsgerichtetes Pionierprojekt in Deutschland, das im Frühjahr 2024 fertiggestellt werden wird.

Stampflehmwände mit eigenem Bauaushub

Die ersten acht Meter Außenwand des Hochregallagers auf dem Weleda Logistik-Campus bestehen aus Stampflehm. „Genauer gesagt aus Knollenmergel bzw. Pelosol und aus Muschelkalk“, erläutert Matthias Schuler vom Unternehmen Transsolar Energietechnik aus Stuttgart. Beide Materialien stammen aus eigenem Bauaushub des Gügling. Schuler gab den entscheidenden Impuls, Lehm für den Weleda-Neubau zu verwenden. „Einerseits ist Lehm ein natürlicher, lokal verfügbarer Baustoff“, erklärt der gebürtige Schwäbisch Gmünder. „Andererseits kann Lehm Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Er sorgt also für einen natürlichen Ausgleich von Temperatur und Feuchtigkeit, atmet und lebt quasi mit dem Raum mit.“ Auf diese Weise kommt das Hochregallager voraussichtlich ohne Klimatechnik aus.

„Die letzte Prüfung der Luftdichtigkeit steht zwar noch aus, aber wir sind optimistisch“, sagt Schuler. Der Energie- und Thermodynamiker ist jedoch auch Realist: Zur Sicherheit hat er trotzdem Platz für eine Lüftungsanlage eingeplant. Bei einem Bauvorhaben dieser Größe weiß man schließlich nie. „Ich rechne es der Weleda AG hoch an, dass sie sich als Bauherrin getraut hat, mit uns diesen Weg zu gehen. Gemeinsam wollen wir die Chancen des Lehmbaus in die Welt tragen.“

Herausforderungen: Industriebau trifft Klimaschutz

Obwohl seit Jahrhunderten im Einsatz und auf der ganzen Welt erprobt, war das Thema Lehmbau auch für die ausführenden Architekten der Firma Michelgroup aus Ulm ein Wagnis. Nico Santuario zeichnet mit seiner Kollegin Tina Bauer für das Bauvorhaben verantwortlich. „Zu Beginn hatten wir viele Fragen“, berichtet der Architekt: Mit welchen Handwerkern setzen wir den Lehmbau um? Wie kommen wir an das nötige Material? Und wie übertragen wir eine Technik, die sonst eher im Rahmen von archäologischen Restaurationen üblich ist oder im privaten Wohnungsbau bzw. bei kleineren Projekten zum Einsatz kommt, auf eine Industrie-Großbaustelle? All das war Neuland und erforderte Pioniergeist.

Für technische Hürden galt es Lösungen zu finden. Weil eine Lehmwand nicht gut dämmt, gibt es zur Vermeidung von winterlicher Kondensation in den Ecken eine partielle, elektrische Notheizung, die bei Bedarf zum Einsatz kommt. Auch pharmazeutische GMP-Anforderungen (good manufacturing practice) im Hinblick auf Kosmetik und Arzneimittel galt es zu berücksichtigen. So mussten die Wände des Hochregallagers zum Beispiel abreinigbar sein – was mit einem speziellen Lehmputz gelöst wurde. Er besteht ebenfalls aus lokalem Aushub.























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