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19.02.2013 Euro-Aufwertung und EU-Haushaltsstreit können Konjunktur dämpfen

Die Europäische Zentralbank (EZB) beließ den Leitzins im Februar erneut bei 0,75 Prozent. Begründet wurde dies mit der Erwartung, dass sich die mittel- bis langfristige Inflationsrate bei der von der EZB anvisierten Zielmarke von 2 Prozent einpendeln werde. Dafür müsste sich die Wirtschaft der Eurozone jedoch erholen. Die ohnehin schwierige Umsetzung der erforderlichen Reformen für ein wachsendes Europa wird aktuell zusätzlich durch den Streit um den EU-Haushalt und die Sorge negativer Auswirkungen einer Euro-Aufwertung belastet. Die Folgen für die Baufinanzierungszinsen sind deshalb schwer einschätzbar. Kurzfristig bleiben die Bedingungen für Häuslebauer aber weiterhin attraktiv. Eine dauerhafte Absicherung gegen steigende Zinsen bieten also einzig lange Zinsbindungen.

Sinkende Inflation erlaubt unverändertes Leitzinsniveau
Laut EZB-Präsident Mario Draghi ist die Gefahr einer zu hohen Inflationsrate in Europa deutlich zurückgegangen. Der Verbraucherpreisindex ist im Januar weiter gesunken und liegt aktuell unter der Preisstabilitätsgrenze von 2 Prozent. Die EZB entschied sich aber auch gegen eine Senkung des Leitzinses, da für die nachhaltige Ankurbelung der Wirtschaft in der Eurozone strukturelle Anpassungen im privaten und öffentlichen Sektor erforderlich sind. Weil die Reformen mit einer schwachen Nachfrage in- und ausländischer Konsumenten und Investoren einhergehen, hat sich Anfang 2013 das aktuelle Wachstum gedämpft. Draghi nimmt an, dass sich die Wirtschaft im Laufe des Jahres schrittweise erholen wird, da das Vertrauen der Finanzmärkte in die Gemeinschaftswährung wieder gestiegen ist. Erste Anzeichen dafür sind die der Konjunktur vorauseilenden Stimmungsindikatoren der Unternehmer und Konsumenten, die sich zum Jahresbeginn leicht aufhellten. Damit die Eurozone aber dauerhaft wachsen kann, müssen die Euroländer wirtschaftlich stärker zusammenwachsen und sich die Produktivitätsungleichgewichte zwischen den einzelnen Staaten verringern. Darin liegt auch das größte Risiko, denn steigen Binnennachfrage und Exporte nicht wie erhofft oder wird für die Umsetzung der strukturellen Reformen mehr Zeit benötigt, geht die Rechnung der EZB nicht auf. Aktuell erhält die Eurozone sowohl internationalen Gegenwind, als auch Widerstand einzelner Euroländer, die den Aufschwung erschweren könnten.

Euro-Aufwertung, Haushaltsstreit und Reformgegner können Europas Gesunden gefährden
Seit Jahrzehnten beeinflusst die US-Notenbank über eine aktive Steuerung der umlaufenden Dollar-Geldmenge den eigenen Wechselkurs. Ein günstiger Dollar macht US-Waren für ausländische Käufer attraktiv und fördert somit die Exportwirtschaft. Nun ist Japan auf diesen Zug aufgesprungen. Im Wettstreit um die günstigere Währung findet derzeit ein Unterbietungskampf statt. Der Euro, dessen Wert die EZB bisher nicht direkt beeinflusst hat, wertete gegenüber den anderen Währungen auf. Im Juni 2012 kostete 1 Euro noch rund 1,20 Dollar. Zwischenzeitlich stieg der Euro bis auf 1,36 Dollar. Draghi interpretiert die Aufwertung in erster Linie als Vertrauensbeweis gegenüber dem Euro. Zudem läge der aktuelle Wert im historischen Mittel. Gleichzeitig kündigte er an, die Entwicklungen auf dem Geldmarkt und deren Einfluss auf die Preisstabilität genau zu beobachten. Ob sich Europa - um die globale Nachfrage zu stützen - an dem Abwertungswettstreit beteiligen würde, ließ er vorerst offen. Sollte es allerdings weiterhin zu einer Aufwertung des Euros kommen, so könnte die ausbleibende Nachfrage das Wachstum hemmen.

In der vergangenen Woche wurde über den EU-Haushalt, den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), für die kommenden sieben Jahre verhandelt. Während Länder wie Deutschland und Großbritannien für starke Kürzungen eintraten, wünschten sich strukturschwächere Länder das Gegenteil. Die Mitgliedstaaten einigten sich auf eine Kürzung von 12 Milliarden Euro und eine Obergrenze für den Etat von 960 Milliarden Euro. Inwiefern sich die Position Deutschlands bewahrheitet, nach der die neue Verteilung zwar zu weniger, aber zu besseren Ausgaben führt, bleibt abzuwarten. Die Möglichkeit, dass die Kürzung der benötigten wirtschaftlichen Angleichung der Euro-Länder entgegen wirkt, besteht aus Sicht der Kritiker durchaus.

Die dritte Gefahr für eine einheitlichere Eurozone besteht im mangelnden Reformwillen der kriselnden Eurostaaten selbst. Berlusconi erhält starken Zuspruch in Italien und verspricht Steuererleichterung - das Gegenteil einer Fiskalreform im Sinne der EU. Spaniens Premier ist in eine Korruptionsaffäre verwickelt, deren Ausgang nicht nur für ihn ungewiss ist. Unsicher ist auch, welche Auswirkungen dies auf Spaniens Regierung und deren Reformanstrengungen haben wird. Zypern droht die Insolvenz, entscheiden sich die Euro-Staaten nicht dazu, der Insel mit 17,5 Mrd. Euro unter die Arme zu greifen.

Die Baufinanzierungszinsen bleiben weiterhin attraktiv
Die verschiedenen Entwicklungen innerhalb Europas und weltweit sind schwer prognostizierbar. In diesem volatilen Umfeld sind sichere deutsche Staatsanleihen weiterhin sehr gefragt, so dass ihre Rendite niedrig ist. Dies wirkt sich auch auf die Baufinanzierungszinsen aus, die noch immer höchst attraktiv sind. „Langfristige Prognosen zur Zinsentwicklung sind aktuell schwierig und mit hoher Unsicherheit behaftet. Privatkunden raten wir deshalb, die günstigen Bedingungen zu nutzen und sich das günstige Zinsniveau möglichst langfristig zu sichern. Beim derzeit niedrigen Niveau, das weit unter dem historischen Mittel liegt, lohnt es sich auf Sicherheit zu setzen“, sagt Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher der Dr. Klein & Co. AG.

Tendenz:
• Kurzfristig: seitwärts
• Langfristig: steigend

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