23.05.2024 BIM auf dem Vormarsch: Neue Vergütungsstandards für die Baubranche
Die Digitalisierung hat die Baubranche erreicht: Building Information Modeling (BIM) besitzt gewaltiges Potenzial. Die Computersimulation von Bauprojekten und ganzen Gebäudelebenszyklen reduziert die Fehlerquote, steigert die Effizienz und senkt die Betriebskosten. Doch Unklarheiten im Vertragsrecht und anfängliche Investitionshürden bremsen den Siegeszug der Technologie und Methodik. Die Lösung: Einheitliche Vergütungsstandards, die Mehraufwand und Mehrwert gleichermaßen berücksichtigen. Ein solcher Honorierungsvorschlag liegt nun erstmals vor.
Building Information Modeling (BIM) spielt eine immer größere Rolle in der Baubranche: Als Schlüsselelement der digitalen Bauwirtschaft treibt es die Produktivität voran und reduziert zugleich die Fehleranfälligkeit von Bauprojekten. Die Technologie und Methodik ermöglicht es, den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks zu betrachten – von der ersten Idee über die Realisierung und den Betrieb des Bauwerkes bis hin zu Rückbau oder Umnutzung. Die langfristigen wirtschaftlichen Vorteile von BIM sind insbesondere beim Betrieb und Unterhalt des Objekts spürbar.
Was dem Erfolg von BIM in der Praxis jedoch noch im Weg steht, ist die einheitliche Berechnungsgrundlage der Honorare – der Dreh- und Angelpunkt für die Projekt- und Vertragsplanung. Planern würde sie zusätzliche Sicherheit bei der Kalkulation verschaffen, während Bauherren von ihr als Plausibilisierungsgrundlage profitieren.
BIM-Empfehlungen weiterdenken
Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) hat das Thema BIM bislang eher vernachlässigt. Mit der kommenden Novelle der Honorarordnung, die voraussichtlich 2025 erscheint, könnte sich das ändern. Darauf deutet auch das dazugehörige Novellierungs-Gutachten hin, das im Herbst des vergangenen Jahres veröffentlicht wurde.
Darin wird erstmals ein BIM-Regelprozess definiert. Dieser stellt Grundleistungen im Sinne der HOAI in den Kontext von BIM und benennt darüber hinaus besondere Leistungen, welche bei BIM-Projekten im Allgemeinen notwendig werden. Die inhaltliche Ausgestaltung wirft jedoch Fragen auf: Zum einen trifft der definierte Prozess keine Aussage über die Vergütung der Grundleistungen mit BIM. Eine Möglichkeit ist, dass die Vergütung nach dem allgemeinen Grundhonorar abgegolten und der Mehraufwand durch BIM nicht berücksichtigt wird. Zum anderen ist unklar, welche BIM-Anwendungsfälle für den Regelprozess grundlegend sind und welche nicht. Für die Definition des Scopes der Planungsleistungen und damit auch der Honorierung ist es jedoch entscheidend, dass zwischen Anwendungsfall und Leistungsbild klar unterschieden wird, und das Leistungsbild auf den Anwendungsfall ausgerichtet ist.
Daher können die Empfehlungen im Novellierungs-Gutachten lediglich als ein erster, wichtiger Schritt interpretiert werden, BIM-Projekte auf eine solide Honorarbasis zu stellen. Davon, eine verlässliche Praxis-Hilfe zu bieten, sind sie jedoch noch weit entfernt.
Der Weg zu neuen Standards
Derzeit ist die HOAI der maßgebliche Referenzrahmen zum Beziffern der Honorare für BIM-Planungsleistungen. Um diese Faktoren in Zukunft einheitlich, verlässlich und angemessen zu gestalten, haben meine Kollegen Dr.-Ing. Dietmar Heinrich, Prof. Dipl.-Ing. Architekt Reinhold Johrendt und ich im Buch “Planungsleistungen und Honorare mit BIM” einen Vergütungsvorschlag vorgelegt.
Besonders die in der HOAI definierten Honorarzonen eignen sich als Vorbild, um darauf aufbauend ein Vergütungsmodell für die Planungsleistungen der neuen BIM-Standards zu entwickeln. Die Honorarzonen bestimmen den Schwierigkeitsgrad der Planung. Beim Architekten gibt es zum Beispiel fünf Honorarzonen. Bei Honorarzone 1 ist das Honorar bei gleichen, anrechenbaren Kosten sehr niedrig. In der Honorarzone 5 ist es dementsprechend hoch.
Geht man nun von einem Projekt mit durchschnittlichen Planungsanforderungen aus, fällt der Schwierigkeitsgrad höher aus, sobald BIM zum Einsatz kommt. Denn BIM-Projekte weisen komplexe Projektstrukturen und Planerbeziehungen auf. Hinzukommen gegenüber den Grundleistungen weitere BIM-spezifische Planungsleistungen. Der Schwierigkeitsgrad der Planung fällt also im Vergleich zu einem Projekt, das ohne BIM auskommt, überdurchschnittlich hoch aus.
Nun gibt es zwischen den einzelnen Honorarzonen gewisse prozentuale Sprünge. Dieser Sprung zwischen den Honorarzonen beziehungsweise von „durchschnittlich“ zu „überdurchschnittlich“, kann das Äquivalent zur Honorierung zusätzlicher BIM-Leistungen bilden. Beim Architekten wäre dies ein Anstieg der Vergütung von rund 25 Prozent bei der Umsetzung aller der für die Planung und Bauausführung relevanten BIM-Anwendungsfälle nach BIM-Deutschland.
Komplex – aber nachhaltig
Ein einheitlicher Vergütungsvorschlag für BIM-Projekte wie dieser würde einerseits den anfänglichen Mehraufwand, anschließend aber auch den künftigen Mehrwert der Bauplanung berücksichtigen. Denn was nicht vergessen werden darf: Die zusätzlichen Kosten, die durch BIM entstehen, amortisieren sich auf lange Sicht – besonders mit Blick auf den Betrieb und die Instandhaltung eines Gebäudes.
Der finanzielle Mehrwert muss auch der Ansatz sein, um Bauherren von BIM zu überzeugen. Das ist aktuell noch nicht der Fall. Ein allgemein anerkannter Vergütungsvorschlag würde hier Türen öffnen, um BIM auch bei privaten Bauvorhaben als Methode der Wahl zu etablieren.
(Kommentar von Dr.-Ing. Architekt Thomas Bahnert, Leiter Center of Competence Vertragsmanagement und Honorarsachverständiger bei THOST Projektmanagement GmbH)
Building Information Modeling (BIM) spielt eine immer größere Rolle in der Baubranche: Als Schlüsselelement der digitalen Bauwirtschaft treibt es die Produktivität voran und reduziert zugleich die Fehleranfälligkeit von Bauprojekten. Die Technologie und Methodik ermöglicht es, den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks zu betrachten – von der ersten Idee über die Realisierung und den Betrieb des Bauwerkes bis hin zu Rückbau oder Umnutzung. Die langfristigen wirtschaftlichen Vorteile von BIM sind insbesondere beim Betrieb und Unterhalt des Objekts spürbar.
Was dem Erfolg von BIM in der Praxis jedoch noch im Weg steht, ist die einheitliche Berechnungsgrundlage der Honorare – der Dreh- und Angelpunkt für die Projekt- und Vertragsplanung. Planern würde sie zusätzliche Sicherheit bei der Kalkulation verschaffen, während Bauherren von ihr als Plausibilisierungsgrundlage profitieren.
BIM-Empfehlungen weiterdenken
Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) hat das Thema BIM bislang eher vernachlässigt. Mit der kommenden Novelle der Honorarordnung, die voraussichtlich 2025 erscheint, könnte sich das ändern. Darauf deutet auch das dazugehörige Novellierungs-Gutachten hin, das im Herbst des vergangenen Jahres veröffentlicht wurde.
Darin wird erstmals ein BIM-Regelprozess definiert. Dieser stellt Grundleistungen im Sinne der HOAI in den Kontext von BIM und benennt darüber hinaus besondere Leistungen, welche bei BIM-Projekten im Allgemeinen notwendig werden. Die inhaltliche Ausgestaltung wirft jedoch Fragen auf: Zum einen trifft der definierte Prozess keine Aussage über die Vergütung der Grundleistungen mit BIM. Eine Möglichkeit ist, dass die Vergütung nach dem allgemeinen Grundhonorar abgegolten und der Mehraufwand durch BIM nicht berücksichtigt wird. Zum anderen ist unklar, welche BIM-Anwendungsfälle für den Regelprozess grundlegend sind und welche nicht. Für die Definition des Scopes der Planungsleistungen und damit auch der Honorierung ist es jedoch entscheidend, dass zwischen Anwendungsfall und Leistungsbild klar unterschieden wird, und das Leistungsbild auf den Anwendungsfall ausgerichtet ist.
Daher können die Empfehlungen im Novellierungs-Gutachten lediglich als ein erster, wichtiger Schritt interpretiert werden, BIM-Projekte auf eine solide Honorarbasis zu stellen. Davon, eine verlässliche Praxis-Hilfe zu bieten, sind sie jedoch noch weit entfernt.
Der Weg zu neuen Standards
Derzeit ist die HOAI der maßgebliche Referenzrahmen zum Beziffern der Honorare für BIM-Planungsleistungen. Um diese Faktoren in Zukunft einheitlich, verlässlich und angemessen zu gestalten, haben meine Kollegen Dr.-Ing. Dietmar Heinrich, Prof. Dipl.-Ing. Architekt Reinhold Johrendt und ich im Buch “Planungsleistungen und Honorare mit BIM” einen Vergütungsvorschlag vorgelegt.
Besonders die in der HOAI definierten Honorarzonen eignen sich als Vorbild, um darauf aufbauend ein Vergütungsmodell für die Planungsleistungen der neuen BIM-Standards zu entwickeln. Die Honorarzonen bestimmen den Schwierigkeitsgrad der Planung. Beim Architekten gibt es zum Beispiel fünf Honorarzonen. Bei Honorarzone 1 ist das Honorar bei gleichen, anrechenbaren Kosten sehr niedrig. In der Honorarzone 5 ist es dementsprechend hoch.
Geht man nun von einem Projekt mit durchschnittlichen Planungsanforderungen aus, fällt der Schwierigkeitsgrad höher aus, sobald BIM zum Einsatz kommt. Denn BIM-Projekte weisen komplexe Projektstrukturen und Planerbeziehungen auf. Hinzukommen gegenüber den Grundleistungen weitere BIM-spezifische Planungsleistungen. Der Schwierigkeitsgrad der Planung fällt also im Vergleich zu einem Projekt, das ohne BIM auskommt, überdurchschnittlich hoch aus.
Nun gibt es zwischen den einzelnen Honorarzonen gewisse prozentuale Sprünge. Dieser Sprung zwischen den Honorarzonen beziehungsweise von „durchschnittlich“ zu „überdurchschnittlich“, kann das Äquivalent zur Honorierung zusätzlicher BIM-Leistungen bilden. Beim Architekten wäre dies ein Anstieg der Vergütung von rund 25 Prozent bei der Umsetzung aller der für die Planung und Bauausführung relevanten BIM-Anwendungsfälle nach BIM-Deutschland.
Komplex – aber nachhaltig
Ein einheitlicher Vergütungsvorschlag für BIM-Projekte wie dieser würde einerseits den anfänglichen Mehraufwand, anschließend aber auch den künftigen Mehrwert der Bauplanung berücksichtigen. Denn was nicht vergessen werden darf: Die zusätzlichen Kosten, die durch BIM entstehen, amortisieren sich auf lange Sicht – besonders mit Blick auf den Betrieb und die Instandhaltung eines Gebäudes.
Der finanzielle Mehrwert muss auch der Ansatz sein, um Bauherren von BIM zu überzeugen. Das ist aktuell noch nicht der Fall. Ein allgemein anerkannter Vergütungsvorschlag würde hier Türen öffnen, um BIM auch bei privaten Bauvorhaben als Methode der Wahl zu etablieren.
(Kommentar von Dr.-Ing. Architekt Thomas Bahnert, Leiter Center of Competence Vertragsmanagement und Honorarsachverständiger bei THOST Projektmanagement GmbH)