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18.04.2024 Hamburger: Wohnungsmarkt unter Druck, Logistik beliebter als Büros

Der Hamburger Immobilienmarkt steht auch 2024 weiter unter Druck, befindet sich dennoch in einer robusten Verfassung. Im Zehn-Jahresschnitt verzeichnet das gesamte Transaktionsgeschehen im ersten Quartal 2024 einen Rückgang um rund 58 Prozent. Industrie- und Logistikimmobilien bestimmen den Transaktionsmarkt und bilden derzeit die stärkste Assetklasse. Am Büromarkt blieben im ersten Quartal hingegen größere Flächenanmietungen aus. Auf Investoren- wie Mieterseite werden insgesamt kleinere Büroflächen nachgefragt – bei gleichzeitig steigenden Mieten.

Banken zeigen sich im aktuellen Marktumfeld erheblich zurückhaltender bei Immobilienfinanzierungen und fordern mehr Sicherheiten sowie ESG-Konformität bei den zu finanzierenden Immobilien. Das erwartete Ende des Zinsanstiegs ließe für Investoren wieder verlässlichere Kalkulationen zu, sodass das Kaufinteresse am Markt langsam steigen werde. Am Wohnungsmarkt führen die abnehmende Genehmigungszahl und die sinkende Fertigstellung von neuen Wohnungen zu einem immer größeren Nachfrageüberhang. Projektentwickler suchen nach innovativen Ansätzen, um bezahlbaren Wohnungsbau realisieren zu können.

Dies sind zentrale Ergebnisse der Pressekonferenz „Der Hamburger Immobilienmarkt – Ausblick 2024“, an der Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der Hamburg Commercial Bank, Jörn Stobbe, Sprecher der Geschäftsführung bei der Becken Holding GmbH, Sascha Hanekopf, Regional Manager in Hamburg bei Colliers, und Tobias Kassner, Leiter Research und Mitglied der Geschäftsleitung der GARBE Industrial Real Estate teilnahmen.

Büromarkt: Zentrale Lage mit Bedeutungsgewinn

Der Hamburger Büromarkt zeigte sich zu Jahresbeginn verhalten, hier blieb das Großflächensegment nahezu ohne Transaktionen. „Bis Jahresende halten wir ein Flächenumsatzvolumen zwischen 430.000 und 450.000 Quadratmetern für möglich“, so Sascha Hanekopf, Regional Manager in Hamburg bei Colliers. Die Kleinteiligkeit der Flächenvermietungen ist unter anderem auf den Corona-Effekt zurückzuführen. „Seit Frühjahr 2022 hat sich die Homeofficequote, sprich der Anteil der Beschäftigten, die zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten, bei rund 25 Prozent eingependelt“, sagt Hanekopf. „Mit dem abnehmenden Flächenbedarf und dem parallel anhaltenden schwierigen Wirtschaftsumfeld werden sukzessive mehr Büroflächen frei. So ist der Leerstand gegenüber dem Vorjahr um 11,3 Prozent auf derzeit 4,1 Prozent gestiegen.“

Zwar lag der Leerstand in den vergangenen Jahren rekordverdächtig niedrig, 2013 betrug dieser jedoch noch 7 Prozent. Gleichzeitig steigt der Anspruch an die Fläche an sich: „Die zentrale Lage hat einen enormen Bedeutungsgewinn erhalten. Gesucht werden insbesondere moderne Flächen in A-Lagen, in denen sich New-Work-Konzepte realisieren lassen“, so Hanekopf weiter. Der Bedarf an zeitgemäßen Büros lässt auch die Spitzenmieten weiter steigen, zuletzt um 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 34,5 Euro je Quadratmeter. Die Durchschnittsmieten sind im selben Zeitraum um 1,9 Prozent auf 21,4 Euro je Quadratmeter gestiegen. „Schon jetzt ist ein Rückgang bei den Bürofertigstellungen um 53,2 Prozent zu verzeichnen. Damit verknappt sich das Angebot an modernen Büroflächen zukünftig, was einen weiteren Effekt auf die Mietentwicklung mit sich bringt“, erläutert Hanekopf.

Logistikflächen sind knapp

Der Hamburger Logistikimmobilienmarkt gehört zu den Top-Five-Standorten in Deutschland. Nicht nur Flächen im Hafen und Hamburger Stadtgebiet sind attraktiv, sondern auch im direkten Umland. Doch die Nachfrage übersteigt das Angebot weiterhin: „Es kommen kaum noch neue Flächen auf den Markt. Entsprechend geht die Leerstandsquote gegen Null,“ sagt Tobias Kassner, Leiter Research und Mitglied der Geschäftsleitung bei GARBE Industrial Real Estate, „Wenn wir weiterhin als Wirtschaftsstandort attraktiv bleiben wollen, muss die Politik bei der Flächenneuvergabe dringend etwas ändern. Logistikflächen sind für das Wachstum von Unternehmen, aber auch der Neuansiedlung von zentraler Bedeutung. Diese Potenziale sollten nicht verschenkt werden.“

Vor allem Handelsunternehmen und Logistikdienstleister lassen sich gern in Hamburg nieder. Allerdings stehen gerade für Logistikdienstleister kaum noch große Flächen in neuen Objekten zur Verfügung. Dies wird auch im Vermietungsbereich deutlich. Hier wurden in den vergangenen Monaten vor allem im Bestand und eher kleinere Flächen neu vermietet. Zudem haben sich die Kosten für den Bau neuer Logistikimmobilien stabilisiert, sogar wieder leicht nachgegeben.

Kassner führt aus: „Die Mietpreissteigerungen waren in den vergangenen Jahren aufgrund des Flächenmangels und der Neuordnung von Lieferketten vor allem in Hamburg mit am höchsten in Deutschland. Mittlerweile haben wir aber, auch aufgrund der unsicheren gesamtwirtschaftlichen Lage, das Ende der Fahnenstange vorerst erreicht. Entsprechend hat die Dynamik von Mietpreissteigerungen nachgelassen. Da aber kaum gebaut wird, wird sich dies ändern, sobald die Wirtschaft wieder anspringt.“

Logistikimmobilien haben sich 2023 als Assetklasse bei Investoren behaupten können. Mit geringen Leerstandsraten, einer im Verhältnis zum Angebot noch immer hohen Nachfrage in vielen Regionen sowie der Aussicht auf weiteres Potenzial für Mietpreissteigerungen performen sie deutlich besser als etwa Büro- und Einzelhandelsimmobilien. Im ersten Quartal 2024 zeigt sich diese Attraktivität durch einen starken Jahresauftakt. Kassner ergänzt: „Der Hamburger Logistikmarkt hat sich in den vergangenen Jahren als robust und widerstandsfähig gezeigt. Trotz der schwächelnden Wirtschaft gehen wir von einer weiteren Belebung aus.“

2024 bleibt im Bereich Finanzierung ein Übergangsjahr

Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der Hamburg Commercial Bank (HCOB), rechnet damit, dass das aktuelle Zinsniveau im Zehn-Jahresbereich mittelfristig erhalten bleibt und sich die Baukosten auf dem derzeitigen hohen Niveau konsolidieren werden.
Axmann erläutert: „2024 sehen wir als Übergangsjahr. Die Immobilienwerte sind flächendeckend gesunken, dürften jedoch inzwischen weitgehend den Boden gefunden haben. Ältere Büros in Nebenlagen bilden die Ausnahme, hier könnten die Werte noch um weitere 10 bis 15 Prozent runter gehen."

Banken zeigen sich deutlich zurückhaltender bei Immobilienfinanzierungen und fordern mehr Eigenkapital als Puffer angesichts weiterer unsicherer Entwicklungen. Insgesamt haben sich die Zinsen in den vergangenen 24 Monaten vervierfacht und der Kapitaldienst verdoppelt. Aufgrund der gestiegenen Ausfallwahrscheinlichkeit bei Immobilienkrediten werden auch höhere Risikokosten angesetzt – mit entsprechend steigenden Margen.

Peter Axmann erläutert: „Bei Projektentwicklungen sind die Finanzierer derzeit restriktiv, auch das Neugeschäft insgesamt ist noch verhalten. Grundsätzlich ist auf Kundenseite mehr Eigenkapitaleinsatz erforderlich, egal ob Projekt- oder Bestandsfinanzierung.“ Investoren können aber wieder verlässlicher kalkulieren und es werden sukzessive mehr Kaufabschlüsse stattfinden. Eine signifikante Steigerung sieht die HCOB aber erst für 2025.

Die Nachhaltigkeit und damit Zukunftsfähigkeit von Objekten hat für Finanzierer einen zentralen Stellenwert eingenommen, auch um die Transition der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen. Zudem sind Banken in der Pflicht, die finanzierten Portfolien nach ESG-Kriterien zu bewerten und zu verbessern. Axmann führt aus: „Für die gesamte Immobilienbrache zählen das Erreichen der ehrgeizigen Klimaziele und die damit einhergehenden Kosten zu den größten Herausforderungen." So liegt der Investitionsbedarf in der EU für gewerbliche Immobilien bei laut einer Studie von McKinsey bei rd. 3 Billionen Euro bis 2030. Für den Hamburger Immobilienmarkt sind die Rahmenbedingungen vergleichsweise stabil: „Der Hamburger Immobilienmarkt ist weniger volatil als die Märkte vieler anderer Metropolen in Deutschland, daher ist er bei Investoren gerade in Krisenzeiten beliebt,“ führt Axmann aus.

Starker Nachfrageüberhang am Wohnungsmarkt

„Die Auswirkungen des Genehmigungsrückgangs 2023 von 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr werden sich bei den Fertigstellungen erst in den nächsten Jahren zeigen“, sagt Hanekopf. Eine Besserung der Genehmigungszahlen sei nicht in Sicht. Bereits 2017 erreichten die Genehmigungen den Höchstwert, seither entwickeln sich diese rückläufig. „Wir sehen in Hamburg einen starken Nachfrageüberhang am Wohnungsmarkt. In den letzten sechs Monaten standen in Hamburg je 1.000 Wohnungsgesuchen nur 29 Mietwohnungsangebote gegenüber. Zum Vergleich: Auf weniger stark angespannten Wohnungsmärkten wie beispielsweise in Dresden registrierten wir in den letzten sechs Monaten rund 74 Angebote auf 1000 Wohnungssuchende“, so Hanekopf weiter. Die Verknappung des Angebotes spiegelt sich in der Mietentwicklung wider: Neubaumieten stiegen in der Erstvermietung im vierten Quartal 2023 von 17,3 Euro je Quadratmeter im Vorjahr auf 18,3 Euro je Quadratmeter. Im Bestand erhöhte sich die Durchschnittsmiete von 13,1 Euro je Quadratmeter im vierten Quartal 2023 auf 13,9 Euro je Quadratmeter. In der Spitze zahlen Wohnungsmieter im Bestand aktuell 19,0 Euro je Quadratmeter und im Neubau 24,4 Euro je Quadratmeter.

Entwickler suchen nach innovativen Lösungen für das Wohnungsproblem

Projektentwickler befinden sich in einem Spannungsfeld aus schwieriger Markt- und Zinslage und der dringenden Notwendigkeit, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Jörn Stobbe, Sprecher der Geschäftsführung der Becken Holding GmbH, sagt: „In einer dynamischen Stadt wie Hamburg stehen wir als Projektentwickler kontinuierlich vor der Herausforderung, den Spagat zwischen Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und sozialer Verantwortung zu meistern. Insbesondere im Bereich des Wohnungsbaus sehen wir signifikantes Potential, durch innovative Ansätze wie die Standardisierung und Optimierung von Bauprozessen eine maßgebliche Senkung der Baukosten zu realisieren. Dies ermöglicht es uns, auch in einem anspruchsvollen Marktumfeld qualitativ hochwertigen und zugleich mietpreisgedämpften Wohnraum zu schaffen.“

Einen Schlüssel hierzu sieht Stobbe beim Erbbaurecht: „Die Vergabe von Grundstücken auf Basis von Erbbaurechten ist dabei ein weiterer wesentlicher Faktor. Dabei sind wir uns der Debatten um das Erbbaurecht bewusst. Es ist jedoch wichtig, zu erkennen, dass Erbbaurecht, wenn richtig angewendet, enorme Chancen bietet – wie das Beispiel London eindrucksvoll zeigt.“ In Großbritannien ist das Konzept des Erbbaurechts weit verbreitet.

























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