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05.04.2024 Energiewende in der Immobilienbranche: Ein Balanceakt

Hans Tauz, Fotocredit: Clarus Management GmbH
Die Energiewende wird eine unserer größten aktuellen Herausforderungen. Mit dem Wunsch, unser Handeln an nachhaltigen Prinzipien auszurichten, hat die Beschleunigung dieses Prozesses höchste Priorität. Die Immobilienwirtschaft spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Mit über 40 Prozent des Endenergiebedarfs, der auf Gebäude zurückzuführen ist, tragen auch wir Asset Manager als Akteure der Immobilienwirtschaft eine besondere Verantwortung. Aber wie lässt sich die Energiewende in der Immobilienbranche wirksam angehen, insbesondere bei Bestandsimmobilien? An welchen Stellschrauben muss gedreht werden, damit eine nachhaltige Bewirtschaftung von Immobilien möglich ist? Und wieso spielt auch der Datenschutz hierbei eine nicht unwesentliche Rolle?

Energiewende in Bestandsimmobilien: Herausforderungen und Lösungsansätze

Als Asset-Manager sind wir ständig bemüht, die Effizienz und Nachhaltigkeit unserer Bestandsgebäude zu verbessern. Ebenso sind wir uns der wachsenden öffentlichen Erwartungshaltung an umweltfreundlichen Lösungen bewusst. Ein konkretes Beispiel hierfür ist etwa die Integration von Ladesäulen für Elektroautos in den Parkhäusern von Gebäuden.

Doch Wünsche wie diese sind nicht immer umsetzbar. Die Realität ist, dass die vorhandene Infrastruktur in vielen Bestandsgebäuden eine solche Umrüstung nicht zulässt. Selbst wenn jede Parkfläche eines Gebäudes mit Ladesäulen ausgerüstet werden würde, könnten dessen Gesamtanschlusswert in allen von uns bisher untersuchte Fällen nicht ausreichend gesteigert werden. Ein solches Szenario würde bedeuten, dass alle Autos geladen werden, während gleichzeitig im Gebäude die Lichter ausgehen. Regeln Lastverteiler den Gebäudebetrieb vorranging, kann nicht mehr verlässlich und in ausreichender Menge „getankt“ werden. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, sorgfältige und gut durchdachte Pläne für die Implementierung von nachhaltigen Maßnahmen zu entwickeln, um eine Balance zwischen der Erfüllung öffentlicher Erwartungen und der praktischen Umsetzbarkeit innerhalb der gegebenen infrastrukturellen Beschränkungen im Bestand zu finden.

„Messen, steuern, regeln“ lautet die Devise

Große, radikale Veränderungen gehen häufig nicht einfach mit wenigen technischen Herausforderungen hinsichtlich der Umsetzbarkeit, sondern auch mit hohen Kosten einher. Die gute Nachricht ist: Es braucht nicht immer große, aufwendige Maßnahmen, die den Unterschied machen. Oft sind es die kleinen Optimierungen und Anpassungen, die einen großen Effekt haben. Um diese Optimierungspotenziale zu identifizieren, sind Daten unerlässlich. Die intelligente Nutzung dieser Daten bietet enorme Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz von Gebäuden, etwa beim Heizen oder Kühlen von Flächen. Durch fortlaufendes Monitoring und datenbasierte Analysen können wir das Nutzerverhalten und die Gebäudeperformance besser verstehen und so Heizsysteme optimal steuern.

Auch im Bereich der Wartung und Instandhaltung von Gebäuden können Daten einen entscheidenden Unterschied machen. Mit dem Prinzip der Predictive Maintenance, also der vorausschauenden Instandhaltung, können Asset- und Property Manager den Zustand und die Nutzung von Gebäudeteilen und -anlagen effektiv vorausplanen, potenzielle Probleme antizipieren und präventive Maßnahmen ergreifen, bevor sie überhaupt auftreten. Auf diese Weise können wir nicht nur agiler und proaktiver handeln, sondern auch Ausfallzeiten minimieren, Kosten sparen, die Lebensdauer und Effizienz unserer Gebäude optimieren und letztlich nachhaltigeres Gebäudemanagement betreiben.

Datenschutz trifft auf Nachhaltigkeit: Eine Hürde auf dem Weg zur Energieeffizienz

Doch gerade in puncto Datenerhebung und -analyse stoßen viele Immobilienakteure an die Grenzen des derzeitigen Datenschutzes. Das Datenschutzgesetz sieht vor, dass die Einwilligung der Mieter zur Datenerhebung jederzeit widerrufen werden kann. Für Immobilienbesitzer und -verwalter ergibt sich daraus ein potenzielles Risiko. Sollte ein Datengeber sein Einverständnis widerrufen, könnte ein gesamtes ESG-Projekt, das auf der Datennutzung basiert, zusammenbrechen. Auch bei Mietern muss daher ein Umdenken stattfinden: Wer in einem energieeffizienten Gebäude leben möchte, muss bereit sein, seine Daten langfristig zu teilen.

Wir Asset- und Property Manager müssen daher für eine Anpassung des Datenschutzrechts plädieren. Eine sinnvolle Balance zwischen Datenschutz und Innovation ist notwendig, um die Energieeffizienz im Gebäudebestand nachhaltig zu verbessern. Nur so kann dem Wunsch nach nachhaltigen und energieeffizienten Gebäuden entsprochen und gleichzeitig die Rechte der Datengeber gewahrt werden.

Die gemeinsame Verantwortung von Vermieter und Mieter für Nachhaltigkeit im Bestand

Die nachhaltige Bewirtschaftung von Immobilien ist ein Prozess, der sowohl technische als auch datenschutzrechtliche Herausforderungen mit sich bringt und der einen ganzheitlichen Ansatz erfordert. Umso wichtiger ist es, zunächst Gewerbemieter als Partner in diesen Prozess einzubeziehen, und Wohnungsmietern eine Mitwirkungsmöglichkeit zu eröffnen.

Bisher wurden vorwiegend die Immobilieneigentümer in die Pflicht genommen, aber eine erfolgreiche Umsetzung der Energieeffizienzmaßnahmen ist eine gemeinschaftliche Aufgabe und erfordert eine enge Zusammenarbeit und einen konstruktiven Austausch zwischen Mietern und Vermietern. Es werden die ESG-berichtspflichtigen Gewerbemieter, große Kapitalgesellschaften, aber auch jeder Gegner von „Greenwashing“ sein, die gemeinsamen Lösungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Immobilien aufgeschlossen sind und diese unterstützen. Das heißt auch, dass vor allem Gewerbemieter nicht nur bereit sein müssen, ihre Daten zu teilen, sondern sich auch aktiv zu informieren und Expertise im Bereich ESG aufzubauen, um die gesammelten Daten selbst richtig interpretieren und nutzen zu können.

Dies könnte sogar die Einführung neuer Rollen und Qualifikationen, wie die eines ESG-Managers, mit sich bringen, Personal, das in der Lage ist, die Daten zu lesen, korrekt auszuwerten und intern weitere Schritte und Entscheidungen zu forcieren.

Praxisbeispiel Opernplatz XIV: Energiesparend und rentabel wirtschaften

Unser Landmark Asset Opernplatz XIV in Frankfurt ist ein aktuelles Beispiel, wie im Bestand energieeffizient und gleichzeitig rentabel gewirtschaftet wird. Voll vermietet und in Top-Lage, zeigt es, dass Qualität und intensive Betreuung der Mieter zentrale Erfolgsfaktoren sind. Unsere enge Mieterbeziehung, geprägt durch Zufriedenheitsumfragen, Nachhaltigkeitsausschuss und sogar WhatsApp-Gruppen, ist dabei der Schlüssel zum Erfolg.

Wir sind uns der Herausforderungen bewusst, die die Energiewende mit sich bringt. Während das echte grüne Denken in der Immobilienbranche noch kaum verbreitet ist, haben wir uns vorgenommen, proaktiv zu handeln und unseren Bestand nachhaltig zu verwalten. Bei unserer Immobilie Opernplatz XIV haben wir beispielsweise zusammen mit unserem Partner Drees & Sommer nach Optimierungspotenzialen gesucht und konnten dabei feststellen, dass insbesondere beim Monitoring der Verbräuche noch Verbesserungspotenzial besteht.

Agieren statt reagieren ist entscheidend, um die Energiewende sinnvoll zu gestalten. Unser Erfolg – die Vollvermietung unseres anvertrauten Immobilienbestandes – bestätigt, dass wir auf dem richtigen Kurs sind. Unsere Devise: Es muss nicht immer die radikale Veränderung sein, es sind die kleinen Schritte, die zählen. Um diese zu erreichen, müssen wir den Datenschutz anpassen und konsequent auf das „E“ aus dem ESG Katalog setzen. Denn nur so können wir unseren Beitrag zur Energiewende leisten.
(Statement aus der Praxis von Hans Tauz, Head of Asset Management bei der Clarus Management GmbH)























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