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01.04.2024 Was Kehrtwende in der US-Geldpolitik für den Finanzmarkt bedeutet

Die restriktive US-Geldpolitik mit Zinserhöhungsschritten bis zuletzt 5,5 Prozent im Juli 2023 hielt das Finanzsystem lange in einer Art Schockstarre. Laut Cathie Wood, CEO und CIO von ARK Investment Management, war dieses Vorgehen ein historischer Fehler und eine Kehrtwende ist ihr zufolge unabdingbar. Warum dies ein Segen für den Aktienmarkt sein wird, der insbesondere für innovationsgetriebene Unternehmen zum richtigen Zeitpunkt kommt, erklärt sie in ihrem jüngsten Kommentar.

Cathie Wood, CEO und CIO von ARK Investment Management LLC: „Bis Juli 2023 hielt die FED das Finanzsystem ein Jahr lang in Schockstarre und erhöhte die Leitzinsen in 24 Schritten von 0,25 auf 5,5 Prozent. Dies stoppte den Preisschock, der durch Lieferengpässe und Rohstoffpreise infolge der Covid-Maßnahmen und des Ukrainekrieges ausgelöst wurde. Die Inflation ging erfolgreich zurück. Im Nachhinein zeigt sich jedoch, dass die Zinserhöhungen in diesem Ausmaß ein Fehler waren.

Die restriktive Geldpolitik der FED hat zu deflationären Tendenzen geführt, wie wir sie seit der großen Finanzkrise 2008 nicht mehr gesehen haben. Heute befindet sich der Bloomberg Rohstoffindex auf einem ähnlichen Niveau wie Anfang der 1980er Jahre. Das deutet darauf hin, dass die Inflationsängste der FED übertrieben sind. Vielmehr ist das Problem heute eher Deflation, ein allgemeiner Preisverfall. Bereinigt um die am Erzeugerpreisindex (PPI) gemessene Inflation liegt der Bloomberg-Rohstoffindex unter dem Niveau von 1971, als die USA den Goldstandard aufgaben. Die FED hat das erkannt und pausiert mit weiteren Zinserhöhungen, auch wenn die Inflation sich noch bei über drei Prozent befindet. Doch damit stoßen US-Unternehmen an ihre Grenzen.

Unternehmen des S&P 500 verlieren Preissetzungsmacht

Nachdem Unternehmen während der Engpässe in den Lieferketten in den Jahren 2021 und 2022 ihre Gewinne durch höhere Preise steigerten, stießen sie mit dieser Gewinnpolitik an Grenzen. Sie verlieren allmählich ihre Preissetzungsmacht, was sich negativ auf die Gewinnmargen auswirkt. Laut Bloomberg sank die Bruttogewinnmarge der S&P 500 Unternehmen kontinuierlich von 34,8 Prozent in den letzten fünf Jahren hin zu 33,5 Prozent im vierten Quartal 2023. Dieser Trend wird sich fortsetzen, solange die FED ihre Zinsen nicht senkt und die Unternehmen künstliche Intelligenz in ihren Unternehmen proaktiv nutzen. Bis dahin bauen die Unternehmen Personal ab, um die negativen Auswirkungen auf die Gewinne zu begrenzen. Ein ungünstiger Zeitpunkt, denn gerade noch hatten sie den durch die COVID-Maßnahmen verursachten Arbeitskräftemangel auszugleichen versucht und mühevoll neue Mitarbeiter angeheuert.

Am Rande der Rezession oder mittendrin

Entgegen der an der Wallstreet vorherrschenden These von der "sanften Landung sind die Umsätze vieler globaler Marktführer im vierten Quartal im Jahresvergleich tatsächlich gesunken: Darunter bei 3M (-1,8 Prozent), UPS (-7,8 Prozent), Kraft-Heinz (-7,1 Prozent), Exxon Mobil (-12,3 Prozent), Thermo Fisher (-4,9 Prozent), Home Depot (-2,9 Prozent), Cisco (-5,9 Prozent), Texas Instruments (-12,7 Prozent). Mit anderen Worten: Europa, das Vereinigte Königreich, Japan und China befinden sich bereits in oder am Rande einer Rezession. Nach der von uns als "rollende Rezession" bezeichneten Entwicklung der letzten Jahre ist es unwahrscheinlich, dass sich der wirtschaftliche Rückgang unkontrolliert ausweitet, denn sowohl in den USA als auch im Rest der Welt ist ein Großteil des Schadens bereits angerichtet worden.

KI als Lösung für Gewinndruck

Wenn der von uns erwartete Verlust der Preissetzungsmacht Druck auf die Gewinnmargen der Unternehmen ausübt, kann dies den Entscheidungsprozess des Managements verzögern, aber auch das Gefühl hinsichtlich der strategischen Dringlichkeit des Einsatzes innovativer Technologien wie Künstliche Intelligenz verstärken. Rund 30 Jahre nachdem America Online (AOL) 1993 erstmals seinen eigenen E-Mail-Dienst mit dem Internet verband und damit einen der wichtigsten "Aha-Momente" der Technologiegeschichte auslöste, hat ChatGPT die Fantasie von Verbrauchern, Unternehmen und Finanzmärkten beflügelt. Aus der Sicht von Unternehmen und Investoren stehen Manager nun vor einer Reihe wichtiger Entscheidungen. Unseren Analysen zufolge müssen sie den Wettbewerb zwischen Cloud-Anbietern und kapitalmarktfinanzierten KI-Unternehmen bewerten, Arbeitsabläufe detailliert abbilden und Daten aus verteilten Abteilungen finden und integrieren - allesamt zeitaufwändige Aufgaben, bevor sie KI strategisch und effektiv einsetzen können.

Dass Unternehmen jetzt verstärkt auf KI und Robotik setzen, zeigt sich vor allem an dem Unternehmen, das ihre Chips baut: Nvidia. Die Einführung von ChatGPT im November 2022 hat Nvidia mehrere Quartale beispiellosen Wachstums beschert, da sich Cloud-Service-Provider, andere Internetunternehmen und finanzkräftige Start-ups darum gerissen haben, Nvidia-Hardware zu kaufen und KI-Modelle zu trainieren - und dabei wahrscheinlich GPUs doppelt und dreifach bestellt haben. Heute erwartet Nvidia eine sequenzielle Verlangsamung des Wachstums. Laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes ist die Vorlaufzeit für Grafikprozessoren des Unternehmens von 8 bis 11 Monaten auf 3 bis 4 Monate gesunken, was darauf hindeutet, dass das Angebot im Verhältnis zur Nachfrage steigt. Dies zeigt, dass die Unternehmen, die unter den globalen Entwicklungen unter Druck geraten sind, in der KI eine Chance sehen, die Rückschläge der letzten Jahre auszugleichen.

Noch nie dagewesenes Wachstum nach der Krise zu erwarten

Sobald die Wirtschaftskrise überwunden ist, dürfte die KI weiter an Fahrt gewinnen und andere Technologien wie Robotik, Energiespeicherung, Blockchain und multimikrobielle Sequenzierung mit sich ziehen, wodurch Konvergenzen entstehen, die unserer Ansicht nach nicht zu exponentiellem, sondern zu superexponentiellem Wachstum führen werden, d. h. zu rasanten Wachstumsraten, die sich mit der Zeit beschleunigen. In „Big Ideas 2024“ haben wir die wahrscheinlichen Auswirkungen dieser Konvergenzen auf die einzelnen Technologieplattformen und auf das globale Wirtschaftswachstum bis 2030 detailliert beschrieben. Im Ergebnis wird sich das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wahrscheinlich nicht von durchschnittlich drei Prozent im vergangenen Jahrhundert auf die Konsenserwartung von 2,6 Prozent verlangsamen, sondern auf sechs bis acht Prozent und mehr beschleunigen – eine Erwartung, die wir in keiner anderen Wirtschaftsprognose gefunden haben. Wenn sich die vierzehn wichtigsten Technologiefelder in den nächsten sieben Jahren so entwickeln, wie es unsere Forschungsergebnisse nahelegen, dürfte die mit ihnen verbundene Marktkapitalisierung jährlich um rund 40 Prozent steigen, von heute 15 bis 20 Billionen US-Dollar auf 220 Billionen US-Dollar im Jahr 2030. Innovation löst offensichtlich Probleme, und davon werden wir auch 2024 nicht zu wenige haben.“






























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