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09.06.2023 EZB warnt vor Risiken bei Immobilienfonds mit Gewerbeimmobilien

Sebastian H. Lohmer. Fotocredit: privat
Vier Fragen an den Fondsexperten und Berater institutioneller Investoren Sebastian H. Lohmer zur aktuellen Situation bei Gewerbeimmobilien. Sebastian H. Lohmer ist Fondsexperte und Berater institutioneller Investoren und war zuletzt beim Marktführer PATRIZIA Immobilien KVG mit über 30 Mrd. EUR AUM.

Wovor warnt die EZB?

Anfang des Jahres hat die EZB bereites vor zunehmenden Risiken bei Gewerbeimmobilen in Europa aufmerksam gemacht. Die Preise seien seit der Finanzkrise enorm gestiegen angefeuert durch günstige Finanzierungen und große Nachfrage durch institutionelle Investoren. Nun steigen die Zinsen und die wirtschaftliche Aktivität lässt nach. Das kann zu geringerer Nachfrage und fallenden Preisen bei Gewerbeimmobilien führen. Hinzu kommt noch das Refinanzierungsrisiko, wenn bestehende, günstige Altdarlehen auslaufen und zu höheren Zinsen refinanziert werden müssen. Und schließlich haben die Banken auch den Beleihungswert der Immobilien aus Risikogesichtspunkten gesenkt, was den Markt zusätzlich belastet.

Worin besteht das Risiko?

Gewerbeimmobilien werden von in institutionellen Investoren meist indirekt, d.h. in Fonds gehalten und diese sind in den letzten Jahren stark gewachsen. Gut 40% aller Gewerbeimmobilien in Europa sind mittlerweile im Besitz dieser Fonds, eine Verfünffachung in den letzten zehn Jahren. Das erzeugt eine gewisse Abhängigkeit des Fonds- vom Immobilienmarkt, was zu systemischen Risiken führen kann. So fordert der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) eine bessere Überwachung dieser Gefahren. Anders als bei Publikumsfonds, können institutionelle Investoren nämlich ihre Gelder relativ kurzfristig zurückfordern. Reicht dann die Liquidität der Fonds nicht aus kann es zu Notverkäufen kommen, was wiederum die Preise sinken lässt.

Wie werden sich die Investoren verhalten?

Der Anteil an Immobilien in der Gesamtanlage institutioneller Investoren ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Dabei werden Gewerbeimmobilien oft übergewichtet, weil deren Markt am liquidesten ist. Wenn nun alternative Investments wie z.B. Anleihen durch den Zinsanstieg wieder attraktiver werden, kann es Investoren dazu verleiten umzuschichten, d.h. Immobilien zu verkaufen um Anleihen zu kaufen. Nun haben institutionelle Fonds nicht die einjährigen Rückgabefristen von Publikumsfonds. Rückgaben haben in der Regel eine Vorlaufzeit von sechs Monaten und können auch mit Preisabschlägen versehen sein. Da aber die Gefahr besteht, dass mit zu vielen Rückgaben Notverkäufe ausgelöst werden können, halten die Investoren lieber still und warten ab, es sei denn, sie kommen selbst in Liquiditätsschwierigkeiten.

Was ist anders als in der Finanzkrise?

Die Finanzkrise hat auf Grund der Lehmann Pleite und des mangelnden Vertrauens in das Bankensystem eine Liquiditätskrise ausgelöst. Das hat viele institutionellen Investoren dazu gezwungen Vermögenswerte wie z.B. Immobilien kurzfristig zu verkaufen, was entsprechend die Preise gedrückt hat. Trotz der Zeitenwende bei den Zinsen haben wir bisher keine vergleichbare Liquiditätskrise im Bankensystem abgesehen von den außergewöhnlichen Turbulenzen um die Silikon Valley Bank sowie die Verschärfung der seit Jahren andauernden Krise der Credit Suisse, die aber durch das beherzte Eingreifen der amerikanischen und Schweizer Zentralbank gelöst wurden. Darüber hinaus sind die Immobilienanlagen heute nicht so hoch fremdfinanziert, weil auch die Banken aus der Finanzkrise gelernt haben. Das senkt zusätzlich das Liquiditätsrisiko.















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