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05.05.2023 Die EZB kann noch nicht anders

Die amerikanische Notenbank FED hat gestern den Anker geworfen und den Leitzins auf den höchsten Stand seit 16 Jahren geschraubt. Der Zinsanhebungszyklus dürfte somit in den USA ein Ende erreicht haben. Davon kann in Europa noch keine Rede sein. Mit einer Erhöhung von 0,25 Prozentpunkten tut die EZB heute nur, was sie tun muss. Am Ende der Reise ist sie damit aber längst noch nicht.

Ein Blick auf die Inflationsdaten zeigt das ganze Dilemma: Die Differenz zwischen Ziel- und Ist-Inflationsgrößen ist in Europa immer noch indiskutabel hoch. Insbesondere die Kerninflationsrate hat noch nicht wirklich den Rückwärtsgang eingelegt. Auch bei der Jahresveränderungsrate erscheint der Wendepunkt noch nicht eindeutig erreicht.

Klar ist: Europa kann nicht zu einer Insel der ökonomisch Glückseligen werden, wenn in den USA eine latente Bankenkrise lauert, in China erste Anzeichen einer Wirtschaftsschwäche erkennbar sind und der Goldpreis als prominentester Krisenindikator unverändert weiter nach oben zeigt.

So wird die Europäische Zentralbank notgedrungen auch im Juni und vielleicht auch noch im Juli die Zinsen weiter anheben müssen. Doch sie muss in ihrer Wortwahl zukünftig sehr vorsichtig agieren. Denn je rigoroser sie noch ausstehende Zinsverschärfungen ankündigt, umso mehr steigert sie die Attraktivität des Euros. Ein fester Euro kann im aktuellen Umfeld aber nicht im Interesse der Zentralbank liegen.

EZB-Chefin Christine Lagarde braucht in den kommenden Monaten also viel Fingerspitzengefühl, um die unangenehmen Botschaften möglichst defensiv zu verpacken. Einen Vorgeschmack davon hat sie heute schon gegeben und die Leitzinsen nur um 0,25 Prozentpunkte angehoben.

(Dr. Otmar Lang, Chefvolkswirt der TARGOBANK)













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