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26.04.2023 Gebäudeenergieeffizienz-Gesetz: Auswirkungen auf Wohnimmobilien

Im März schlug die Bekanntmachung des deutschen Wirtschaftsministers Robert Habeck, den Einbau neuer Öl- und Gasheizungen bereits ab dem Jahr 2024 verbieten zu wollen, medial hohe Wellen. Von grünem Sanierungszwang und sogar Enteignung von Hausbesitzern war die Rede.

Doch viel weiter reichende Folgen für Hausbesitzer dürfte die Neufassung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie (EPBD (Energy performance of buildings directive)) der Europäischen Union mit sich bringen. Diese wurde im Rahmen des European Green Deal und des „Fit for 55“-Gesetzespakets ab 2021 in die Wege geleitet. Die vom EU-Parlament im Februar 2023 vorgelegte Fassung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie und die im März überarbeitete Version enthalten eine Vielzahl von geplanten Maßnahmen, um Gebäude in der Europäischen Union in den nächsten Jahren emissionsärmer zu machen. Gemäß der jüngsten Fassung von März sollen Neubauten ab 2028 emissionsfrei sein und sofern dies technisch und wirtschaftlich vertretbar ist, mit Solaranlagen ausgestattet werden. Bestandsgebäude sollen bis 2032 mit Solarpanelen aufgerüstet werden. Bestandswohngebäude sollen gemäß ihres Energieverbrauchs Energieeffizienzklassen von A (sehr gut) bis G (schlecht) zugeordnet werden.

Bestandswohngebäude mit der Energieeffizienzklasse G – dies entspricht 15 % aller Wohngebäude in der EU – sollen bis 2030 die Energieeffizienzklasse E und bis 2033 die Energieeffizienzklasse D erreichen. Der überarbeitete Vorschlag des EU-Parlaments bildet die Diskussionsgrundlage für die weitere Abstimmung mit den EU-Staaten. Nach der Verabschiedung müssen die nationalen Regierungen das Gesetz in ihren Ländern umsetzen.

Drohende Sanierungswelle: Größter Auftrag an das Baugewerbe seit der Nachkriegszeit
Die Umsetzung der neuen Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie würde allein in Deutschland eine massive Sanierungswelle bei Wohnbestandsgebäuden in Gang setzen. Die für den Energieausweis eines Gebäudes erhobene Energieeffizienzklasse, die in Deutschland von A+ (sehr gut) bis H (schlecht) reicht, offenbart, dass rd. 31 Prozent aller Gebäude in die schlechtesten Klassen G und H fallen (Stand 2021).

Auch wenn die Europäische Union die neue Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie mit umfassenden finanziellen Förderungen flankieren möchte, werden durch die Vorgaben auf Immobilienbesitzer große Kostenblöcke zukommen. Dabei gilt: je ineffizienter der Energieverbrauch eines Gebäudes ist, desto höher der Sanierungsbedarf und die Kosten. Diese höheren Kosten können nur begrenzt auf die Mieter umgelegt werden. Die anfallenden Kosten für Modernisierungsmaßnahmen können mit einem Anteil von 8 Prozent auf die Jahresmiete aufgerechnet werden. Doch Achtung, auch hier gelten Einschränkungen: Ist der Heizungsaustausch gesetzlich bedingt, wird diese rechtlich als Instandhaltungsmaßnahme gewertet und kann entsprechend nicht auf die Miete umgelegt werden. Hinzu kommt, dass seit 2019 eine Kappungsgrenze gilt: Die Mieten modernisierter Wohnungen dürfen innerhalb von sechs Jahren um nicht mehr als 3 Euro pro Quadratmeter angehoben werden. Bei Wohnungen mit einer Miete bis 7 Euro pro Quadratmeter dürfen die Mieten sogar nur um 2 Euro steigen. Sofern ist jetzt schon absehbar, dass möglicherweise nicht der gesamte Aufwand sich für die Mieterhöhung qualifiziert.

Die Kosten sind beträchtlich

Zur Erhöhung der Energieeffizienz eines Gebäudes können Wohnimmobilienbesitzer vielfältige Maßnahmen umsetzen. Neben dem Einbau einer neuen Heizung auf Basis erneuerbarer Energien, sind die Hausdämmung (Fassade, Dach, Kellerdecke), der Austausch der Fenster und Außentüren oder die Installation von Photovoltaik- oder einer Solarthermieanlage gängige Ansatzpunkte. Die größten Energieeinsparpotenziale bergen dabei die Hausdämmung und der Austausch der Heizanlage.

Fokussiert sich der Eigentümer eines Wohnimmobilienobjektes mit 1000 m² Wohnfläche beispielsweise auf die Hausdämmung, muss er – je nach Beschaffenheit des Hauses und Auswahl der Materialien – bei einer Dachdämmung mit Kosten von 100 bis 180 €/m² und bei einer Fassadendämmung mit Kosten von 30 bis 200 €/m² rechnen. Für die Dämmung von Dach und Fassade könnten insgesamt also Kosten in Höhe von 130.000 Euro bis 380.000 Euro entstehen. Für die geplanten Maßnahmen können staatliche Förderungen beansprucht werden. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bezuschusst Maßnahmen zur Gebäudedämmung mit einem Satz von 15 Prozent. In unserem Beispiel würden sich die Kosten entsprechend in einer Spanne von 19.500 Euro bis 57.000 Euro reduzieren. Die restlichen Kosten für die Dämmung, die sich dann auf 110.500 Euro bis 323.000 Euro belaufen würden, könnten zu 8 Prozent auf die Jahresmiete umgelegt werden. Gehen wir vom unteren Ende der möglichen Kosten aus, wären dies 8.840 Euro bzw. rd. 0,74 Euro pro Quadratmeter und Monat. Bei dem oberen Ende könnten 25.840 Euro bzw. 2,15 Euro pro Quadratmeter und Monat umgelegt werden. Bei einer 50 Quadratmeter-Wohnung würden dann für den Mieter monatlich Mehrkosten von 37 Euro bis 108 Euro entstehen.

Gewinner und Verlierer

Da die Hausdämmung nur ein Baustein in der gesamten energetischen Sanierung ist, müssen die geschätzten Kosten, die für die gesamte energetische Modernisierung anfallen, noch viel höher angesetzt werden. Auf den ersten Blick sind also Besitzer von Wohnimmobilien in einem schlechten Zustand Verlierer der anstehenden Sanierungswelle. Denn auf sie werden hohe Kosten zukommen, die nur begrenzt auf Mieter umgelegt werden können.

Besonders problematisch könnte es für sozialschwache Mieter werden. Diese werden verhältnismäßig stärker belastet als finanzstarke Mieter. Denn sie sind es, die aufgrund der niedrigeren Mieten in schlecht sanierten älteren Gebäuden wohnen und somit zukünftig mit höheren Mieten rechnen dürfen. Hier müssen dringend weitere finanzielle Fördertöpfe geschaffen werden, um sozialen Sprengstoff zu vermeiden. Auch die Wohnimmobilienbesitzer sollten finanziell unterstützt werden, um die Investitionen in Wohnraum weiter rentabel zu machen. Als Vorbild könnte das im Zuge der Wende in Ostdeutschland verabschiedete Wohnraummodernisierungsprogramm dienen. Zwischen 1990 und 2015 hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die Modernisierung und Sanierung von Wohnungen mit 68 Mrd. Euro gefördert, mit dem Ergebnis, dass dort 65 Prozent der Wohnungen saniert werden konnten. Durch dieses bewältigte Mammutprojekt verfügt Deutschland schon über ausreichend Erfahrungswerte, um auch das Sanierungsprojekt im Rahmen der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie effektiv auszugestalten und erfolgreich umzusetzen.

Auf lange Sicht gesehen könnten sich für Wohnimmobilieninvestoren aber gegenwärtig interessante Möglichkeiten ergeben. Der energetische Zustand einer Immobilie wird immer mehr in den Kaufpreis eingepreist. Somit erhalten Investoren in Value Add-Immobilien aktuell einen Abschlag auf die bereits gesunkenen Immobilienpreise. Die energetische Sanierung sorgt nicht nur für langfristig niedrigere Mietnebenkosten für die Mieter, sondern auch für steigende Mieten für den Wohnimmobilieninvestor. Denn eine energetisch instandgesetzte Immobilie erfreut sich bereits heute einer hohen Nachfrage. Mieter beziehen zunehmend den energetischen Zustand einer Immobilie in ihre Mietentscheidung mit ein. Energiesicherheit und ein niedriger CO2-Fußabdruck werden also immer mehr zum Must-have-Kriterium.

(Autor: Adalbert Pokorski, geschäftsführender Gesellschafter bei Greenwater Capital GmbH)













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