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06.02.2023 Historischer Fehlbestand: Wohnungsneubau in Deutschland bricht ein

Mit Blick auf den Wohnungsmarkt weisen die Indikatoren für den weiteren Verlauf von 2023 auf eine dramatische Situation hin. Demnach befindet sich der Wohnungsmarkt in Deutschland im Krisen-Modus. Es herrscht Wohnungsnotstand.

Drei Fakten verdeutlichen den aktuellen Zustand des Marktes:

1. Die erwachsene Bevölkerung nimmt weiter zu.

Eine Kombination aus erhöhter Zuwanderung, älter werdender Bevölkerung sowie Zunahme der Geburtenquoten deutet einen weiteren Zuwachs an. Die bereits in diesem Jahr verkündete Rekordzahl der Bevölkerung ist nicht das Ende des Trends. Erwartet wird ein weiteres Anwachsen bis auf 86 Mio. Menschen. Für den Wohnungsmarkt bedeutet dies in Verbindung mit einer Reduzierung der Haushaltsgrößen (Single-Haushalte) ein Wohnungsdefizit von insgesamt 700.000 Wohneinheiten. Ein weiterer, noch unberücksichtigter Aspekt, auf den wir in unseren vorherigen Newslettern schon mehrfach hingewiesen haben, ist das Alter des Wohnungsbestandes in Deutschland. Nahezu die Hälfte ist älter als 50 Jahre und mehr als 10 Prozent sind nicht sanierbar und müssen daher zusätzlich ersetzt werden.

2. Die Zahl der Baugenehmigungen geht um rund 16 Prozent zurück.

Die Zahlen des Statistische Bundesamtes zeigen, dass im November 2022 in Deutschland der Bau von 24.304 Wohnungen genehmigt wurde – 4716 beziehungsweise 16,3 Prozent weniger als im November 2021. Insgesamt wurden somit von Januar bis November 321.757 Baugenehmigungen erteilt – 5,7 Prozent beziehungsweise 19.280 weniger als im Vorjahreszeitraum (Januar bis November 2021: 341 037). Fertiggestellt wurden im Jahr 2022 nur ca. 250.000 Wohnungen. Nicht jede Baugenehmigung führt auch zu einer Umsetzung. Die Stornierungsquote ist jedenfalls 2022 angestiegen. Vor allem bei den Mega-/Großprojekten kam es seitens der „Big5“ zu erheblichen Stornierungen bzw. Anpassungen.

Von Januar bis November 2022 wurden außerdem insgesamt 276.474 Wohnungen in neu zu errichtenden Wohngebäuden genehmigt. Das ist ein Rückgang von 5,8 Prozent beziehungsweise 16.962 Wohnungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

3. Der Nachfragedruck hält an. 139 Anfragen auf eine Wohnung in Berlin

Wie stark die Nachfrage nach Wohnraum in Deutschland ist, zeigen die Inserate auf dem Internetportal ImmoScout24. Spitzenreiter ist dabei die Hauptstadt Berlin. Auf eine Anzeige melden sich durchschnittlich 139 Interessenten. In anderen Städten ist die Nachfrage nicht ganz so stark, aber immer noch hoch: In München sind 63 Anfragen pro Wohnungsinserat, in Köln 60, in Hamburg 56, in Düsseldorf 37 und in Frankfurt/Main 28. Dazu passen auch die Leerstandsraten in Deutschland.

Fazit

Das Defizit an verfügbarem Wohnraum hat sich über die letzten Jahre weiter aufgebaut. Fehlende Anreize für Neubauten, geringe verfügbare Grundstücksflächen und überlange Genehmigungszeiten haben neben der wachsenden Bevölkerung und der Reduktion bei den Haushaltsgrößen zu diesem Ungleichgewicht geführt. Preis- und Mietsteigerungen waren die Folge des vorherrschenden Mangels, der sich im Jahr 2022 und 2023 nicht abbauen wird. Hinzu kommen die energetischen Anforderungen an den Wohnungsmarkt. Dieser verändert auf der einen Seite das Nachfrageverhalten der Mieter und Käufer und verteuert auf der anderen Seite den Wohnungsbau durch Sanierungskosten bzw. Herstellungskosten. Die bisher getroffenen politischen/staatlichen Fördermaßnahmen sind ein Tropfen auf den heißen Stein.

Zur weiteren Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt erwarten wir – ähnlich wie die Verantwortlichen der Gutachterausschüsse – aufgrund der „Mangelsituation“ keinen Einbruch, sondern eine „Seitwärtsbewegung“ bei der weiteren Entwicklung der Wohnimmobilienpreise und steigende Mieten für Neubauwohnungen – auch für das Jahr 2024. Das mangelnde Angebot an verfügbarem, energieeffizientem Wohnraum bei stabiler bzw. steigender Nachfrage wird die Preisbildung dominieren. Das Gespenst mit dem Namen „Immobilienblase“ gehört für den Wohnimmobilienmarkt wieder zurück in die Schublade.

(Marktgeflüster by Michael Legnaro, AGORA Group)





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