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20.01.2023 Logistik Rhein-Main: Problem Flächenmangel, Mietanstieg erwartet

Für den Lager- und Logistikflächenmarkt im Rhein-Main-Gebiet ist das Jahr 2022 deutlich unterdurchschnittlich ausgefallen. Der in den vergangenen zwölf Monaten erzielte Flächenumsatz beläuft sich nach Analyse des Immobilienberatungsunternehmens NAI apollo auf 345.600 m². Damit wird der nun auf 620.500 m² gefallene 10-Jahresschnitt um über 44 Prozent unterschritten. Das Vorjahresergebnis, das mit 778.400 m² ein neuer Rekordflächenumsatz war, wird sogar um 55,6 Prozent verfehlt. Ein vergleichbar schwaches Jahresresultat ist zuletzt 2010 erfasst worden. Das vierte Quartal 2022 hat zum jetzigen Ergebnis rund 73.900 m² beigesteuert. Damit ist es nach dem Negativrekord der ersten drei Monate das zweitschwächste Quartal im Jahresverlauf.

Als Gründe hierfür lassen sich sowohl angebotsseitige als auch nachfragebezogene Faktoren identifizieren. „Nutzerseitiger Flächenbedarf ist weiterhin vorhanden. Allerdings ist das Stimmungsbild der hiesigen Wirtschaft durch die Folgen des Ukrainekriegs mit Inflations- und Zinsanstieg sowie Konjunkturrückgang eingetrübt. Nahezu alle Branchen, aus denen die großen Nachfrager nach Lager- und Logistikflächen stammen – von der Industrie über den Handel bis zur Verkehrswirtschaft –, sind betroffen und agieren zurückhaltender“, erläutert Dr. Marcel Crommen, Geschäftsführer von NAI apollo.

Allerdings gibt es Anzeichen für Verbesserungen. Neben dem erwarteten Aufbau neuer inländischer Produktions- und Lagerstätten zur Vermeidung erneuter Lieferkettenproblematiken ist auf die verbesserten Wirtschaftsaussichten hinzuweisen. In den kommenden Monaten ist zwar weiterhin mit einer Rezession zu rechnen. „Nach neuen Prognosen wird diese aber nicht so tief ausfallen, wie es vor wenigen Monaten noch angenommen wurde“, so Crommen. Angebotsseitig stellt im Rhein-Main-Gebiet unverändert das geringe bis gänzlich fehlende Flächenangebot die zentrale Marktbremse dar. „Hierauf wird bereits seit längerer Zeit hingewiesen. Allerdings haben in den Vorjahren einzelne sehr große Neubauprojekte, vor allem in den Außenbereichen des Marktgebietes, kurzfristig das Angebot erhöhen können, wodurch sich der Flächenmangel nicht richtig in den Umsatzzahlen widergespiegelte. Im abgelaufenen Jahr waren entsprechende Bauvorhaben seltener, infolgedessen sich Großabschlüsse auf wenige Fälle beschränkten“, so Stefan Weyrauch, Co-Head of Industrial and Logistics bei NAI apollo.

Großflächige Segmente mit klaren Umsatzrückgängen

Das großflächige Segment oberhalb der 10.000 m²-Marke ist dennoch auch 2022 das umsatzstärkste Flächencluster geblieben. „Absolut weist dieses im Vorjahresvergleich aber erhebliche Rückgänge auf. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Segment ‚5.000 m² bis 10.000 m²‘, während in den kleineren Flächenclustern nur geringere Abnahmen oder Zuwächse ermittelt werden konnten. So summiert sich der Flächenumsatz in den Segmenten unterhalb von 5.000 m² auf 187.500 m², womit es 3,2 Prozent über dem Vorjahreswert liegt. Oberhalb von 5.000 m² sind Verträge über 158.100 m² abgeschlossen worden. Dies sind 73,5 Prozent bzw. fast 440.000 m² weniger als 2021“, erläutert Dr. Konrad Kanzler, Head of Research bei NAI apollo.

Vor allem für das großflächige Segment haben Projektentwicklungen eine große Bedeutung, da die diesbezügliche Nachfrage in der Regel nicht durch den Bestand befriedigt werden kann. Der in Neubauprojekten erzielte Flächenumsatz, wozu sowohl Eigennutzerbaustarts als auch Anmietungen in Projektentwicklungen zählen, beläuft sich auf 84.400 m², was einem Marktanteil von 24,4 Prozent entspricht. „Die Marktanteile früherer Zeiten, die sich in den vorangegangenen fünf Jahren zwischen 36 Prozent und 52 Prozent beliefen, bleiben damit ebenso unerreicht wie die in diesen Jahren erzielten Umsätze von rund 184.000 m² bis 382.000 m². Hieran erkennt man deutlich das Problem des mangelnden Flächenangebots im Lager- und Logistikmarkt Rhein-Main, insbesondere im großflächigen Segment“, so Weyrauch. Mit Bestandsobjekten ist über alle Flächengrößen hinweg ein Flächenumsatz von 261.200 m² generiert worden. Im Vergleich zu den Vorjahren stellt dies ebenfalls einen klaren Rückgang dar, der aber zum Beispiel mit 29 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021 von 367.800 m² wesentlich geringer ausfällt als im Neubausegment (-70,6 Prozent).

Südlichen Teilmärkte wieder stärkste Teilbereiche

Der gesunkene Flächenumsatz in Projektierungen hat zu Verschiebungen bei der räumlichen Verteilung der Marktaktivitäten geführt. So konnten in den beiden Vorjahren die beiden östlichen Teilmärkte Nord-Ost und Ost infolge von großflächigen Neubauentwicklungen erhebliche Marktanteile gewinnen. Vergleichbare Vorhaben gab es hier 2022 nicht, so dass die südlichen Marktbereiche (Süd-West und Süd-Ost) mit 29,6 Prozent bzw. 23,5 Prozent nun wieder eine markdominierende Stellung wie in den Jahren vor 2020 eingenommen haben. „Allerdings wurden für den Süden genauso wie für alle anderen Teilbereiche des Gesamtmarktgebietes im Vorjahresvergleich deutliche Umsatzrückgänge verzeichnet, die im Süden nur etwas geringer ausgefallen sind. Auf Platz drei und vier folgen die beiden östlichen Teilmärkte Nord-Ost und Ost mit einem gemeinsamen Marktanteil von 32,9 Prozent. Dies entspricht einem Umsatz in Summe von rund 113.600 m², worunter mit der Anmietung einer knapp unter 40.000 m² großen Bestandsimmobilie durch B+S im interkommunalen Gewerbegebiet ‚Limes‘ auch der größte Abschluss des Jahres fällt“, so Kanzler.

Wichtigste Flächennachfrager 2022 sind die Transport-, Lager- und Logistikunternehmen, die am Jahresende mit 122.100 m² einen Umsatzanteil von 35,3 % erreichen. Es folgen mit 110.300 m² bzw. 31,9 Prozent der im Vorjahr erstplatzierte Handel sowie die Gruppe der Industrie und verarbeitenden Gewerbebetriebe mit rund 39.000 m² bzw. 11,2 Prozent. Im Vergleich zu 2021 weisen allerdings nahezu alle Branchen signifikante Abnahmen des generierten Flächenumsatzes auf.

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen entwickeln sich besser als erwartet

Der Ausblick auf die Entwicklung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fällt besser aus als noch vor wenigen Monaten. „Mit einem Plus von voraussichtlich 1,9 Prozent ist das BIP 2022 stärker angewachsen als zuletzt prognostiziert und für 2023 wird nur noch mit einem geringen Wirtschaftsrückgang gerechnet. Der Arbeitsmarkt erweist sich als stabil. Die Inflation ist zwar weiterhin hoch, hat zuletzt aber abgenommen. Dies wird den Handel, die Industrie und folglich das Lager- und Logistikgewerbe in den kommenden Monaten weiter stützen“, erläutert Crommen. Ohnehin ist es auf den Lager- und Logistikmärkten bislang nicht zu einem Nachfrageeinbruch gekommen. Der Flächenbedarf ist weiterhin hoch. Das zentrale Problem im Rhein-Main-Gebiet bleibt damit auch zukünftig der Mangel an anmietbaren Flächen, die den Nutzeransprüchen entsprechen. Dies betrifft vor allem das großflächige Flächencluster, aber auch bei mittleren und kleineren Flächengrößen ist das Angebot nahezu aufgebraucht.

„Besserung ist nicht in Sicht, auch weil Grundstücke, auf denen neue Projekte realisiert werden können bzw. die für solche geeignet sind, fehlen. Aktuelle spekulativ errichtete Bauvorhaben wie die Projekte „D-Port“ in Kelsterbach und „Holzpark“ in Hanau werden schnell vom Markt absorbiert und führen nicht wirklich zu einer Marktentspannung“, so Weyrauch. Dies birgt Potenzial für weitere Mietsteigerungen in den kommenden Monaten. „Am Jahresende 2022 beträgt die Spitzenmiete für Logistikflächen ab einer Fläche von 5.000 m² 7,30 Euro je m². Diese hat sich damit zuletzt zwar nicht verändert, liegt aber 50 Cent über dem Vorjahresniveau. Zudem ist eine erneute Verschiebung von Anmietungsaktivitäten in die Randbereiche des Marktgebietes sowie darüber hinaus, wo ein größeres Realisierungspotenzial für neue Vorhaben besteht, zu erwarten“, prognostiziert Kanzler.






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