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13.01.2023 Berlin: Neue Bepreisung von Gewerbeimmobilien ist im vollen Gange

Für das Jahr 2022 registrierte die international tätige Immobilienberatung Cushman & Wakefield (C&W) in Berlin gewerbliche Immobilientransaktionen mit einem Volumen von 8,54 Mrd. Euro. Das sind 24 Prozent weniger als im Vorjahr. Mit 2,62 Mrd. Euro war das 4. Quartal das umsatzstärkste – aber von Transaktionen geprägt, die nicht repräsentativ für das aktuelle Marktumfeld sind.

Großtransaktionen prägen Marktgeschehen

Trotz der multiplen Krisen war das Transaktionsvolumen im Jahr 2022 in Berlin hoch und wurde vor allem von Großtransaktionen über 100 Mio. Euro getrieben. Gleich 20 Objekte dieser Preisklasse wechselten den Eigentümer im Wert von zusammen 5,0 Mrd. Euro. Auf Portfolio-Transaktionen entfielen nur rund 1,5 Mrd. Euro beziehungsweise 17 Prozent des Gesamtvolumens.

Das hohe Transaktionsvolumen von 2,62 Mrd. Euro im 4. Quartal täuscht allerdings über die schwache On-Market-Aktivität hinweg. Alleine 545 Mio. Euro standen im Zusammenhang mit Off-Market-Deals, an denen das Land Berlin beteiligt war, darunter der Verkauf großer Flächen des Flughafens Tegel durch den Bund an das Land Berlin sowie der Kauf des Hamburger Bahnhofs und der Rieckhallen durch das Land.
Hinzu kamen Off-Market Deals zum Quartier „Heidestraße“, darunter die größte Transaktion des 4. Quartals über 3 Gebäude zu insgesamt 488 Mio. Euro und die Weitergabe des „QH Spring“ von Vivion an Imfarr. Letzteres war erst ein Quartal zuvor von Aggregate an Vivion veräußert worden, um noch bestehende Verpflichtungen gegenüber dem Unternehmen aufzulösen.

Core-Immobilien weiter top, aber Umsatzanteil geht zurück

Core-Immobilien waren mit 30 Prozent wieder das umsatzstärkste Segment, auch wenn dessen Anteil im Vorjahresvergleich um 13 Prozentpunkte gesunken ist. Value-add-Objekte kamen auf einen Umsatzanteil von 24 Prozent, gefolgt von Opportunistic und Core+ mit jeweils 20 Prozent. Das hohe Volumen von Opportunistic-Objekten ist mit dem regen Handel mit Grundstücken zu erklären. Unterstützend wirkte hier, dass die Verkäufer durch starke Wertsteigerungen der letzten Jahre genug Spielraum für Preisabschläge hatten und sich die Preisfindung dadurch einfacher gestaltete.

Anstieg der Bürospitzenrendite beschleunigt sich im 4. Quartal

Aufgrund der drastischen Veränderungen am Zinsmarkt stieg die Bürospitzenrendite im Laufe des Jahres 2022 um 100 Basispunkte und liegt jetzt bei 3,60 Prozent. Der Anstieg beschleunigte sich im 4. Quartal mit einem Zuwachs um 40 Basispunkte im Vergleich zum Vorquartal.

Bleiben die Renditen von Staatsanleihen auf dem aktuellen Niveau oder steigen sie noch weiter, so sind Spitzenrenditen von 4,00 Prozent im Jahr 2023 denkbar. Der Spread von Bürospitzenrendite zur Rendite der 10-jährigen deutschen Staatsanleihe liegt bei nur 130 Basispunkten. Ein derart niedriges Niveau der Risikoprämie findet sich so nur in turbulenten Marktzeiten, wie zuletzt in 2008 und Anfang der 2000er Jahre.

Aufgelöst wurde diese Situation historisch immer durch eine weitere Steigerung der Bürospitzenrendite und/oder eine Komprimierung der Renditen von Staatsanleihen.
Die Spitzenrendite für Logistikimmobilien stieg ebenfalls deutlich und beträgt jetzt 4,00 Prozent, was 40 Basispunkte mehr sind als im Vorquartal. Damit befindet sich die Spitzenrendite auch dieser Assetklasse 100 Basispunkte über dem Niveau von Ende 2021. Bei innerstädtischen Geschäftshäusern in 1A-Lagen fiel der Anstieg geringer aus. Die Spitzenrendite liegt hier mit 3,50 Prozent nur 10 Basispunkte über dem Vorquartal und 15 Basispunkte über dem Wert aus dem 4. Quartal 2021.

Nur mischgenutzte Immobilien mit höherem Transaktionsvolumen

Mit 3,29 Mrd. Euro und einem Anteil von 38 Prozent am Gesamttransaktionsvolumen waren Büroimmobilien weniger dominant als im Vorjahr (45 Prozent). Sieben Transaktionen lagen über der 100-Millionen-Euro-Marke, wobei keine dieser Transaktionen im 4. Quartal stattfand. In den letzten drei Monaten des Jahres wurden Büroobjekte im Wert von nur knapp 400 Mio. Euro gehandelt.

Mischgenutzte Immobilien erzielten ein hohes Volumen von 2,6 Mrd. Euro und damit sogar 17 Prozent mehr als im Vorjahr. Die größten Transaktionen des Jahres fallen in diese Kategorie: der Verkauf von 50 Prozent des „Sony Centers“ für 677 Mio. Euro aus dem 2. Quartal an Norges und mehrere Verkäufe von Gebäudeteilen des Quartiers „Heidestraße“.

Gewerbliche Grundstücke erzielten ein relativ hohes Transaktionsvolumen von gut 1,2 Mrd. Euro, auch wenn dieses 15 Prozent geringer ausfiel als im Jahr 2021. Logistik- und Industrieimmobilien kamen mit 490 Mio. Euro und 6 Prozent Umsatzanteil auf geringere Werte als im Vorjahr (850 Mio. Euro, 8 Prozent). Auch Handelsimmobilien verloren mit 280 Mio. Euro und 3 Prozent Umsatzanteil im Vergleich zu 2021 an Transaktionsvolumen (550 Mio. Euro und 5 Prozent).

Internationale Investoren zurückhaltender und inländische durch Forward-Deals gehandicapt

C&W erwartet für den Beginn des Jahres wenig Transaktionstätigkeit. Erstens ist kurzfristig keine ausreichende Änderung bei Büro- oder Staatsanleiherenditen zu erwarten, welche die Preisfindung vereinfachen würde. Zudem sehen internationale Investoren den deutschen Immobilienmarkt zunehmend risikobehafteter. Ohne eine Entschärfung der Probleme am Energiemarkt wird sich daran nichts ändern.
Clemens von Arnim, Head of Capital Markets Berlin bei Cushman & Wakefield, erklärt: „Hinzu kommt, dass auch einige inländische Investoren als Nachfrager für Berlin wegfallen, weil sie in den letzten Jahren viele Forward-Deals abgeschlossen haben, die noch nicht mit Krediten abgesichert worden sind. Durch die gestiegenen Finanzierungszinsen müssen diese Investoren nun deutlich mehr Eigenkapital hinterlegen, um ihre angestrebten Renditen zu erzielen. Das ist Eigenkapital, welches für neue Ankäufe fehlt.“

Ändert sich an diesen Variablen bis zur Jahreshälfte nichts grundlegend, wird das Transaktionsvolumen in 2023 gegenüber 2022 deutlich zurückgehen.






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