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07.11.2022 Digitalisierung Bauwirtschaft: Change Management verzweifelt gesucht

Inpera-CEO Richard Liehmann. Foto: Frank Schütze / priori relations
Viele traditionelle Branchen verlassen sich in ihrem täglichen Handeln mehr auf die Erfahrungen aus der Vergangenheit als auf die Chancen für die Zukunft. Die Bauwirtschaft ist da keine Ausnahme. Ganz im Gegenteil! Hat sie sich doch in den letzten 100 Jahren kaum verändert. Die Menschen, die in ihr Arbeiten sind stark in das Tagesgeschäft eingebunden und mit der Bewältigung alltäglicher Herausforderungen beschäftigt. Zukunftsstrategien entstehen so - auch aufgrund nicht vorhandener verlässlicher Daten - nicht.

Die meisten Unternehmen wuchsen so von kleinen Firmen zu großen Konzernen heran. Da die Produkte aus der Bauindustrie - die Gebäude - Jahrzehnte überdauern mussten, gab es hier auch keine bahnbrechenden Revolutionen. Eine Immobilie besteht im Wesentlichen aus Stein, Holz und Metall. Sie werden immer von Grund auf neu entworfen. Wenn man so will, sind lediglich die in Serie geplanten und gefertigten “Plattenbauten” ein Meilenstein in dieser Entwicklung.

Aufgrund des hohen Gewichts der Marktprodukte setzen die Unternehmen in der Regel auf lokale und regionale Lieferanten. Dadurch entsteht ein sehr heterogenes Unternehmens- und Lieferantennetzwerk. Die mündlichen Vereinbarungen und das persönliche Vertrauen sind seit jeher die Schlüsselfaktoren für die Geschäftsabwicklung. Hinzu kommt, dass aufgrund guter Nachfrage seitens öffentlicher und privater Auftraggeber schlichtweg kein Bedarf für große Prozessveränderungen bestand. Dies gilt in vielen Bereichen auch heute noch. Aber die heutigen Umstände wie Umweltveränderungen, das Bedürfnis nach Nachhaltigkeit und der zunehmende Wettbewerb durch international agierende Konzerne verändern dieses Geschäftsfeld für die Branche rasant.

Wer in Zukunft erfolgreich sein will, muss sich wandeln, neue Methoden entdecken, sich selbst neu organisieren.

Aber in unseren Gesprächen mit Generalunternehmern, Projektentwicklern, Nachunternehmern, Händlern und Herstellern finden wir bislang mehrheitlich eins: Verweigerung, oder sollte ich sagen Verzweiflung!

Viele Unternehmen schrecken vor der Digitalisierung der Bauwirtschaft zurück. Sie fürchten sich davor, etablierte Wege zu verlassen, Althergebrachtes neu zu denken und vor allem Mitarbeiter und Kunden mit auf die Reise zu nehmen. Sie wissen schlichtweg nicht, wie Veränderungen zu managen sind. Kenntnisse im Change Management sind daher dringend benötigt.

Dabei ist dieser Prozess gar nicht so schwer und sollte eigentlich zum Handwerk jeder Führungskraft gehören. Die Realität sieht bisweilen anders aus. Aus diesem Grund erlaube ich mir einen kurzen Exkurs in die Grundlagen von Change Management. Vereinfacht gesagt, lässt sich dieser Prozess nämlich in vier Hauptphasen unterteilen: Vorbereitungsphase, Planungsphase, Ausführungsphase und unterstützende Maßnahmen.

Untersetzt man diese vier Schritte in seinem Unternehmen mit konkreten Handlungen, bekommt man sehr schnell einen beherrschbaren Handlungsleitfaden. Bereits die zu Beginn vorgesehene Analyse des Ist-Zustands liefert oftmals nicht nur erstaunliche Erkenntnisse, sondern nimmt die Mitarbeiter vom Start weg mit auf die Reise. Zur Wahrheit gehört: Während sich der Planungsprozess unter anderem durch BIM bereits im digitalen Wandel befindet, sieht es in der Beschaffung mehrheitlich analog aus. Und nein: Handyanrufe, PDFs per Mail versenden oder auch Absprachen per Whatsapp sind noch keine Digitalisierung.

Wer der oftmals bitteren Realität ins Auge gesehen hat, sollte sich im Anschluss mit der Definition des gewünschten Zustands beschäftigen. Wie sieht ein vollkommen digitaler Prozess im Unternehmen aus? Welche Vorteile bringt er? Wo ist er der bisherigen Lösung überlegen? All diese Fragen gilt es gemeinsam zu beantworten und durch permanentes Feedback weiter zu verfeinern.

Im Anschluss macht man sich daran, auftretende Barrieren zu erkennen und zu beseitigen. Dies ist wichtig, damit in der Ausführungsphase keine unerwarteten Probleme auftreten. Andernfalls sinkt die Akzeptanz bei Mitarbeitern und Partnern.

Dies muss verhindert werden, damit die Ausführungsphase gelingen kann. Während des Übergangs vom alten analogen Weg in die digitale Zukunft muss vor allem die erhöhte Belastung der Mitarbeiter gut gemanaged werden. Daher sind die wichtigsten Disziplinen im kompletten Change Management eine gute Kommunikation und ehrliches Erwartungsmanagement. Diese Fähigkeit sollte jede moderne Führungskraft von Haus aus mitbringen.

Wie lautet also das Fazit? Change Management ist keine Raketenwissenschaft, sondern ein erlernbares Handwerk. Es wird benötigt, um die Digitalisierung in der Baubranche zu meistern. Denn wer im Geschäft bleiben will, muss sich wandeln.

Die gute Nachricht für die Branche ist: Die Veränderung wird passieren. Mit dir oder ohne dich.

(Kommentar von Richard Liehmann, CEO des jungen Berliner Startups Inpera)





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