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02.09.2022 Zertifizierter Verwalter erst ab 2023? – Das sollten Eigentümer wissen

Die Bestellung eines zertifizierten Verwalters – dieser Anspruch aus dem Wohnungseigentumsgesetz sollte am 01.12.2022 in Kraft treten. Nun soll der Anspruch erst ein Jahr später ab 01.12.2023 entstehen, da die Industrie- und Handelskammern (IHKs) nicht genügend Prüfungskapazitäten haben, um die Zertifizierung abzunehmen. Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) schätzt die Praxisrelevanz der Zertifizierung für Wohnungseigentümer bei der Verwaltersuche gering ein und fordert auf, die Zeit der Verschiebung für Nachbesserungen zu nutzen. Da der Anspruch aber absehbar in Kraft tritt, informiert WiE, ab wann und von wem er überhaupt geltend gemacht werden kann.

Schon bei der Diskussion zur Zertifizierungsverordnung hat WiE deutlich gemacht: eine Zertifizierung von Verwaltungen wird zwar begrüßt, jedoch sagt die sich gerade in der Umsetzung befindliche Zertifizierungs-Prüfung nach Auffassung von WiE wenig über die tatsächliche Fachkompetenz eines Verwalters aus.

Umfang der Prüfung und Relevanz für die Verwalterauswahl

Wer die Zertifizierung erlangen will, muss eine Prüfung bei einer IHK ablegen, die aus einer 90-minütigen schriftlichen und einer 15-minütigen mündlichen Prüfung besteht. Um die Prüfung ablegen zu können, sind Vorbereitungskurse oder praktische Erfahrung aber nicht verpflichtend. Sie kann beliebig oft wiederholt werden und Noten werden nicht vergeben – die Prüfung wird entweder bestanden oder nicht. „Rückschlüsse auf Erfahrung, Qualität, Engagement und Umgang im „Tagesgeschäft“ der WEG-Verwaltung lassen sich daraus nicht ziehen. Erst recht lassen sich damit keine Vergleiche zwischen Verwaltungen anstellen“, sagt Michael Nack, Rechtsreferent bei WiE. „Eine individuelle Prüfung, welche Verwaltung für ihre WEG am besten geeignet ist, ist daher unerlässlich. Auf die Zertifizierung als alleiniges Qualitätskriterium sollten Wohnungseigentümer sich nicht verlassen.“

Hinzu kommt, dass einige Berufsgruppen generell von der Zertifizierungsprüfung ausgenommen sind: Volljuristen, Immobilienkaufleute, Kaufleute in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, geprüfte Immobilienfachwirte oder Hochschulabsolventen mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt. Sie gelten mit ihren Studien- bzw. Berufsabschlüssen automatisch – auch ohne Praxisnachweis und ohne Prüfung - als zertifizierte Verwalter.

Was gilt vor und was nach dem 01.12.2022 bzw. 01.12.2023?

Verschiebt sich – wie im Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums geplant – die Frist nach hinten, können Verwaltungen bis zum 01.12.2023 (davor 01.12.2022) auch ohne Zertifizierung neu oder wieder bestellt werden.

Nach Ablauf der Frist 01.12.2022 bzw. 01.12.2023 besteht dann bei Neu- und Wiederbestellungen von Verwaltungen ein Rechtsanspruch der einzelnen Wohnungseigentümer auf einen zertifizierten Verwalter. Das ist aber kein Automatismus. „Dieser Anspruch muss erst geltend gemacht werden. Das Recht dazu hat jeder Wohnungseigentümer in WEGs mit mehr als acht Sondereigentumsrechten. Für WEGs mit acht oder weniger Sondereigentumsrechten gilt: Hier muss mindestens ein Drittel der Eigentümer dies verlangen“, so Michael Nack. „Wird trotzdem ein nicht-zertifizierter Verwalter bestellt, ist der Beschluss anfechtbar. Denn er verstößt gegen die ordnungsmäßige Verwaltung. Wird der Beschluss aber nicht angefochten, wird er bestandskräftig.“

Der Anspruch auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters lebt dann erst wieder auf, wenn über die Bestellung erneut zu beschließen ist, also nach Ablauf der beschlossenen Bestellungsfrist oder der Höchstbestellungsfrist.

Ausnahme: „Alte-Hasen-Regelung“ bis 31.05.2024

Ein Verwalter, der schon vor dem 01.12.2020 für eine WEG als Verwalter bestellt war, gilt bis zum 31.05.2024 gegenüber dieser WEG als zertifiziert (Übergangsfrist). Gilt er als zertifiziert, entspricht seine Bestellung ordnungsmäßiger Verwaltung. Für diese schon länger für die WEGs tätigen „alten Hasen“ gilt also als entscheidendes Datum dafür, ob ihre Bestellung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht oder nicht, nicht der 01.12.2023, sondern der 01.06.2024. Dieses Datum wird auch im Referentenentwurf nicht verlängert.

Keine Bedenken gegen die Verschiebung, aber Zeit für Nachbesserung nutzen
Bezüglich der Verschiebung der Übergangsfrist auf den 01.12.2023 sieht WiE keine Bedenken. Reichen die Prüfungskapazitäten der IHKs nicht, um den Anspruch der Eigentümer auf die Bestellung zertifizierter Verwalter umzusetzen, ist eine Anpassung der Übergangsfrist sinnvoll. Ansonsten besteht das Risiko, dass WEGs sich einem Anspruch der Eigentümer ausgesetzt sehen, den sie mangels einer Auswahl zertifizierter Verwalter nicht erfüllen können.

Jedoch sollte die Zeit für Nachbesserungen genutzt werden, damit Wohnungseigentümer als Verbraucher dieses Zertifikat und die Gleichstellung bestimmter Berufsgruppen als eine Art Qualitätssiegel betrachten können.

„Voraussetzung für die Zertifizierung beziehungsweise die Gleichstellung mit einer solchen, sollte zum Beispiel der Nachweis eines Mindestmaßes an Praxiserfahrung sein. Außerdem sollte die Prüfung ihren Schwerpunkt auf Handlungskompetenz legen und weniger der Wissensabfrage dienen“ sagt Nack. „Das Ziel von WiE ist weiterhin ein anerkannter Ausbildungsberuf ‚Wohnungseigentumsverwalter/in‘. Nur eine mehrjährige Ausbildung kann wirklich zu einer nachhaltigen, durchgängigen und zukunftsorientierten WEG-Verwaltung qualifizieren“. Nachbesserungen und Ergänzungen am Entwurf der Zertifizierungsverordnung hatte WiE bereits im vergangenen Jahr gefordert.







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