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22.08.2022 Inflation frisst sich in die Breite

Nicht nur die hohen Energiepreise oder gestörte Lieferketten sind für die hohen Inflationsraten verantwortlich. „Die Inflation hat sich zunehmend in die Breite gefressen“, sagt Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH. „Ein wesentlicher Teil des Preisauftriebs stammt mittlerweile aus dem Servicesektor.“ Damit werde es unwahrscheinlicher, dass die Inflation so schnell nachlasse, wie die Märkte das derzeit erwarten.

Die Inflationsrate in den USA hat gerade positiv überrascht, weil die Preise nur mit 8,5 Prozent statt 9,1 Prozent gestiegen sind. „Die Märkte feiern es schon als Trendwende“, sagt Bente. „Die Frage ist, ob das wirklich eine Trendwende sein kann, die zu so einer nachhaltigen Entspannung führt, dass sich dann auch die Fed wieder entspannen kann.“ Erst dann besteht auch die Chance, dass das Thema Rezession mit Bärenmarkt vom Tisch kommt.

Es ist zwar richtig, dass es in einigen Bereichen offenbar eine nachhaltigere Entspannung zu geben scheint, beispielsweise bei den Energiepreisen. „Daneben gibt es aber auch andere Bereiche, in denen inzwischen erkennbar ist, dass der initiale Inflationsschock sich zunehmend in die Breite hineingefressen hat.“ So ist die Kerninflationsrate in den USA nicht sehr stark gesunken. Es ist inzwischen erkennbar, dass ein wesentlicher Teil des Preisauftriebs in den USA aus dem Servicesektor kommt. Also aus einem Bereich, in dem weder eine besonders hohe Energie- noch eine besonders hohe Lieferkettenabhängigkeit besteht.

„Die Inflation im Dienstleistungssektor ist klassischerweise strukturellerer Natur und wird nicht von singulären und temporären Faktoren getrieben“, sagt Bente. Auch der Bereich Mieten hat einen wesentlichen Beitrag geliefert – nicht zum ersten Mal. Auch hier ist tendenziell eher ein struktureller Faktor zu sehen, der jedenfalls nicht von den Themen Energiepreis, geopolitische Krisen oder Lieferkettenproblemen unmittelbar abhängig ist. „Insofern sind Fragezeichen zu setzen, ob die Märkte gerade recht haben, die jetzt schon die große Trendwende hin zur Inflationsentspannung, damit Fed-Entspannung, damit Entspannung der Rezessionsgefahr spielen“, sagt Bente.

Doch auch wenn es wegen der Zusammensetzung der Inflation eher unwahrscheinlich ist, dass jetzt bereits die endgültige Entspannung da ist, ist doch klar, dass sie einmal kommen wird. „Einen Rückgang der Inflationsraten sehen wir bei einem so wahnsinnigen Preisauftrieb, wie wir ihn vorher gesehen haben, allein schon wegen der Basiseffekte“, so Bente. „Doch eine rein temporäre Entspannung wird nicht reichen für einen nachhaltigen Aktienmarktaufschwung.“ Um die Rezessionsgefahr nachhaltig zu bannen, braucht es einen wirklichen, strukturellen Rückgang.

Vielleicht sehen die Märkte aber auch einen tatsächlichen Trendwechsel: „Die Inflationserwartungen laufen den Inflationsraten meist voraus und möglicherweise sehen die Märkte da deutlichere Rückgänge, als es anhand der reinen Daten zu sehen ist“, sagt Bente. Dann wäre es möglich, dass dies bereits ein nachhaltiger Trendwechsel ist und nicht nur ein Zwischenhoch. Wenn zeitversetzt in anderen Bereichen wie Mieten und Service auch Inflationsrückgänge kommen, dann besteht auch die Chance, dass das nachträglich die positive Aktienmarktreaktion rechtfertigt.








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