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27.05.2022 Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz ist ungeeignet

Der jüngst vorgelegte Entwurf eines „Gesetzes zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten“ sieht vor, dass Vermieter, je nach „Kohlendioxidausstoß des Gebäudes“, bis zu 90 Prozent der CO2-Steuer, die Mieter für ihren Energieverbrauch zahlen müssen, übernehmen sollen. Damit sollen Mieter finanziell entlastet werden. Zugleich soll ein Anreiz geschaffen werden, dass Hauseigentümer ihre Gebäude energetisch modernisieren. Wissenschaftliche Erkenntnisse weisen jedoch darauf hin, dass das Gesetzesvorhaben auf unrealistischen Annahmen beruht und seine Ziele nicht erreichen wird.

Die CO2-Steuer ist eine Abgabe, die eingeführt wurde, um Kohlendioxidemissionen finanziell zu belasten. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, den Kohlendioxidausstoß zu reduzieren. Zugleich soll die Steuer Geld in die Staatskasse spülen, um z.B. erneuerbare Energien zu fördern. Bei dem Kohlendioxidausstoß von Heizungen und Warmwassererzeugung stellt sich allerdings die Frage, wer überhaupt dafür verantwortlich ist, wie viel Kohlendioxid freigesetzt wird.

Die Schlüsselkategorie des Gesetzentwurfs ist der „Kohlendioxidausstoß eines Gebäudes“ (§ 1 Satz 1). Dass ein Gebäude einen Kohlendioxidausstoß aufweist, ist jedoch „ein ingenieurtechnisches Konstrukt, das auf einem logischen Fehler“ beruht. Ein Gebäude kann gar kein Kohlendioxid ausstoßen, das Kohlendioxid wird vielmehr beim Heizen erzeugt. Und das Heizen ist ein Vorgang, der durch die Nutzer eines Gebäudes veranlasst wird, indem sie die Heizung an- und abschalten, eine höhere oder niedrigere Temperatur wählen.

Zwar hat auch das Gebäude, insbesondere seine Dämmung, aber auch die Lage der Wohnung im Gebäude, einen Einfluss auf die Energiemenge, die nötig ist, um eine bestimmte Temperatur zu erreichen, aber es ist der Nutzer, der darüber entscheidet, ob er sein Wohnzimmer auf 18 Grad oder 24 Grad erwärmt. Der Unterschied macht allein satte 36 Prozent des Energieverbrauchs und damit auch des Kohlendioxidausstoßes aus. Neben der Wahl der Raumtemperatur bilden auch die Zeiten, an denen geheizt wird (z.B. Nachtabsenkung, Absenkung bei Abwesenheit), sowie das Lüftungsverhalten Parameter des Nutzungsverhaltens.

Die wissenschaftliche Forschung hat bereits vor Jahren aufgezeigt, dass die errechneten Energiebedarfe von Gebäuden sehr stark von den tatsächlichen Energieverbräuchen abweichen. Eine Studie der TU Dresden, die Messdaten von 3,3 Millionen Wohneinheiten auswertete, ergab, dass der tatsächliche Energieverbrauch in identischen Wohnungen bei einem verschwenderischen Nutzungsverhalten (Tag und Nacht hohe Raumtemperatur, langes Lüften) bis zu 4,5-mal höher ist wie bei einem sparsamen Verhalten (niedrige Raumtemperatur, vorübergehendes Absenken der Temperatur, kurzes Lüften).

Dabei hat sich ein klarer Zusammenhang ergeben: In neuen, gut gedämmten Gebäuden ist der tatsächliche Energieverbrauch bzw. Kohlendioxidausstoß höher als errechnet, während er in älteren, schlecht gedämmten Gebäuden tatsächlich niedriger ist, als es die Modelle unterstellen. Damit beruht der gesamte Gesetzentwurf auf einem grob fehlerhaften Konstrukt. Außerdem hat die Studie aufgezeigt, dass der durch den Warmwasserverbrauch bedingte Energieverbrauch überhaupt nichts mit der Dämmung des Gebäudes zu tun hat.

Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien: „Wenn der Gesetzentwurf beschlossen wird, dann soll der Vermieter dafür bezahlen, wenn der Mieter Energie verschwendet. Das verringert den Anreiz für den Mieter, Kohlendioxid zu vermeiden, und erreicht das Gegenteil von Klimaschutz.“

Mit der Beteiligung der Vermieter an der CO2-Steuer für Heizung und Warmwasser soll ein Anreiz für Vermieter geschaffen werden, ihre Wohnungen zu modernisieren. Auch dieses Ziel geht an der Realität der Wohnungswirtschaft vorbei. Eine aktuelle Umfrage des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) hat ergeben, dass 80 Prozent der Mitgliedsunternehmen (zum größten Teil kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften) soeben ihre Modernisierungspläne auf Eis gelegt oder sogar ganz aufgegeben haben, weil diese durch Baukostensteigerungen von über 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr in Verbindung mit einer Verdreifachung des Zinssatzes für Baugeld nicht mehr wirtschaftlich sind. Zudem führen die Verschärfungen der energetischen Anforderungen an die Modernisierung dazu, dass die Kosten noch stärker steigen.

Dr. Wulff Aengevelt: „Das Resultat der Politik der Ampelkoalition ist, dass jetzt fast überhaupt nicht mehr modernisiert wird. Das ist für den Klimaschutz schlechter, als wenn Modernisierungen zugelassen würden, die mit (zunächst) geringeren Anforderungen und entsprechend niedrigeren Kosten verbunden wären. Und auch die Beschränkung der Neubauförderung auf KfW-40-Häuser ist Unsinn, weil die errechneten Energieverbrauchswerte dieser supergedämmten Häuser in der Praxis gar nicht erreicht werden, weil man den Menschen nicht verbieten kann, gelegentlich zu lüften und ihre Eingangstür zu benutzen.“

Aengevelt sieht den Gesetzentwurf insgesamt als ein untaugliches Instrument an, den Klimaschutz im Wohngebäudebestand voranzubringen, weil er auf wissenschaftlich längst widerlegten Voraussetzungen beruht, das Verhalten der Menschen nicht berücksichtigt und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ignoriert. Die Forscher sehen den Gesetzentwurf hauptsächlich politisch motiviert, damit die Koalitionsparteien zeigen können, dass sie den Mietern „etwas Gutes tun“, indem sie eine Steuer, die für deren Energieverbrauch anfällt, zumindest teilweise bis nahezu gänzlich auf die Vermieter abwälzen. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass ältere und schlecht/er gedämmte Wohnungen günstigere Mieten aufweisen und dass Mieter somit die Wahl haben, in einer teuren Wohnung mit niedrigeren Heizkosten oder einer preiswerteren Wohnung mit höheren Heizkosten zu leben. Wählen sie die schlechter gedämmte Wohnung, haben sie die Möglichkeit, durch intelligentes Nutzungsverhalten die Heizkosten dennoch zu beeinflussen und niedriger zu halten. Diese Möglichkeit wird nach den vorliegenden wissenschaftlichen Studien auch in großem Umfang genutzt.

Dr. Wulff Aengevelt: „Wenn man die politischen Kommentare und Begründungen zum Entwurf des Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetzes liest, gewinnt man den Eindruck, als ginge es der Ampelkoalition in erster Linie darum, die ‚Vermietenden‘, wie es im Regierungsjargon heißt, zu belasten. Aber wer soll denn die Wohnungsnot vor allem in zahlreichen Ballungsräumen und Wachstumsregionen beseitigen und klimafreundliche Wohnungen zu bezahlbaren Mieten schaffen, wenn nicht die Haus- und Wohnungseigentümer und bislang noch immobilienaffine Investoren?“









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