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04.05.2022 Wie viele Wolkenkratzer braucht München?

Dominik Brambring. Quelle: PGIM Real Estate
Münchens Popularität ist gestiegen. Unternehmen, Studenten, Investoren und Touristen aus aller Welt geben der Stadt wichtige Impulse und haben dazu beigetragen, dass München heute eine der internationalsten Städte Deutschlands ist. Das Ergebnis: Die Isarmetropole ist eines der führenden europäischen Urban Hubs, also eine Erfolgsstory aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, die auch im internationalen Vergleich hervorsticht. Leerstehende Geschäfte und Bürohäuser erwiesen sich an der Isar als ein eher vorübergehendes Phänomen. Entgegen vieler Prognosen hat die Münchner Fußgängerzone nichts an Attraktivität eingebüßt.

Bezahlbarer Wohnraum bleibt größte Herausforderung

Große Traditionshäuser wie Hirmer oder Dallmayr erwiesen sich als starker Umsatzmotor. Zuletzt hatte LEGO angekündigt, in der Münchner Innenstadt Deutschlands größten Legostore zu eröffnen. Hinzu kommt die Gastronomie etwa rund um den Viktualienmarkt. Neben Hightech, Forschung, Industrie und Medien hat sich München auch zu einem bedeutenden Finanzplatz entwickelt und ist aufgrund seiner Nähe zu Großunternehmen und des hohen Einkommensniveaus vor allem relevant für Private Banking, Private Equity und Venture Capital sowie für Versicherungsgesellschaften, darunter große Rückversicherer. München ruht sich aber nicht auf dem bereits Erreichten aus.

Das Bayerische Staatsministerium hat vor einigen Jahren die Bayernmetropole zum InsurTech Hub erklärt und will damit die Brücke von der beheimateten Versicherungswirtschaft zur FinTech-Szene schlagen und dabei mit seinen Standortvorteilen punkten. Die Idee ist die Schaffung eines Ökosystems aus Versicherungs- und branchenübergreifenden Partnern, Start-Ups, Investoren, Universitäten, Forschungseinrichtungen und Experten aus der Praxis. Dabei soll Innovationen gefördert und Mehrwerte geschaffen werden. Um diesen Vorsprung weiter auszubauen, hat die Stadt München und der Freistaat Bayern in den vergangenen Jahrzehnten hohe Summen in Infrastruktur für Verkehr und Sicherheit investiert. Investitionsziele waren vor allem der Ausbau der Kommunikationsnetze und des ÖPNV. Klar ist ebenso: Hier muss München auch weiterhin investieren.

Die größte Herausforderung bleibt wie bei allen Wachstumsmetropolen die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Singles und Paare ohne Kinder mögen noch kleine, bezahlbare Apartments finden. Doch sobald es in die Familienplanung geht, wird mehr Platz benötigt, was die Wohnkosten in die Höhe treibt. Das soll laut einem Beschluss der rot-grünen Rathausmehrheit im vergangenen Jahr dank einer Reform der „Sozialgerechten Bodennutzung (SoBoN) gelingen. Noch ist es jedoch zu früh, um die Wirksamkeit dieser Impulse zu bewerten.

Wachstumsregionen Umland, Sektorcluster – und der Himmel

Klar ist: Um die Nachfrage nach Wohnraum zu stillen, muss München wachsen – aber wohin? Eine Ausweitung der von Gewerbe oder Wohnen genutzten Flächen auf dem Stadtgebiet ist kaum noch möglich. Attraktive Freiflächen gibt es nur im Osten und Westen – zumindest, wenn neue Entwicklungen auch über die bestehende Stammstrecke an den ÖPNV angeschlossen werden sollen. Das knappe Angebot treibt wie in anderen Metropolen Mieten und Immobilienpreise nach oben. Um vorhandene Flächen konkurrieren die verschiedenen Nutzungsarten Wohnen, Logistik und Büro. Sollte diese Konkurrenz nicht für alle Beteiligten zufriedenstellend gelöst werden, kommt es zwangsläufig zu Abwanderungsbewegungen. Eine Möglichkeit, innerhalb der Stadtgrenzen zu wachsen, ist die Aufwertung von zuvor weniger beachteten Gegenden. So hat sich zum Beispiel im westlichen Stadtteil Pasing rund um den Bahnhof ein lebendiger Distrikt herausgebildet, in dem sich hochwertige Büros, Wohnungen und Einkaufsmöglichkeiten befinden. Für eine spürbare Entlastung der Innenstadt können auch Sektorcluster und Bürostädte sorgen. In München gelang das zum Beispiel mit dem Werksviertel am Ostbahnhof.

Mindestens ebenso wichtig ist ein Blick auf das Umland, also der Metropolregion München, die ein essenzieller Bestandteil der Wachstumsperspektiven der Bayernmetropole ist. Dessen Attraktivität hängt jedoch vor allem von der Erreichbarkeit und einer Verbesserung der gesamten Infrastruktur ab. Pendler kommen heute schon zu Zehntausenden aus mehr als 100 Kilometer entfernten Städten. Die Anbindung der Pendlergemeinden muss daher dringend besser werden. Neben einer besseren Vernetzung Münchens mit seinem Umland, einer Nachverdichtung und der Entwicklung von alternativen Zentren neben der Innenstadt gibt es nur noch eine weitere Wachstumsperspektive: nach oben. München hat verstanden, dass die Stadt verstärkt in die Höhe wachsen muss, um Fläche zu schaffen. In den vergangenen Jahren war dieser Blick nach oben eher tabuisiert. 2004 votierten die Münchener noch für eine Regel, dass kein Gebäude die Türme der Frauenkirche überragen soll. Doch diese Entscheidung führte zu einer weiteren Flächenverknappung und Verteuerung von Immobilien- und Mietpreisen.

Erste Leuchtturmprojekte sind bereits entstanden

Inzwischen denken viele Münchener daher anders darüber und lassen mehr Spielräume für Leuchtturmprojekte wie der geplante Neubau von zwei Türmen auf dem Areal der Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke, drei S-Bahn-Stationen westlich des Hauptbahnhofs. Dieser soll Platz für 1.100 Wohnungen und 3.000 Arbeitsplätzen bieten. Hochhauspläne wie diese schaffen neue Büroflächen und nehmen damit den Druck auf die klassischen Zentrallagen innerhalb des Mittleren Rings, wo wiederum bestehende Flächen in andere Nutzungen umgewandelt werden können. München hat sich zu Deutschlands wichtigstem Wirtschaftszentrum und zu einer der bedeutendsten europäischen Metropolen entwickelt. Um diese Stellung auch in Zukunft zu behaupten, ist es auch weiter wichtig, die Weichen richtig zu stellen, um die Brücke zwischen Tradition und Moderne zu festigen.

(Kommentar von Dominik Brambring, Head of Germany, Austria, Netherlands bei PGIM Real Estate)









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