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23.03.2022 Mietenregulierung kann Ungleichheit senken, hat aber einen Preis

Mietpreiskontrollen reduzieren kurzfristig ökonomische Ungleichheit – Vor allem GeringverdienerInnen profitieren, weil sie einen größeren Anteil ihres Einkommens für Miete ausgeben – Vermögende verlieren überproportional Einnahmen aus Vermietung – Mietpreisregulierung ist in der Regel aber mit Wohlstandsverlusten und anderen unerwünschten Nebeneffekten wie geringerem Mietangebot verbunden
Die Regulierung von Mietpreisen kann ökonomische Ungleichheit kurzfristig reduzieren.

Das zeigt eine Studie der Abteilung Makroökonomie am DIW Berlin. Mietpreiskontrollen mindern die Ungleichheit der Einkommen und wirken dämpfend auf das Verhältnis von Vermögen und Nationaleinkommen, das als Indikator für Ungleichheit gilt. Für die Studie untersuchten die Autoren zunächst die Verteilung der Mietbelastung und Mieteinnahmen nach Einkommensgruppen auf Basis der Daten der Luxemburger Einkommensstudie (LIS). In einem zweiten Schritt wurde die Entwicklung von Ungleichheit und Mietpreisregulierung in 16 OECD-Ländern im Zeitraum seit 1900 statistisch analysiert.

Bisherige Studien zu Mietpreisregulierungen hatten hervorgehoben, dass sie zwar die Mieten senken, aber häufig mit Wohlstandsverlusten und anderen unerwünschten Effekten wie geringerem Wohnungsangebot und sinkender Wohnqualität verbunden sind. Unerforscht blieb hingegen bisher, welchen Einfluss Mietpreiskontrollen auf ökonomische Ungleichheit ausüben.

Mietbelastung zwischen Arm und Reich ungleich verteilt

Die Studie zeigt, dass es historisch seit 1900 einen Zusammenhang zwischen Mietpreiskontrollen und sinkender Ungleichheit gibt. So sank die Einkommensungleichheit in den untersuchten Ländern nach der Einführung von Mietpreiskontrollen in der Nachkriegszeit auf ein historisches Tief, stieg aber stark an, als der Mietmarkt seit den 1970er Jahren schrittweise dereguliert wurde. „Der Rückgang der Ungleichheit in der unmittelbaren Nachkriegszeit ist nicht allein auf Mietpreiskontrollen zurückzuführen“, erklärt DIW-Forscher Konstantin A. Kholodilin. „Vielmehr waren Mietpreiskontrollen Teil eines solidarischen Gesamtpakets, zu dem auch progressive Steuern und Sozialleistungen gehörten.“ Die Forschungsergebnisse zeigten aber, dass die Frage der Mietpreisregulierungen in der Ungleichheitsdebatte bisher nicht genug beachtet wurde.

„Entscheidend dafür, dass Mietpreiskontrollen die ökonomische Ungleichheit senken, ist die Verteilung von Mieteinnahmen und Mietausgaben“, ergänzt Co-Autor Sebastian Kohl von der Freien Universität Berlin. „Ärmere Haushalte geben relativ einen größeren Teil ihres Einkommens für die Miete aus, während reichere Haushalte relativ größere Einnahmen aus Vermietung haben.“ Begrenzt der Gesetzgeber das Wachstum der Mieten, profitierten daher vor allem die Einkommensschwachen, während die reichsten Haushalte weniger Einnahmen aus Vermietung erzielen. Es sind allerdings relativ strikte Mietpreiskontrollen notwendig, damit ein spürbarer Effekt erzielt werden kann. Zudem senken die Mietpreisregulierungen die Ungleichheit nur kurzfristig, weil Markteilnehmer Wege finden, sie zu umgehen, etwa indem sie Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln.

Mehr Gleichheit, aber weniger Angebot und Mobilität

Die Wirkung von Mietpreisregulierung wird durch eine Reihe von unerwünschten Nebeneffekten eingeschränkt: So mindert sie den Anreiz, neue Wohnungen zu bauen und alte zu renovieren, so dass mittelfristig das Angebot von Wohnungen auf dem Mietmarkt sinkt. Auch senkt sie die Mobilität und erschwert so NeumieterInnen, eine Wohnung zu finden. Die ungleichheitssenkenden Effekte sind zudem begrenzt: „Die Mietgesetzgebung kann nicht die Ungleichheiten, die durch Arbeitseinkommen entstanden sind, nachträglich kompensieren“, gibt Kholodilin zu bedenken. Eingriffe in den Mietmarkt könnten aber ein Instrument sein, um wohnungsspezifische Ungleichheiten zu reduzieren.

Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)








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