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09.03.2022 Geopolitik und Weltwirtschaft stehen vor einer Neuordnung

Der 24. Februar 2022 wird uns als Zeitenwende noch lange in Erinnerung bleiben. Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine, der in diesen Tagen ohne Zweifel viel Leid und Zerstörung über das Land und seine Bewohner bringt und eine neue Flüchtlingswelle ausgelöst hat, geht nicht nur eine weitgehend friedliche und von Stabilität geprägt Ära in Europa zu Ende. Der Krieg in Osteuropa markiert zugleich auch eine Zäsur in der jüngeren Geschichte, die langfristig eine Neuordnung von Geopolitik und Weltwirtschaft zur Folge haben könnte.

Während die Anzeichen der Post-Corona-Phase bis noch vor gut zwei Wochen auf eine wirtschaftliche Erholung hindeuteten, die von Nachholeffekten und einer sich verbessernden Stimmungslage an den Märkten geprägt gewesen war, haben die Entwicklungen in Osteuropa stattdessen eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, deren Folgen noch lange nachklingen werden. Die schnelle Antwort des Westens, der auf die militärische Aggression Russlands mit einer bisher beispiellosen Flut an Sanktionen reagiert hat, zeigt zwar die feste Entschlossenheit und den Zusammenhalt der westlichen Staatengemeinschaft. Doch dürfte auch den letzten Anlegern inzwischen klargeworden sein, dass die Sanktionen wohl langfristig wirtschaftliche Folgen in aller Welt haben werden.

Obwohl die verhängten Sanktionen gegen Russland bereits erste Erfolge zu zeigen scheinen, dürften sich ihre negativen Begleiterscheinungen sowie die erfolgten Ankündigungen vieler Unternehmen, sich aus Russland zurückzuziehen, auf die Unternehmensgewinne auswirken. Quittiert wurde dies von den Anlegern bereits in einer deutlich gestiegenen Volatilität bei Aktien, während vermeintlich als sicher geltende Häfen wie Gold, Staatsanleihen und Währungen – hier vor allem der US-Dollar oder Schweizer Franken – verstärkt nachgefragt werden. Doch auch die in den letzten Tagen gestiegenen Rohstoffpreise – allen voran bei Gas, Öl und Weizen – dürften die Konjunktur aus Sicht vieler Experten (aus-)bremsen.

Angesicht der Vielzahl an Unwägbarkeiten, die der Überfall Russlands auf die Ukraine und die Gegenreaktionen des Westens derzeit noch mit sich bringen, ist die weitere Marktentwicklung nur sehr schwer zu prognostizieren. Auch wenn die Volatilität noch eine ganze Weile hoch bleiben dürfte und auch ein weiterer Abverkauf an den Märkten nicht völlig auszuschließen ist, können sich die Anleger bereits heute auf die Welt von Morgen vorbereiten. So sollten auf Grund der deutlich höheren Rohstoffpreise energieintensive Branchen untergewichtet werden, ebenso wie zyklische Sektoren, zu denen die Automobil- und Chemiebranche sowie Banken und Maschinenbau gehören. Das Augenmerk sollte nun auf jenen Branchen liegen die unter den aktuellen Entwicklungen und den stark gestiegenen Rohstoffpreisen weniger leiden oder von diesen sogar profitieren können.

(Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG)





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