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21.01.2022 Bundesverfassungsgerichtsbeschwerde: Bestellerprinzip auf der Kippe?

Eine Berliner Maklerin hat vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Beschwerde gegen das sogenannte Bestellerprinzip beim Verkauf eingereicht. Nach ihrer Ansicht sei es ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit. Verschiedene Unterstützer schließen sich dieser Interpretation an. Ich bin anderer Meinung. Warum sollte man gegen ein Gesetz, das Käufern und Verkäufern hilft, vorgehen? Das ist ein Schritt in die falsche Richtung. Und welche Chancen hat die Beschwerde eigentlich?

Als das Bestellerprinzip am 23.12.2020 in Kraft trat, haben viele Immobilienmakler aufgeatmet. Das Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser, wie es mit vollem Namen heißt, schuf endlich eine verbindliche Regelung über die Provision in ganz Deutschland. Im Kern bedeutete es für uns Makler, dass für unsere Dienstleistungen nicht mehr vom Käufer als vom Verkäufer verlangt wird – das Honorar wird gleichmäßig aufgeteilt. Für alle Markteilnehmer war diese Regelung von Vorteil, denn die einseitige Bezahlung durch den Käufer war schon lange nicht mehr zeitgemäß. So werden die Kosten fair auf alle Beteiligten aufgeteilt.

Wir bei Black Label Immobilien hatten mit diesem Prinzip auch schon vor der Einführung der gesetzlichen Regelung gute Erfahrungen gemacht. Wir konnten sogar mehrfach beobachten, dass der private Verkäufer am besten beraten ist, wenn er die komplette Maklerleistung übernimmt. Der Käufer kann so provisionsfrei kaufen, spart Eigenkapital und bringt sich auch bei den Finanzhäusern in eine bessere Position – viele Banken sind nämlich eher dazu bereit, höhere Kaufpreise als Maklerkosten zu finanzieren. Das neue Gesetz führte aber auch zu mehr Transparenz: Käufer konnten nun Maklerleistungen vergleichen und klar erkennen, welche Dienstleistungen abgerechnet werden. Eine Win-Win-Situation für alle Seiten.

Anderer Meinung ist Karin Gruhn. Kurz vor Ablauf der Beschwerdefrist möchte sie jetzt gegen das Bestellerprinzip vorgehen. Die Berliner Maklerin wird dabei von ihrem Sohn Markus Gruhn, Vorstandsvorsitzender des Rings Deutscher Makler in Berlin und Brandenburg, sowie vom Anwalt Wolf-Rüdiger Bub unterstützt. Letzterer beruft sich in seiner Beschwerdeschrift auf den Marktmonitor Immobilien 2021 von Prof. Dr. Stephan Kippes. Das Resümee von Bub: Das Bestellerprinzip verstoße gegen Artikel 12 des Grundgesetzes und stelle einen Eingriff in die Berufsfreiheit dar. Eine gewagte Behauptung.

Welche Chancen hat das Team von Frau Gruhn also vor dem Bundesverfassungsgericht? Andere Immobilienrechtler sehen bei diesem Vorstoß jedenfalls keine großen Erfolgsaussichten. Grund dafür ist ein ähnlicher Fall aus dem Jahr 2015: Damals gab es bereits eine Beschwerde gegen das Bestellerprinzip bei der Vermietung - nur wer einen Makler beauftragt, muss auch für die Kosten aufkommen. Da in Deutschland jährlich deutlich mehr Menschen die Mietwohnung wechseln als Immobilien erwerben, hat dieses Gesetz sogar noch einen viel größeren Personenkreis betroffen. Das Bundesverfassungsgericht schmetterte diese Beschwerde dennoch als nicht signifikant ab. Warum sollte es jetzt also anders sein?

Die Beschwerde suggeriert außerdem, dass die Immobilienmakler in Deutschland mit den negativen Folgen des Gesetzes zu kämpfen hätten. Bei den Zahlen aus dem Marktmonitor Immobilien 2021 muss man daran aber zweifeln: Von den über 13.000 verschickten Fragebögen kamen lediglich rund 430 beantwortet zurück – also gut drei Prozent. Und davon gab auch nur ein Drittel an, negative Auswirkungen in der täglichen Arbeit durch das Gesetz zu spüren. Diese beschränken sich, auch in der persönlichen Erfahrung, jedoch nur auf den längeren Zahlungslauf und einen gestiegenen Verwaltungsaufwand. Unternehmen, die sich auf das Bestellerprinzip einstellten, konnten diese neuen Herausforderungen aber leicht abfedern – schließlich wurde es nicht über Nacht eingeführt.

Welche Ziele Karin Gruhn mit ihrer Beschwerde verfolgt, muss sie selbst beantworten. Aus Gesprächen mit Eigentümern und Käufern, aber auch mit Kollegen und Juristen, bin ich der Meinung, dass dieser Vorstoß realitätsfremd und schädlich für das Image der gesamten Branche ist. Fast alle Kollegen die ich kenne sind sehr zufrieden mit der gesetzlichen Regelung. Das Team Gruhn spricht nach meiner Sicht für die klare Minderheit der wirklich am Markt teilnehmenden Makler. Die Wohnsituation ist in Deutschland schon kompliziert genug. Auf die Lösung dieses Themas sollten wir uns konzentrieren, und nicht auf das Maximieren von Erlösquellen einzelner. Wir müssen uns ständig auf neue Vorgaben und Gesetze einstellen, mal positive, mal negative. Aber ein Gesetz, das zur Abwechslung faire Verhältnisse für alle Beteiligten schafft, sollte auf jeden Fall erhalten werden. Ich bin mir sicher, dass die Richter in Karlsruhe das genauso sehen.

(Gastkommentar von Achim Amann, Geschäftsführer Black Label Immobilien)






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