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01.01.2022 Großstadtvergleich: Corona dämpft die Anziehungskraft der Metropolen

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln hat im Auftrag von WirtschaftsWoche und ImmoScout24 den jährlichen Großstadtvergleich aller deutschen Städte mit über 100.000 Einwohnern erhoben. Die Corona-Pandemie beendete das Wachstum der Metropolstädte. Vier von sieben Metropolen haben von 2019 auf 2020 Einwohner verloren. Das sind Düsseldorf, Köln, Stuttgart und Berlin. Von 2015 bis 2019 waren die Einwohnerzahlen der deutschen Großstädte durchschnittlich um 2,2 Prozent gewachsen, Im Berliner Umland wuchs die Bevölkerung weiter an, während das Umland von Düsseldorf, Köln und Stuttgart ebenfalls schrumpfte.

Der Großstadtvergleich setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen: Das Niveauranking beschreibt anhand von 51 Einzelindikatoren aus den Bereichen Arbeitsmarkt, Wirtschaftsstruktur, Lebensqualität und Immobilienmarkt die wirtschaftliche und soziale Lage der Städte. Das Dynamikranking analysiert die Veränderung von 36 Indikatoren in einem Zeitraum von fünf Jahren. Der Nachhaltigkeitsindex umfasst 22 Indikatoren aus den drei Bereichen Ökologie, Ökonomie und Soziales.

„Unser jährlich erscheinendes Städteranking mit dem Institut der deutschen Wirtschaft und der WirtschaftsWoche zeigt die Auswirkungen der letzten zwei Jahre. In Zeiten von Lockdowns und Home-Office haben ein Großteil der Metropolen zum ersten Mal seit langem Einwohner verloren. Die Menschen zieht es zunehmend ins Umland und in kleinere bis mittlere Großstädte, die vor allem mit ihren Grünflächen, einer hohen Lebensqualität und einer guten Infrastruktur überzeugen können,“ kommentiert Ralf Weitz, Geschäftsführer von ImmoScout24.

Corona hat die kleineren Großstädte und Landkreise im Umland der Metropolen attraktiver gemacht

Die Ursachen liegen in einer deutlich abgebremsten Binnenwanderung und einer geringeren Zuwanderung aus dem Ausland im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig haben sich die Wohnpräferenzen vieler Menschen durch die Corona-Pandemie verschoben. Die Großstädte hatten durch die Schließung von Kultur und Gastronomie einen Großteil ihrer Attraktivität verloren und die Arbeit aus dem Home-Office wurde zur neuen Regel. In der Folge ist die Immobiliennachfrage in mittleren Städten und im Umland um 40 bis 80 Prozent angestiegen und die Preise für Miet- und Kaufobjekte im Umland der meisten Metropolen deutlich stärker als in den Metropolen selbst.

München und Erlangen führen das Niveauranking an, Heilbronn schafft es erstmals in die Top 10

München verteidigte auch in diesem Jahr seine Spitzenstellung im Niveauranking des Großstadtvergleichs und erreicht zum neunten Mal in Folge Platz 1. Erlangen verdrängt Ingolstadt vom zweiten auf den dritten Rang, Stuttgart und Frankfurt am Main reihen sich auf den Rängen 4 und 5 ein. Bereits letztes Jahr war Heilbronn, mit einem Sprung von 14 Rängen der stärkste Aufsteiger. Mit guten Werten in den Bereichen Immobilienmarkt und Wirtschaft macht Heilbronn weitere drei Plätze gut und landet erstmalig in den Top 10.

"Industriell geprägte Städte wie Heilbronn zeigen, wie sich mit einem guten Branchenmix und einem starken Fokus auf Bildung auch jenseits der Zentren ökonomischer Erfolg einstellen kann", sagt Beat Balzli, Chefredakteur der WirtschaftsWoche. "Der neue Städtetest führt uns vor Augen, dass wir auch im Dienstleistungszeitalter die Bedeutung der Industrie für regionales Wachstum nicht unterschätzen dürfen."

Am deutlichsten rutschen Karlsruhe, Trier, Jena, Krefeld, Bochum, Berlin, Dortmund und Hamburg im Niveau-Ranking ab. Karlsruhe verliert ganze 11 Ränge und bleibt dennoch im oberen Drittel des Niveaurankings. Ausschlaggebend sind vor allem der schwache Immobilienmarkt sowie die verhältnismäßig niedrige Lebensqualität. Berlin verliert im Vergleich zum Vorjahr weitere drei Ränge und landet auf Rang 41 im unteren Mittelfeld. Hamburg fällt nach Verlust von zwei Plätzen mit Rang 11 aus den Top 10. Hamburg und Berlin haben zwar einen sehr dynamischen Immobilienmarkt, weisen unter den 71 Großstädten jedoch die höchsten Raten an Straftaten und die zweitniedrigste Aufklärungsquote auf.

Kleinere und mittlere Großstädte zeigen eine deutlich bessere Entwicklung als die unmittelbar benachbarten Metropolen.

Heilbronn hat sich aufgrund der attraktiven Wohn- und Arbeitsbedingungen deutlich besser entwickelt als Stuttgart. Entsprechend zogen die Wohnungspreise sowohl im Miet- als auch im Kaufsegment in Heilbronn deutlich an. Aus diesem Grund belegt Heilbronn im Dynamikranking Rang 2, während Stuttgart nur auf Rang 40 landet. Im Niveauranking liegt Stuttgart nur noch fünf Ränge vor Heilbronn. Ein Blick auf Darmstadt und Frankfurt am Main zeigt ein ähnliches Bild. Während Darmstadt sich im Dynamikranking um sieben Plätze und im Niveauranking um zwei Plätze auf Rang 8 verbessern konnte, rutschte Frankfurt im Dynamikranking von Platz 5 auf Platz 28 ab. Darmstadt punktet vor allem im Bereich Arbeitsmarkt. Diese Bewertung wird von der dynamischen Entwicklung der hochqualifizierten Beschäftigten getragen.

Dortmund, Freiburg, Kiel und Potsdam schaffen es als Neuaufsteiger in die Top 10 des Dynamikranking, München rutscht von Rang 1 auf 10 ab

Im Dynamikranking ist deutlich mehr Bewegung. Alle fünf Top-Metropolen sind vorne bzw. im vorderen Mittelfeld platziert. Berlin hat aufgrund des niedrigen Rangs im Niveauranking die besten Entwicklungspotenziale und schafft es im Dynamikranking nach 2019 erneut auf Rang 1. Dortmund, Freiburg, Kiel und Potsdam machen jeweils große Sprünge nach oben und schaffen es erstmals in die Top-10-Platzierung. Die vier Aufsteiger punkten vor allem mit einer starken Wirtschaft, der hohen Lebensqualität und dem starken Immobilienmarkt. In Potsdam sind die in den letzten fünf Jahren überdurchschnittlich gestiegenen Miet- und Wohnungspreise sowie die deutschlandweite Spitzenstellung in der Neubautätigkeit Ausdruck der zunehmenden Attraktivität der Stadt. Auch Leipzig macht nochmal fünf Plätze gut und landet auf Rang 3 der wirtschaftlichen Dynamik.

München rutscht hingegen in der Dynamik ganze 9 Ränge auf Platz 10 ab. Die größten Verluste in der Dynamik verzeichnen neben München vor allem Regensburg, Offenbach am Main und Ingolstadt. Während Regensburg im Vorjahr noch Rang 11 im Dynamikranking erreichte, schafft es die Domstadt dieses Jahr nur auf Rang 63. Offenbach am Main rutscht im selben Zeitraum von Rang 22 auf 58 ab. Drittgrößter Verlierer ist Ingolstadt, die Donaustadt liegt im Niveauranking zwar auf Rang 3, verliert im Dynamikranking jedoch 33 Ränge und landet dieses Jahr auf Rang 66. Denn vor allem Autoregionen wie Ingolstadt und Dingolfing hatten hohe Einbrüche in der Gewerbesteuer zu verzeichnen. Demnach erreicht Ingolstadt nur Platz 67 aller deutschen Großstädte in der gemeindlichen Steuerkraft, eine wesentliche Ursache für die schlechte Platzierung im Dynamikranking.

Wolfsburg führt den Nachhaltigkeitsindex an, das Ruhrgebiet schließt zum Großteil schlecht ab

Mit Wolfsburg auf Rang eins, Ingolstadt auf Rang drei und Stuttgart auf Rang sieben, landen auch dieses Jahr wieder drei Autostädte in den Top 10 der nachhaltigsten Großstädte Deutschlands – nach ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Kriterien. Das Ruhrgebiet bildet hingegen mit Gelsenkirchen, Duisburg, Herne und Oberhausen das Schlusslicht trotz hoffnungsvoller Tendenzen in der wirtschaftlichen Dynamik. Darmstadt, Wolfsburg und Stuttgart sichern sich im Teilbereich Ökonomie die Spitze. Im Teilbereich Ökologie stehen Ingolstadt, Ulm und Wolfsburg auf dem Podium. Im Teilbereich „Soziales“ liegt Ulm vor Erlangen und Jena. München schaffte es als einzige Metropole neben Stuttgart mit Rang 13 in die Top 15 der nachhaltigsten Großstädte, während Hamburg mit Rang 37, Frankfurt am Main mit Rang 40, Köln mit Rang 53 und Berlin mit Rang 63 die Ränge im unteren Mittelfeld besetzen.








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