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29.11.2021 Retailmarkt Köln: Corona senkt Mieten deutlich – Stimmung aber positiv

Olaf Petersen, Geschäftsführer und Chefresearcher des Einzelhandelsspezialisten COMFORT analysiert mit seinen Kollegen in den COMFORT-Büros vor Ort die aktuelle Lage im Herbst 2021. Wie stellt sich aktuell die Situation für den Einzelhandel und die Handelsimmobilien der 1A-Lagen in den beliebtesten deutschen Einkaufsmetropolen dar? In dieser Folge geht es dabei um Köln, Deutschlands vierte Millionenstadt.

Allgemein

Ab März 2020 befanden sich Gesellschaft und Wirtschaft mehr als ein Jahr im Würgegriff der weltweiten Corona-Pandemie. Dabei zählten Einzelhandel und Gastronomie zu den Hauptleidtragenden. Erst im Verlauf des Sommers 2021 gewannen die positiven Triebkräfte endlich wieder die Oberhand. Insbesondere der Impffortschritt führte zu deutlichen Lockerungen und mehr Normalität im öffentlichen Leben sowie einer wachsenden Zuversicht innerhalb der Bevölkerung. In der Folge ist auch die Gesamtwirtschaft wieder angesprungen: Arbeitsplatzabbau sowie Kurzarbeiterzahlen gehen zurück und zum Einkaufen steht den Verbrauchern neben ihren Einkommen auch eine während der Pandemie gewachsene Ersparnis zur Verfügung.

Sichtbares Ergebnis sind unter anderem die gestiegenen innerstädtischen Passantenfrequenzen, auch wenn diese vielfach das Vor-Corona-Niveau noch nicht ganz wieder erreicht haben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Corona-AHA-Regeln (Maske, Abstand, Kundenzahl im Geschäft etc.) bis auf weiteres noch immer Einfluss auf das Einkaufsgeschehen ausüben. Vor diesem Hintergrund sind die gegenwärtigen Passantenfrequenzen als absolut ermutigend zu bewerten. Zudem schlägt sich die lange Zeit der (erzwungenen) Enthaltsamkeit im stationären Einzelhandel nunmehr auch in höheren Durchschnittsbons der Innenstadtbesucher nieder.

Die bundesweiten Trends finden sich auch in der aktuellen Entwicklung der Metropole Köln wieder. So fällt die Arbeitslosenquote im September 2021 mit 8,9 % deutlich niedriger aus als im Vorjahr. Seinerzeit hatte die Quote einen halben Prozentpunkt höher gelegen. Auch die Passantenfrequenzen haben nun wieder aufgeschlossen. Anders als im Juni dieses Jahres, als die Passantenfrequenzen noch rund ein Drittel hinter den Vergleichszahlen aus 2019 zurücklagen, betrug im Oktober das Delta samstags nunmehr nach den Zahlen von hystreet nur noch r 15 %. Es hat sich insofern deutlich relativiert, ist aber immer noch signifikant. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die in Köln wichtige Besuchergruppe der auswärtigen Besucher jenseits des Einzugsgebiets aus der Region in 2021 noch außerordentlich gering vertreten war. Dies lässt sich aus den Zahlen der Tourismusstatistiken ablesen. Während in 2019 noch rd. 6,6 Mio. Übernachtungen (davon 2,3 Mio. von Besuchern mit ausländischem Wohnsitz) erfasst wurden, waren es in 2020 nur 2,6 Mio. (davon nur gut 600 Tsd. aus dem Ausland). Aufgelaufen bis August sind in diesem Jahr die Zahlen weiter deutlich heruntergegangen und unterschritten die schon deutlich geschrumpften 2020er Zahlen um weitere 38 % bzw. um mehr als die Hälfte bei Gästen aus dem Ausland.

Köln

Die am Rhein gelegene Domstadt ist die viertgrößte Stadt Deutschlands und bevölkerungsreichste Stadt Nordrhein-Westfalens. Sie wächst weiter und dürfte schon bald die 1,1 Mio.-Einwohner-Marke überschreiten. Köln ist eine Kultur- und Medienstadt von internationalem Rang und verfügt darüber hinaus über eine breite wirtschaftliche Aufstellung. Hervorzuheben sind hier u.a. die Felder IT, Finanzdienstleistungen, Automobilbau, Messe und Logistik. Nicht zuletzt ist sie mit 19 Hochschulen und rd. 90.000 Studenten auch die drittgrößte Universitätsstadt Deutschlands. Dies findet zusammen mit der eigenen ‚kölschen‘ Mentalität und als Karnevalshochburg nicht zuletzt seinen Ausdruck in einem hohen Maß an Quirligkeit und Lebendigkeit im öffentlichen Leben.

Köln ist eine der wenigen deutschen Großstädte, die bis in die Römerzeit auf mehr als 2.000 Jahre Geschichte zurückzublicken vermag – als Sitz sowohl weltlicher wie auch kirchlicher Macht. Traditionell stellt sie einen Verkehrsknotenpunkt bedeutender Handelsstraßen dar. Die Einkaufsstadt ist zentraler und prosperierender Standort für Einzelhandel aller Spielarten – von lokalen Betreibern bis zu nationalen und internationalen Filialisten praktisch jeder Flächengröße und Branche. Die Einzelhändler profitieren von einer deutlich überdurchschnittlichen Kaufkraft der Kölner wie auch von einem mit rd. 2,5 Mio. Einwohner großen Einzugsgebiet mit einer weiten räumlichen Ausstrahlung in die Region. Hinzu kommen die Touristen, deren Anzahl bedingt durch den von Corona stark verminderten Städtetourismus aktuell allerdings merklich abgesunken ist.

Den bei weitem wichtigsten lokalen Einkaufsstandort stellt mit großem Abstand die City mit ihren Toplagen innerhalb des historischen ‚Rings‘ auf der linken Rheinseite dar. Hier sind mit rd. 310.000 m² Verkaufsfläche rd. 21 % der gesamtstädtischen Verkaufsfläche verortet, auf der ein Jahresumsatz von über 1,1 Mrd. € p.a. erwirtschaftet wird.

Der Markt für Einzelhandelsimmobilien

Nachdem Handelsimmobilien in 2020 trotz des Lockdown-Schocks noch immer ein Transaktionsvolumen von stattlichen knapp 11 Mrd. € erzielt haben, fiel dieses in 2021 zunächst deutlich schwächer aus. Hier versetzte der zweite Lockdown zum Jahreswechsel der Nachfrage einen deutlichen Dämpfer und es fehlte - anders als zuvor - an größeren Portfolio-Transaktionen. Zudem hatte sich das Investoreninteresse angesichts ihrer ‚Systemrelevanz‘ weiter in Richtung Lebensmittel / lebensmittelbeankerte Objekte / Projekte verschoben. Für Highstreet-Immobilien verpassten die Lockdowns der Investoren-Nachfrage dagegen einen spürbaren Dämpfer. Die auf diese Weise erfahrene Anfälligkeit dieser Assets in der Pandemie, fortlaufende Diskussionen über Mietreduktionen bzw. Anpassungen mietvertraglicher Regelungen oder befürchtete Insolvenzen weiterer Mietkonzepte ließen die Investoren zurückhaltend agieren und geforderte Renditen neu bewerten.

Solche Neubewertungen beziehen sich dabei im Wesentlichen auf die nachhaltigen Mieten. Insofern werden ältere Mietverträge von den Investoren sehr kritisch hinterfragt, ebenso wie die bisherige einzelhandelsdominierte Nutzungsstruktur. Hier gilt es, die Machbarkeit von Neuaufteilungen der Objekte und Neubelegungen mit anderen Nutzungsarten (von Gastronomie, Büro, Wohnen, Hotel, Entertainment bis hin zu City-Logistik) - gerade auch in den Obergeschossen - zu überprüfen. Vor diesem Hintergrund bieten diverse große, in der aktuellen Flächenkonstellation nicht mehr marktgängige Objekte für Developer beziehungsweise Core+ und Value Add-Investoren ein erhebliches Potenzial für eine umfangreiche Neupositionierung als innerstädtische Mischnutzungen und Quartiere. Mittlerweile wächst das Interesse der Investoren an Geschäftshäusern wieder. Dies ist nicht zuletzt auf die gewachsene Normalität im innerstädtischen Retail-Geschäft zurückzuführen.

Diese generellen Rahmenbedingungen gelten weitgehend auch für Köln. So zählt die Domstadt zu den absoluten Top-Destinationen für Immobilen-Investoren in Deutschland. So wurden auch im Corona-Jahr 2020 diverse Transaktionen registriert. Die AEW etwa erwarb für eine deutsche Versicherungsgruppe von Development Partner deren gemischt genutzte Projektentwicklung am Rudolfplatz. Catella kaufte für einen AVW Fonds ein Geschäftshaus-/Büro-Quartier im Bereich Breite Straße, Gertrudenstraße, Wolfsstraße. Weiterhin zu erwähnen ist der Verkauf des Geschäftshauses Hohe Straße 68-82 an der Kreuzung zur Schildergasse, den die COMFORT begleiten durfte.

Für die absoluten Kölner Toplagen bewegen sich die Kaufpreise weiter auf einem außerordentlich hohen Niveau, wobei für herausragende Objekte in 1A-Lagen mit einem nachhaltigen Mietniveau Kaufpreisfaktoren von deutlich mehr als dem 30-fachen der Jahresmiete zu verzeichnen sind.

1A-Lagen: Aktuelle Entwicklungen und Mieten

Durch die Corona-Krise hatte sich bis in das Frühjahr 2021 hinein der Rückgang der Mieternachfrage verstärkt, der bereits vor der Krise den Markt erfasst hatte. So hat sich der ehemalige Vermietermarkt nunmehr zu einem Mietermarkt gewandelt. Mit signifikantem Druck auf die Mieten - insbesondere bei Großflächen ab ca. 1.000 m² sowie vertikaler Geschossstruktur. Der Trend geht hin zur Flexibilisierung von Mietverträgen – mit kürzeren Festlaufzeiten, Umsatzmieten, Sonderkündigungsrechten, Baukostenzuschüssen etc. oder der Bezahlung von Makler-Innen-Provisionen.

Die letzten Monate haben aber auch gezeigt, dass die Entwicklung keineswegs ins Bodenlose führt, sondern differenziert ist und zunehmend auch positive Perspektiven für Gegenwart und Zukunft aufweist. Denn selbst zu den Corona-Hochzeiten fanden tatsächlich eine Reihe von sehr namhaften Vermietungen statt. Mittlerweile hat der Markt wieder deutlich mehr Fahrt aufgenommen und immer mehr Mieter erkennen neue Zukunftschancen für gute Geschäfte in den attraktiven Innenstädten.

Nachfolgend erfolgen für die innerstädtischen Kölner Toplagen eine aktuelle Kurzcharakterisierung sowie die Darstellung der gegenwärtigen Höchstmieten.

Schildergasse

? Absolute Top-1A-Lage der Innenstadt mit konsumorientierten Konzepten
? Höchste Passantenfrequenz der Stadt (lt. hystreet aktuell rd. 13.000 Passanten in der besten Stunde)
? Standort von Großflächenkonzepten wie GALERIA, P?&?C, ANSON’S und C?&?A
? Neue Mieter: blaenk, Snipes, Onygo, Deichmann, Five Guys, Scotch & Soda, Café Extrablatt, Sander, Armani A/X
? Höchstmiete: ca. 210 - 235 EUR?/?m² (klein)

Hohe Straße

? Die zweitwichtigste Top-1A-Lage (lt. hystreet gut 9.000 Passanten pro Stunde)
? Konsumorientierte Lage mit vielen Konzepten aus dem Young-Fashion-Bereich
? Vermehrt kleinteiliger Einzelhandel in schmaler Straßenflucht
? Neue Mieter: Polo Ralph Lauren, Xiaomi, Kingdom of Sweets, “hystreet-studio” (für pop-ups), s.Oliver
? Höchstmiete: ca. 160 - 180 EUR?/?m² (klein)

Domkloster / Wallrafplatz

? Einzige Luxuslage zwischen Hoher Straße und Dom mit Mietern wie Aigner, Louis Vuitton, Chopard, HERMÈS, MONTBLANC und BULGARI
? Wegen der Nachbarschaft zum Dom mit sehr hoher, touristisch geprägter Frequenz (rd. 8.000 Passanten pro Stunde)
? BVK-Projektentwicklung Dom Carré in der Umsetzung bis Sommer 2023

Mittelstraße

? Niveaulage mit schwächerer Passantenfrequenz
? Fußgängerzone im Bereich Apostelnkloster, ansonsten Fahrstraße
? Neue Mieter: Erweiterung Apropos
? Höchstmiete: ca. 65 - 75 EUR?/?m² (klein)

Ehrenstraße

? Szenige Trendlage mit zum Teil ungewöhnlichen Konzepten
? Je nach Tag und Uhrzeit sehr stark differierende Passantenfrequenz (lt. hystreet aktuell rd. 5.000 Passanten pro Stunde in der Spitze)
? Geplante Erweiterung der Fußgängerzone aus der Breiten Straße in die Ehrenstraße hinein
? Neue Mieter: Lululemon, O’Donnel, Samsoe & Samsoe, Café de Paris, Triumph, The North Face
? Höchstmiete: ca. 80 - 85 EUR?/?m² (klein)

Breite Straße

? Verbindungsachse zwischen Ehrenstraße und Hoher Straße
? Drei kleine Innenstadt-Center mit Anbindung an die Fußgängerzone: Quincy (ehemals DuMont-Carré), pern-Passagen, WDR-Arkaden
? Neue Mieter: Leder Berensen, Go Asia, Salomon, Dille & Kamille
? Höchstmiete: ca. 55 - 65 EUR?/?m² (klein)

Bezogen auf die Entwicklung der Mieten ist festzustellen, dass auch in Köln im Gefolge der Lockdowns und Corona-Krise diese lageübergreifend unter Druck geraten sind. Die aktuellen COMFORT-Bewertungen der Kölner Höchstmieten für die beiden unsererseits standardmäßig betrachteten Flächengrößen 80 - 120 m² sowie 300 - 500 m² sind nachfolgend in der Zeitreihe zu sehen. Dabei sind gegenüber 2019 besonders starke Abschläge für Kleinflächen entlang der Hohe Straße (zwischen -12% bis -22%) und für mittelgroße Flächen entlang der Breite Straße (- 17 % bis - 31 %) festzustellen.







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