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09.11.2021 Hamburg: Genehmigungspflicht für die Aufteilung von Zinshäusern

Anfang November beschloss der rotgrüne Hamburger Senat, für die Aufteilung von Zinshäusern in Eigentumswohnungen mit mehr als fünf Wohnungen eine Genehmigungspflicht einzuführen – für die es nur wenige Ausnahmen gibt. Aus Perspektive der privaten Wohnungswirtschaft folgt daraus lediglich eine Verknappung samt Verteuerung von Eigentumswohnungen – und auch der Mietwohnungsmarkt werde nicht entspannt.

Hamburg ist das erste Bundesland, dass die Instrumente des Baulandmobilisierungsgesetzes in Gänze anwendet. Am 2. November beschloss der von SPD und Grünen gebildete Hamburger Senat die „Verordnung über die Einführung einer Genehmigungspflicht für die Bildung von Wohneigentum nach § 250 Absatz 1 Satz 3 Bau GB“.

Genehmigungspflicht gilt in Häusern mit sechs und mehr Wohneinheiten

Dorothee Stapelfeldt (SPD), Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, konkretisierte Inhalt und Ziel dieser Rechtsverordnung. „Die Umwandlung bestehender Miet- in Eigentumswohnungen bedarf jetzt für Häuser mit sechs und mehr Wohneinheiten im gesamten Stadtgebiet einer Genehmigung. Denn es kann und darf nicht mehr sein, dass Mieterinnen und Mieter durch die Umwandlung aus ihren Quartieren verdrängt werden und Wohnungen dem Mietwohnungsmarkt entzogen werden.“

Ausnahmen sind nur vorgesehen, wenn etwa im Rahmen einer Erbauseinandersetzung der Nachlass unter den Erben verteilt werden muss, wenn der Eigentümer die Wohnung an einen Familienangehörigen zur eigenen Nutzung verkauft oder sofern mindestens zwei Drittel der Wohnungen an die aktuellen Mieter veräußert werden.

Senat erwartet bei Aufteilung „Eigenbedarfskündigungen oder aufwändige Sanierungen“

In einer Mitteilung konkretisierte der Senat den die Notwendigkeit der Genehmigungspflicht aus seiner Perspektive: „Handlungsbedarf besteht, da auf Umwandlungen bislang günstiger Wohnungen oft Eigenbedarfskündigungen oder aufwändige Sanierungen folgen sowie schließlich die Weitervermietung zu Preisen, die für die ursprünglichen Mieterinnen und Mieter unerschwinglich sind.“

Voraussetzung nach dem Baulandmobilisierungsgesetz ist für die Genehmigungspflicht einer Umwandlung in ganz Hamburg, dass der Senat das gesamte Stadtgebiet als angespannten Wohnungsmarkt deklariert. Als Beleg der Wirksamkeit der Genehmigungspflicht von Aufteilungen wird die Zahl der Abgeschlossenheitsbescheinigungen in Gebieten ohne und mit Sozialer Erhaltungsverordnung verglichen.

Abgeschlossenheitsbescheinigungen sind eine schwache Datenbasis

2015 bis 2019 wurden in Hamburg Abgeschlossenheitsbescheinigungen für 14.777 Wohnungen ausgestellt. In Gebieten mit Sozialer Erhaltungsverordnung waren es im gleichen Zeitraum nur 588 Bescheinigungen. Für 2020 liegt die Zahl der Bescheinigungen bislang nur für die 16 Wohngebiete vor, in denen die Soziale Erhaltungsverordnung gilt: überdurchschnittliche 715.

„Eine Abgeschlossenheitsbescheinigung ist keine Beurkundung einer Teilungserklärung beim Notar“, betont Matthias Baron, geschäftsführender Gesellschafter bei Zinshausteam & Kenbo. „Abgeschlossenheitsbescheinigungen liegen oft noch jahrelang in der Schublade. Wieso werden Verordnungen auf einer solch schwachen Datenbasis begründet?“

Für Cornelius Jebe, Geschäftsführender Gesellschafter der ZK Grundinvest, schafft die Genehmigungspflicht der Umwandlung eine „Lose-lose-Situation. Durch das de facto Umwandlungsverbot entsteht keine einzige günstige neue Mietwohnung und die Verknappung des Angebots von Eigentumswohnungen macht sie für viele noch unerschwinglicher.“ Zielführender sei es, wenn die Stadt das Angebot günstiger Eigentumswohnungen fördere – etwa den Kauf durch die Mieter mit Eigenkapitaldarlehen oder Bürgschaften ermögliche.

Das Gros der umgewandelten Wohnungen bleibt vermietet

Jebe erläutert, dass das Gros der umgewandelten Mietwohnungen weiter vermietet bleibt, weil es sich bei den Käufern meist um Kleinanleger handelt. „Zudem sind Eigenbedarfskündigungen gesetzlich zehn Jahre lang ausgeschlossen und Mietpreis- sowie Kappungsgrenze regulieren die Mieten.“ Es gebe zudem keine Statistiken, die belegen, dass es nach Umwandlungen vermehrt zu Kündigungen komme oder die Mieten stärker erhöht würden – insofern ist mehr als fraglich, auf welche Daten Dorothee Stapelfeldt sich bezieht. „Sollte es dazu doch Belege geben, wäre es sinnvoller, den Mieterschutz in aufgeteilten Wohnungen noch weiter zu verbessern, statt die Umwandlung zu verbieten und damit Kleinanleger um die Chance zu bringen, zu investieren.“

Mit der Rechtsverordnung zur Genehmigungspflicht der Aufteilung hat der Senat in Hamburg nun den Instrumentenkasten des im Juni vom Bund beschlossenen Baulandmobilisierungsgesetzes komplettiert. Voraussetzung für mehrere dieser Instrumente ist die Erklärung, dass Hamburg in Gänze ein angespannter Wohnungsmarkt ist. Diese aus Sicht der Wohnungswirtschaft undifferenzierte Zuordnung wurde bereits für die Mietpreisbremse getroffen und nun erneut für die Umsetzung des Baulandmobilisierungsgesetzes.

Abweichung vom B-Plan, Baugebot und Vorkaufsrecht

Bereits seit dem 13. Juli wirksam ist etwa die neue Genehmigungsregelung für Wohnungsbau nach § 31 Abs. 3 des Baugesetzbuches (BauGB). Damit können Wohnungsbauprojekte zugelassen werden, die in bestimmten Punkten vom bestehenden Bebauungsplan (B-Plan) abweichen – etwa eine höhere Verdichtung oder mehr Geschosse.

Ein weiterer Aspekt zur Beschleunigung des Bauens ist das Baugebot. Die Kommune kann damit Wohnungsbau in den Grenzen des B-Plans anordnen, selbst wenn auch andere Nutzungen zugelassen sind – etwa in urbanen Gebieten oder Mischgebieten. Wenn die Eigentümer wirtschaftlich nicht in der Lage sind, dem Baugebot nachzukommen, können sie von der Kommune verlangen, ihnen das Grundstück abzukaufen. Den Ankauf kann die Kommune an eine kommunale Wohnungsgesellschaft, Genossenschaft oder ein sonstiges gemeinwohlorientiertes Wohnungsunternehmen delegieren.

Eigentümer haben im unbeplanten Innenbereich künftig Anrecht auf eine Baugenehmigung, sofern sich das Bauvorhaben städtebaulich integriert, während die Kommunen mit dem sektoralen Bebauungsplan Vorgaben zur Art der Bebauung machen können, etwa öffentlich geförderte Wohnungen zu errichten.

Und schließlich kann Hamburg sein Vorkaufsrecht stadtweit ausüben, nicht mehr nur in den Gebieten mit sozialer Erhaltungsverordnung. Der Entscheidungszeitraum für die Stadt wurde von zwei auf drei Monate erweitert. Zudem wird ein Erwerb zum Verkehrswert erleichtert, statt dem im Kaufvertrag verhandelten Preis zu entsprechen.

Mehr Schatten als Licht

„Gut ist, dass durch Baugebote der Spekulation mit Grundstücken Einhalt geboten werden kann“, betont Matthias Baron und würdigt auch die Option, unkomplizierter von den Vorgaben des B-Plans abzuweichen.

Wenig Verständnis hat er jedoch für das neue Handling des Vorkaufsrechts. „Das fängt schon mit Definitionsfragen an. Was ist der Verkehrswert? Doch eigentlich der Marktwert. Nun wird ein Gutachter bestellt, der den Verkehrswert auf Basis von Daten etwa des Gutachterausschusses ermittelt – also Marktwerte des vergangenen Jahres. Die Stadt kauft dann also zu Preisen des vergangenen Jahres und hat so enormen Einfluss auf die Preisentwicklung.“

Cornelius Jebe formuliert die Kausalkette: „Mehr Regulierung, weniger Investitionen, weniger Wohnungen, höhere Preise. Damit steht die Politik sich bei der Entspannung des Wohnungsmarktes selbst im Weg.“

Hintergrund:
Gebiete mit Sozialer Erhaltungsverordnung sind Milieuschutzgebiete, in denen Modernisierungsmaßnahmen oder die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen genehmigungspflichtig sind, um eine deutliche Verteuerung der Wohnkosten für die gewachsene Anwohnerschaft zu vermeiden – so die Intention der Politik. Nach der letzten Ausweisung neuer Milieuschutzgebiete Ende 2020 gibt es in Hamburg 16 Quartiere mit 315.000 Einwohnern, in denen die Soziale Erhaltungsverordnung gilt.
Eine Abgeschlossenheitsbescheinigung der Baubehörde bestätigt, dass sämtliche, in einem Gebäude vorhandenen Wohnungen bautechnisch voneinander getrennt sind – Voraussetzung dafür, jede Wohnung als in sich abgeschlossene und eigenständige Einheit zu betrachten, um sie ggfs. zu verkaufen.






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