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22.10.2021 Immobilien: Ist nur Covid-19 für hohe Kauf-/Mietpreise verantwortlich?

Eine Studie von Uni Heidelberg und Hans-Böckler-Stiftung aus dem September 2021 untersucht sehr detailliert den Zusammenhang zwischen der Covid-19-Pandemie und den Preissteigerungen bei Miet- und Kaufimmobilien. Tatsächlich identifizieren die Autoren zahlreiche Effekte, die sich nichtsdestotrotz sehr differenziert auf die Nachfrage nach Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser – aber eben auch nach Mietwohnungen auswirken und die Preise in die Höhe treiben. Für Alexander Surminski, Geschäftsführer von „immocation.de“, einem Münchener Ausbildungsunternehmen mit Schwerpunkt auf Wissenstransfer, stellt die analysierte Dynamik aber nur einen vergleichsweise kleinen Teileffekt bzgl. der zukünftig zu erwartenden Preisentwicklungen auf dem Immo-Markt dar.

In Krisenzeiten besinnen sich private Investoren erfahrungsgemäß auf klassische Anlageformen wie Edelmetalle oder Immobilien. Gerade die eigeninitiative Altersvorsorge und der kontinuierliche Aufbau eines Vermögens lassen sich mit Investitionen in „Betongold“ durchaus bewerkstelligen – sofern man sich mit den dahinterstehenden Mechanismen eingehender beschäftigt hat. Die Covid-19-Pandemie wird von den Herausgebern der Studie in ihrer Executive Summary trefflich als „mehrdimensionalen Schock für die Gesellschaft und die Wirtschaft in Deutschland“ bezeichnet. Dementsprechend wirkten sich Ausbreitung und Eindämmungsmaßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen aus. Einerseits stieg die Nachfrage nach Kauf-/Anlage-Immobilien (Eigentumswohnungen + 17%, Einfamilienhäuser +15,6%) sowohl in den Kernstädten, aber auch in den „engeren und weiteren Verflechtungsgürteln“.

Vielen Investitionswilligen fehlten einfach passende Alternativen, die niedrigen Zinsen taten ein Übriges. Gleichzeitig zogen aber auch die Preise auf dem Vermietungsmarkt an – wenn auch im geringerem Maße (Angebotsmieten +5%). Beispielsweise suchten viele Familien neue Wohnungen mit Arbeitszimmern (Faktor Home-Office) oder Balkon/Garten (Alternative zu Spielplätzen, etc.). Die Bau- und Materialpreise nahmen zwar ebenfalls gehörig zu, die Anzahl der genehmigten und fertiggestellten Wohnungen fiel erfreulicherweise nicht signifikant zurück, der Nachfrage-Überhang konnte zumindest etwas reduziert werden.

Dennoch drückten die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie den „Erschwinglichkeits-Faktor“ von Mietwohnungen bei Personen und Familien nach oben, die direkt oder indirekt von Einkommensverlusten (Kurzarbeit, Umsatzrückgang, „Betätigungsverbot“ in der Kunst- und Eventbranche, etc.) betroffen waren. Der coronabedingte Druck auf die Preise nimmt aber leider auch nicht mit dem Wiedererstarken der globalen Wirtschaft ab, ganz im Gegenteil. Der weltweite Bedarf an Öl-Produkten bewegt sich aktuell auf einem Niveau, das vor Jahrzehnten noch unvorstellbar schien. Die Energie- und Heizkosten explodieren entsprechend, ohne dass die Mehrausgaben kurzfristig kompensiert werden können.

"Grüne" Zukunft der Immobilienbranche ist nicht kostenlos zu haben

Fällt das Stichwort „Energie- und Heizkosten“, ergibt sich quasi automatisch eine Überleitung zu den politischen Einflussfaktoren auf die Preisentwicklung bei Eigentums- und Mietobjekten. Politiker, Immobilienunternehmer und Marktexperten wollen es zwar nicht immer zugeben: Der direkte Zusammenhang zwischen einer grünen Erneuerung der Branche sowie steigenden Mieten und Kaufpreisen ist nicht mehr von der Hand zu weisen. Schon heute sind die Erträge aus Mieteinnahmen nicht hoch genug, um diesen Modernisierungsprozess anzustoßen. Wenn jetzt auch noch Landes- und Bundesregierungen auf eine ökologische Wende drängen und diese „alternativlos“ machen, wird das automatisch zu noch angespannteren Märkten führen – auch angesichts der fehlenden Bereitschaft, den steigenden Energiekosten beim Endverbraucher entgegenzuwirken. Schauen wir hingegen nach Frankreich, Spanien und Italien, so wird klar, dass Regierungen kurzfristig Möglichkeiten offenstehen, den Druck auf die Lebenshaltungskosten abzufedern, wenn der politische Wille dazu besteht. Zusätzlich sollte sich der Staat bei seinen ökologischen Förderungen nicht allzu sehr auf die Automobilbranche reduzieren. Da circa 1/3 der Emissionen – und damit auch mehr als durch den Autoverkehr – aus dem Immobiliensegment stammt, wäre ein stärkeres Bewusstsein für intelligente Lösungen am Immobilienmarkt sehr begrüßenswert.

Der Politik sollte doch grundsätzlich daran gelegen sein, dass sich einerseits die Menschen überhaupt noch Mietwohnungen in urbanen Räumen leisten können, andererseits aber auch über die Investition in Wohneigentum – abseits reiner Spekulationsabsichten – für ihren Lebensabend vorsorgen können. Für die Zukunft müssen Investoren nun noch mehr Rücklagen bilden, um finanzielle Mehrbelastungen auszutarieren. Denn neben steuerlichen Erleichterungen, die höchstwahrscheinlich nicht eintreten werden, ist kaum noch nennenswerter Spielraum zu sehen, um sich als Anleger bzw. Altersvorsorger abzusichern.





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