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12.10.2021 Zinsen in Deutschland ziehen an, doch nur bei den Top-Angeboten

Kommt die lang ersehnte Trendumkehr bei den Zinsen? Die Zinsentwicklung der besten verfügbaren Angebote im deutschen Markt verspricht laut dem aktuellen WeltSparen-Zinsradar Erleichterung. Seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) ist jedoch kein Kurswechsel bei der Zinspolitik in Sicht – obwohl die Konsumausgaben der Bevölkerung zuletzt gestiegen sind.

Die EZB verlangt weiterhin Verwahrentgelte für überschüssige Liquidität von Banken. Immer mehr Finanzinstitute geben diese in Form von Negativzinsen an ihre Kundinnen und Kunden weiter, oft sogar schon ab dem ersten Euro. Erst letzte Woche schwörte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling die Bevölkerung auf “unpopuläre Geschäftsentscheidungen im Privatkundenbereich” der Banken ein – also auf anhaltend höhere Gebühren und Negativzinsen. Das “Weiter so” in der Geldpolitik der EZB fügt sich in ein unsicheres Gesamtbild: Die deutsche Wirtschaft erholt sich nach der Corona-Krise langsamer als gedacht. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat unlängst die Konjunkturprognose für 2021 auf 2,6 Prozent gesenkt. Lieferschwierigkeiten, Arbeitskräftemangel und eine im September 2021 auf ein Rekordhoch von 4,1 Prozent gestiegene Inflation hemmen das Wachstum.

Doch könnten nicht gerade höhere Zinsen stabilisierend auf die wirtschaftliche Entwicklung wirken? Nils Lackes, Country Head DACH bei Raisin DS, erläutert in einem Kommentar, wie sich der gestiegene Konsum auf die Banken auswirken könnte.

Zinsen bei Top-Angeboten steigen – Angebote bei größten Banken weiterhin mager
Die Zinsen für Top-Angebote sind in vielen Märkten gestiegen. Währenddessen bleibt diese positive Entwicklung bei fast allen der betrachteten größten Banken aus und das Angebot mager. In Spanien, Deutschland, Polen und den Niederlanden bieten die jeweils drei größten Banken weiterhin überhaupt keine einjährigen Festgelder. Lediglich in Norwegen stiegen die durchschnittlichen Zinsen für diese Produktkategorie bei den größten Banken – wenn auch nur marginal.

• Die größten Spannen zwischen den Top-Angeboten und den Angeboten der drei größten Banken weisen das Vereinigte Königreich, Schweden und Polen auf.
• Deutschland liegt mit einem Zinssatz von 0,633 Prozent bei den Top-Angeboten unverändert an zweiter Stelle der Euroländer.
• In Spanien, den Niederlanden, Deutschland und Polen bieten die größten Banken überhaupt keine einjährigen Sparprodukte an.
• Norwegen ist mit Zinsen von über einem halben Prozent weiterhin Spitzenreiter bei den größten Banken. Die Kunden der größten Banken erhalten sonst nur im Vereinigten Königreich und in Belgien mehr als ein Zehntel Prozent für einjährige Spareinlagen.

Leichter Aufwärtstrend bei Festgeldern hält vorerst an

Fast alle untersuchten Märkte konnten sowohl bei ein- als auch bei dreijährigen Festgeldern leichte Anstiege verzeichnen oder zumindest das Niveau des Vormonats halten. Lediglich in Spanien, Frankreich und Österreich gab es Rückgänge. Die Zinsspanne zwischen ein- und dreijährigen Anlagen blieb in den meisten Märkten überschaubar. Mehr als 0,4 Prozent beträgt sie lediglich in Frankreich und Italien.

• Die Zinsen in Deutschland setzen ihren Aufwärtstrend fort und liegen bei 0,633 für einjährige und bei 0,713 Prozent für dreijährige Festgelder.
• Anleger in Skandinavien, Italien und dem Vereinigten Königreich erhalten die höchsten Zinsen für ein- und dreijährige Anlagen.
• Das Vereinigte Königreich bleibt unangefochtener Spitzenreiter mit 1,423 Prozent für ein- und 1,723 Prozent Zinsen für dreijährige Anlagen.

EZB: Durchschnittszinsen für Privatkunden stagnieren bei 0,02 Prozent

Die Zinsen für Privatkunden blieben laut den neuesten Daten der EZB vom August 2021 weitestgehend konstant und fielen in der Eurozone im Durchschnitt lediglich um einen Basispunkt. Für deutsche Privatkunden verharren sie bei 0,02 Prozent. In sieben Ländern der Eurozone gab es überhaupt keine Veränderungen im Vergleich zum Vormonat. Große Veränderungen um mehr als 10 Basispunkte gab es bloß in drei Staaten außerhalb der Eurozone: Dänemark, Tschechien und Ungarn.

• In den größeren Volkswirtschaften der Eurozone sind lediglich in den Niederlanden, Italien und Frankreich leichte Zinsrückgänge zu verzeichnen.
• In Spanien und Deutschland stagnieren die Zinsen bei 0,01 und 0,02 Prozent knapp über Null. Beide Staaten gehören damit zu den Schlusslichtern in Europa.
• Die höchsten Zinsen für Privatkunden gibt es in Rumänien mit 1,14 Prozent.

EZB-Daten: Unternehmenszinsen im freien Fall

Der durchschnittliche Unternehmenszinssatz in der Eurozone ist im Vergleich zum Vormonat um fünf Basispunkte gefallen und liegt nun bei -0,36 Prozent. In zehn Ländern der Eurozone müssen Unternehmen Negativzinsen zahlen. In Deutschland ist die Belastung für Unternehmen mit -0,50 Prozent weiter am höchsten. Lediglich in Italien steigen die Unternehmenszinsen massiv – um 975 Prozent zum Vormonat und im Vergleich zum Vorjahr sogar um 3.400 Prozent.

• Insgesamt sind in zwölf der betrachteten Länder Strafzinsen für Unternehmen fällig.
• Spanische Unternehmen müssen mit -0,28 Prozent wieder Strafzinsen für ihre Einlagen zahlen, nachdem der Wert im Vormonat über Null gelegen hatte.
• Europaweit ist die Belastung in Deutschland und Dänemark mit -0,50 Prozent am höchsten.
• Italien ist die einzige große Volkswirtschaft der Eurozone, in der Unternehmen keine Strafzinsen zahlen müssen, sondern im Mittel sogar 0,35 Prozent Zinsen erhalten.

Kommentar von Nils Lackes, Raisin DS, Country Head DACH: “Neue Daten der EZB zur Entwicklung der Spareinlagen von Privathaushalten zeigen, dass die Europäer wieder mehr Geld ausgeben – erstmals seit zwei Jahren sogar mehr, als sie sparen. Mit Blick auf die stark gestiegene Inflation – mit 4,1 Prozent in Deutschland so hoch wie seit 1993 nicht mehr – und die zunehmende Reaktivierung der Wirtschaft nach der Corona-Krise ist das kaum verwunderlich. Da es inzwischen mehr vakante Arbeitsplätze als Arbeitnehmer gibt, ist die Verhandlungsposition von Arbeitnehmern, wenn es darum geht, bessere Löhne auszuhandeln, deutlich gestärkt. Die EZB äußert sich besorgt darüber, dass dies zu einem weiteren Anziehen der Inflation führen könnte. Das Schaffen von Arbeitsplätzen könnte aber auch das weitere Wirtschaftswachstum befeuern, das Vertrauen der europäischen Verbraucher stärken und den Konsum weiter ankurbeln. Steigen die Konsumausgaben, schwinden die Liquiditätsüberschüsse der Banken – und damit auch das bei der EZB geparkte Geld. Vor diesem Hintergrund wären Banken gerade jetzt gut beraten, ihre Liquiditätsplanung längerfristig auszurichten und die Zinssätze für Spareinlagen zu erhöhen. Wie sich die Zinsen letzten Endes entwickeln werden, bleibt auch angesichts der EZB-Politik abzuwarten."






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