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06.10.2021 Neue Bodenrichtwerte torpedieren Planungssicherheit bei Übergaben

Die Veröffentlichung von Bodenrichtwerten durch die Gutachterausschüsse findet in regelmäßigen Abständen, alle zwei Jahre (Stichtag 31.12.) statt. Die Reformierung der Grundsteuer hat nun auch eine Änderung des Baugesetzes (BauGB) notwendig gemacht: Die Überarbeitung der Bodenrichtwerte findet weiterhin alle zwei Jahre statt, jedoch ist der Stichtag vom Ende eines (geraden Jahres) auf Anfang eines geraden Jahres verändert worden, also zum 01.01.2022.

Die Gutachterausschüsse sind Anfang September angewiesen worden diese Änderung umzusetzen. Soweit Immobilieneigentümer nunmehr eine geordnete Nachfolge geplant haben und diese bis zum Ende des Jahres 2022 hatten umsetzen wollten, werden diese nunmehr gezwungen, dies bis zum Ende dieses Jahres umgesetzt zu haben. Soweit dieser Stichtag nicht eingehalten werden kann, wird dies sicherlich wieder zu einer Erhöhung der Immobilienpreise führen und damit zu einer höheren Schenkungsteuer.

Im Normalfall verlangt die Übergabe einer Immobilie, im Schenkungsfall eine gut und langfristig abgestimmte Planung. Dabei sind vorgegebene Fristen, die bereits seit Jahrzehnten Bestand haben, eine wichtige Richtschnur. Ausgelöst durch die Änderung des Baugesetzbuchs und eine Anweisung aller Bayerischen Gutachterausschüsse wird dieser bewährte Rhythmus kurzfristig ausgesetzt. Die neue Veröffentlichung der Bodenrichtwerte durch die Gutachterausschüsse hat bereits zum 1. Januar 2022 zu erfolgen. Ein ganzes Jahr früher, als für Planungen vorgesehen war.

Der Grund liegt in einer Gesetzesänderung des Baugesetzbuchs verbunden mit der Grundsteuerreform. In dieser Gesetzesänderung vom 14.06.2021 wurde der Wortlaut wie folgt geändert: Satz 5: Die Bodenrichtwerte sind jeweils zu Beginn jedes zweiten Kalenderjahres zu ermitteln.

Nach der alten Regelung wäre das der 31.12.2022 gewesen, nach der neuen Regelung nunmehr der 01.01.2022.

Warum ist das von großer Bedeutung?

Das erläutert die Rechtsanwältin, Steuerberaterin Agnes Fischl-Obermayer: „All jene Immobilienbesitzer, die sich jetzt mit der Übergabe einer Immobilie befasst haben oder aber gerade in einem Bewertungsprozess stecken, wurden mit der neuen Fristsetzung überrascht und vor vollendete Tatsachen gestellt. Aber eine solide Planung benötigt Zeit. Durch den vorgelegten Veröffentlichungszeitraum fehlt uns in der Planung ein ganzes Jahr!“

Als Fachanwältin für Erbrecht in der ACCONSIS München stellt dieser neue Passus ihre Arbeit und die Arbeit der Immobilienexperten vor eine große Herausforderung. Denn die Auswirkungen sind klar: „Somit wird mitten in einer Übergabephase der Bodenrichtwert erhöht. Das führt zwangsläufig zu neuen Bewertungsgrundlagen für die Abgaben bei der Schenkung. Das kann zu empfindlichen Mehrkosten führen.“

Ein Rechenbeispiel macht das Problem sichtbar: Die Bodenrichtwerte eines Grundstücks in guter Lage (z.B. Rheinlandstraße, Schwabing/Freimann) wurden 2018 mit 4.700 Euro bewertet. Bei der Veröffentlichung in 2020 stand der Richtwert desselben Grundstücks bereits bei 5.700 Euro. Das entspricht einer Erhöhung von 21,3 %. Nun ist verständlich, dass bei einem Grundstückswert von z.B. 1.000.000 Euro ein Mehrwert von 213.000 Euro auch zu einer empfindlich höheren Steuerlast führt.

Es wird schwierig sein, einen einmal vorgenommenen Gesetzeslauf zu stoppen. Aber diese Änderung zeigt, dass man keinen Blick auf die Auswirkungen in andere gesetzliche Regelungen vornimmt. Eine Ausnahmeregelung für die Anwendung der Bodenrichtwerte für das Bewertungsgesetz hätte gereicht. Diese Regelung wird weiter dazu beitragen, dass sich viele Immobilieneigentümer eine Nachfolge auf die nächste Generation nicht mehr leisten können und wieder vor allem Mehrfamilienhäuser in München, die sich seit Generationen in der Familie befinden, an Investoren veräußert werden.






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