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29.09.2021 Immobilienentwickler Evergrande: Nicht 'too big to fail'

Carlos de Sousa, Strategist bei Vontobel, äußert sich zum Szenario einer möglichen Insolvenz des zweitgrößten chinesischen Immobilienentwicklers Evergrande. Am Montag, dem 20. September, machte sich angesichts von Spekulationen, dass ein Zahlungsausfall von Evergrande die gleiche Bedeutung wie die Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 haben könnte, Panik auf den globalen Märkten breit. Evergrande kündigte an, dass es den Fall einer überfälligen Zinszahlung für inländische Anleihen gelöst habe. Es gab Gerüchte, dass drei Staatsunternehmen den angeschlagenen privaten Immobilienentwickler übernehmen könnten.

Begrenzte Ansteckungsgefahr: Chinas zweitgrößter Immobilienentwickler ringt mit Liquiditätsengpässen. Da eine staatliche Rettungsaktion vom Tisch zu sein scheint, dürfte es zu Zahlungsausfällen bei den internationalen Anleihen kommen. Die Verschuldung von Evergrande ist enorm, sie ist jedoch über ein breites Spektrum von Gläubigern verteilt und stellt mit 0,35-0,5 Prozent der Gesamtkredite chinesischer Banken nur einen winzigen Bruchteil des chinesischen Bankensystems dar. Daher dürfte die Ansteckungsgefahr begrenzt sein.

Evergrande ist kein Lehman: Evergrande ist kein Finanzinstitut und seine Hauptvermögenswerte sind Immobilien, keine Finanzinstrumente. Immobilienpreise entwickeln sich im Unterschied zu Vermögenswerten in der Regel langsam.

Staatliche Intervention: Es ist trotz anhaltender Gerüchte sehr unwahrscheinlich, dass die chinesische Regierung zu einer pauschalen Rettung des Unternehmens bereit ist, da sie den Moral Hazard reduzieren will. Sie dürfte jedoch intervenieren, um eine geordnete Restrukturierung zu gewährleisten und chinesische Privatanleger vor Verlusten zu schützen. Die Reduzierung des Moral Hazard könnte nicht nur zu einer effizienteren Allokation von Ressourcen führen, sondern vielleicht sogar zu einer besseren Finanzlage chinesischer Banken.

Lockerung der Geld- und Fiskalpolitik: Eine anhaltende Abschwächung im chinesischen Immobiliensektor dürfte zu einer Verlangsamung des chinesischen BIP-Wachstums in der zweiten Jahreshälfte führen. Diese Konjunkturabschwächung sollte aber vorübergehend sein, da die Behörden die Geld- und Fiskalpolitik wahrscheinlich in den nächsten Monaten schrittweise lockern werden.

Chancen für aktive Anleger: In Folge der Turbulenzen bei Evergrande musste der gesamte chinesische High Yield-Sektor seit Ende Mai Kursverluste von 11 Prozent verbuchen. Viele Anleihen chinesischer High-Yield-Emittenten werden als Stressed und Distressed Credit gehandelt. Wir sind der Auffassung, dass es zu einem nahezu willkürlichen Ausverkauf des chinesischen Hochzinssegments gekommen ist, der viele ausgezeichnete Chancen für aktive Anleger bietet.

(by: Carlos de Sousa, Strategist bei Vontobel)





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