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27.08.2021 Das Hochhaus hat Zukunft: Aengevelt rät zu Rahmenplan für Projekte

Marie-Luise Colditz vom Düsseldorfer Stadtplanungsamt (vorne neben Dr. Wulff Aengevelt) stellt Aengevelt das Düsseldorfer Hochhausrahmenplan-Konzept vor
Das Hochhaus hat wieder Zukunft: Aengevelt Research beobachtet ein international wie auch deutschlandweit wachsendes Interesse an Büro- und Wohnhochhäusern. Denn Hochhäuser können nicht nur architektonische und städtebauliche Leuchttürme darstellen, sondern sind auch unter ökologischen Aspekten sinnvoll, weil sie den Flächenverbrauch verringern und zur Reduzierung der urbanen Verkehrsströme beitragen.

Damit die Schaffung von Baurecht für Hochhausprojekte erleichtert wird, empfiehlt Aengevelt Research den Städten, Rahmenpläne für die Genehmigung von Hochhäusern zu erstellen. Und sie haben auch gleich ein Vorbild dafür: Den Hochhausrahmenplan der Stadt Düsseldorf, der derzeit in einem Prozess mit intensiver Bürgerbeteiligung erarbeitet wird.

Als Hochhaus gilt in der Regel ein Gebäude, das über 25 Meter Höhe bzw. acht oder mehr Geschosse aufweist. Das Hochhaus ist eine Antwort auf die Flächenknappheit in den Städten, denn es schont das nicht vermehrbare Gut Grund und Boden. Zudem ermöglicht das Hochhaus die kompakte, hochverdichtete und gleichzeitig klimagerechte Stadt der kurzen Wege und zudem neue Mobilitätskonzepte. So hat sich die Stadt Paris als „Viertelstunden-Stadt“ ausgerufen, weil alle täglichen Wege – zum Arbeitsplatz, zur Schule oder Hochschule, zum Einkaufen, zu Kultur- und Freizeiteinrichtungen, ins Kneipenviertel – innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Rad möglich sein sollen. Auch der ÖPNV lässt sich effizienter organisieren, wenn sich Arbeitsplätze, Dienstleistungen und Wohnungen auf wenige, hochverdichtete Standorte konzentrieren.

Allerdings gibt es auch Argumente, die gegen Hochhäuser sprechen können: Hochhäuser können das Stadtbild beeinträchtigen, wenn sie historische Stadtsilhouetten, Altstädte, Boulevards oder Flussufer optisch erdrücken. Sie können Wohnraum, Plätze und Parkanlagen im Umfeld verschatten. Sie können Monostrukturen und Sterilität erzeugen. Sie können urbane Kaltluftschneiden blockieren, die angesichts der Klimaerwärmung immer wichtiger werden.

In den Planungsämtern und politischen Gremien sind Hochhausprojekte deshalb regelmäßig Gegenstand kontroverser Diskussionen, die sich mitunter in langen Genehmigungsverfahren niederschlagen. Die Stadt Düsseldorf ist deshalb dabei, einen Rahmenplan für Hochhäuser zu entwickeln und zu verabschieden, der Bauherren Planungssicherheit bietet und der den politischen Gremien die Entscheidungen erleichtert. Und wenn ein solcher Hochhausrahmenplan auch noch – wie in Düsseldorf geschehen – in einem Prozess mit breiter Bürgerbeteiligung entwickelt wird, ist gewährleistet, dass alle relevanten Interessen aus Bürgerschaft, Wirtschaft und Gesellschaft berücksichtigt werden können. Die Regelungsbereiche des Düsseldorfer Rahmenplans umfassen dabei die Rolle des Hochhauses in der Stadt, die Rolle des Hochhauses in der Nachbarschaft und Anforderungen an das Gebäude selbst. Dabei sollen jeweils ökologische, soziale und ökonomische Ziele erreicht werden.
Folgende Anforderungen sollen Hochhäuser in der Stadt erfüllen:

• Verträgliche Weiterentwicklung der Stadtsilhouette ohne Störung markanter Gebäude.
• Wahl von Standorten, die gut mit klimafreundlichen Verkehrsmitteln erreicht werden können (zu Fuß, per Rad, per ÖPNV).
• Freihaltung von Frischluftschneisen für das Stadtklima.
• Vermeidung von Verschattung öffentlicher Freiflächen und Wohnungen.
• Berücksichtigung von Sonnenlichtreflektion und nächtlicher Lichtemission.

Diese Ziele können realisiert werden, indem Schutzzonen festgelegt werden, in denen keine Hochhäuser errichtet werden können, und indem Achsen und Cluster definiert werden, an denen neue Hochhäuser entstehen dürfen und sollen. In Düsseldorf soll dabei die Höhe von 100 Metern nicht wesentlich überschritten werden.

In Bezug auf die Nachbarschaft haben die Düsseldorfer folgende Kriterien entwickelt:

• Hochhäuser sollen sich in ihrer Höhe an bestehenden Hochhäusern orientieren und hohen architektonischen und gestalterischen Ansprüchen entsprechen.
• Das Hochhaus soll idealerweise einen Mix aus verschiedenen Nutzungen wie Arbeiten, Einkaufen, Dienstleistungen und Wohnen umfassen, der auch öffentlich nutzbare Angebote umfasst und das jeweilige Stadtquartier sinnvoll ergänzt.
• Vorplätze, Innenhöfe und Dachflächen sollen als lebendige Stadträume mit hoher Aufenthalts- und Nutzungsqualität und möglichst grün geplant werden.
• Stellung, Form und Orientierung werden optimiert, um Fallwinde und Kamineffekte zu vermeiden.
An das Gebäude selbst werden ebenfalls Anforderungen gestellt:
• Hohe ökologische Qualität durch besondere Energieeffizienz sowie begrünte Dächer und/oder Fassaden.
• Regenwasser wird intensiv genutzt und es gibt ein Starkregenmanagement.
• Nachhaltigkeit durch Verwendung nachwachsender, recycelter oder CO2-speichernder Materialien sowie Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus bis hin zur Entsorgung.
• Soziale Beiträge beispielsweise durch geförderten Wohnungsbau, durch kulturelle Angebote, durch soziale Nutzungen oder öffentlich geförderte, „soziale“ Gewerbenutzungen, die ansonsten an diesen Standorten nicht rentabel wären.

Dieser Anforderungskatalog soll gewährleisten, dass sich die positiven Beiträge, die Hochhäuser zur Stadtentwicklung und Stadtökologie leisten können, entfalten können, während ihre potentiellen Risiken vermieden werden. Das bedeutet, dass die Kriterien im Einzelfall durchaus flexibel gehandhabt werden können.

Dazu Marie-Luise Colditz vom Düsseldorfer Stadtplanungsamt: „Wie die Ziele beim einzelnen Gebäude zu konkretisieren sind, ist immer kontextabhängig. Beispielsweise sind die Anforderungen an die Höhe und den Nutzungsmix von der jeweiligen städtebaulichen Einbettung und dem umgebenden Quartier abhängig.“

Zusätzlich ist ein Hochhausbeirat eingerichtet worden, der Hochhausvorhaben im Dialog mit Architekten und Investoren in ihrer Auswirkung auf Stadtgestalt und Stadtstruktur begutachtet und bespricht, um durch fachlich kompetente Empfehlungen eine Entscheidungsgrundlage für politische Gremien und für die Verwaltung zu schaffen.
Düsseldorf geht mit seinem Hochhausrahmenplan einen etwas anderen Weg als Frankfurt am Main, das seinen ersten Hochhausplan bereits im Jahr 1953 verabschiedet hatte und das gerade an dem Hochhausentwicklungsplan 2021 arbeitet. Allerdings leidet die Frankfurter Hochhausrahmenplanung an ihrem unverbindlichen Charakter, was dazu geführt hat, dass sich immer wieder politische Mehrheiten für Projekte fanden, die im jeweiligen Plan gar nicht vorgesehen waren (beispielsweise für den EZB-Turm). Statt konkrete Standorte und Projekte zu definieren, fokussiert sich der Düsseldorfer Rahmenplan darauf, Ziele, Leitlinien, Kriterien, Verfahren und Schutzzonen sowie räumlich relativ grob umrissene Achsen und Cluster festzulegen. Damit kann flexibler auf sich ändernde Bedarfe und innovative Projekte reagiert werden.

Aengevelt Research verweist darauf, dass in Zukunft vermehrt Hochhäuser errichtet werden müssen, damit die vom Bundesverfassungsgericht geforderte klimagerechte Umgestaltung der Städte realisiert werden kann. Hochhausrahmenpläne können die Planungs- und Genehmigungsprozesse erleichtern und beschleunigen.

Dr. Wulff Aengevelt: „Die Investoren stehen bereit, um neue Hochhäuser zu errichten, die hohe ökologische Anforderungen erfüllen. Hochhäuser unterstützen die Umsetzung innovativer Mobilitätssysteme, die den PKW-Verkehr reduzieren. So kommt ein gut vernetztes Hochhaus mit weniger Stellplätzen aus, weil die Menschen, die es nutzen, zu Fuß, mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen – in Zukunft möglicherweise sogar mit einem der neuartigen Lufttaxis, die sich gerade im Zulassungsprozess der Flugsicherungsbehörden befinden. Mit einem Hochhausrahmenplan wissen Investoren und Architekten, welche Anforderungen sie erfüllen müssen. Und so manche politische Debatte um ein konkretes Projekt kann man sich sparen, wenn die genannten Anforderungen erfüllt werden.“





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