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22.07.2021 Auch der spanische Immobilienmarkt erholt sich von der Pandemie

Es waren teils drastische Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, die im vergangenen Jahr auf den europäischen Märkten zu spüren waren. Beleuchtet man nach dem Ablauf des ersten Halbjahres 2021 einzelne Segmente des spanischen Immobilienmarkts, kristallisieren sich bereits einige Assetklassen heraus, die gestärkt aus der sich auch in Spanien vor dem Sommer stabilisierenden Pandemie hervorgehen dürften.

Der Logistik- und Industriesektor

Der Logistiksektor in Spanien, der dem Verband CEL (Centro Español de Logística) zufolge in den Jahren 2018 und 2019 bis zu 8 % des spanischen BIP ausmachte, erwies sich während des von der COVID-19-Pandemie gezeichneten Jahres 2020 als überaus robust, was sich auch im ersten Quartal 2021 bestätigte. So berichtet der „CBRE - Recovery Monitor Spain“ von einem Nachfragewachstum nach vermietbaren Logistik- und Industrieimmobilien von 53 % im Vergleich der Zeiträume von Januar bis März der Jahre 2019 und 2021.

Die anhaltende hohe Nachfrage nach Logistikimmobilien in den Städten Madrid, Barcelona, Valencia, Zaragoza oder Bilbao geht im Wesentlichen auf den europaweit boomenden E-Commerce-Sektor zurück, der dem pandemiebedingten veränderten Verbraucherverhalten Rechnung trägt: Immer mehr Verbraucher erwarten noch am selben Tag die Lieferung ihrer Online-Bestellung. Zudem zieht es Berufstätige auch weiterhin im zunehmenden Maße in die spanischen Großstädte, sodass der Bedarf an Logistikdienstleistungen weiter angestiegen ist. Bekannt ist insbesondere die in Madrid beginnende und in Barcelona endende Autobahn A-2, die als die „Goldmeile“ des spanischen Logistiksektors gilt.

Unternehmen mit Logistikaktivitäten in Spanien setzen auf eine weitergehende Diversifizierung ihrer Lager und melden vor diesem Hintergrund einen erhöhten Flächenbedarf mit größeren Dimensionierungen für neue Logistikimmobilien an. Beispielsweise erwarb die Logistiksparte der australischen Goodman Group erst kürzlich im Stadtbezirk San Blas-Canillejas von Madrid sechs Großparzellen zur Schaffung eines an den Autobahnen A-2 und M-21 gelegenen neuen Logistikhubs mit einer Fläche von mehr als 108.457 m2, die zuvor im öffentlichen Eigentum der Autonomen Region von Madrid standen.

Büroimmobilien

Die Folgen und Auswirkungen der COVID-19-Pandemie waren im vergangenen Jahr im Besonderen im Bereich der Büroimmobilien zu spüren: In Madrid und Barcelona fiel die Nachfrage im Jahr 2020 nach mietbaren Büroimmobilien drastisch ab, im Vergleich zum Jahr 2019 um rund 51 %.

Das erste Quartal 2021 sorgte gemäß dem „Markt-Snapshot“ von JLL für eine gewisse Erholung: In Madrid und Barcelona betrug die Flächenanmietung von Büros insgesamt ca. 132.825 m2. Savills Aguirre Newman berichtet hinsichtlich desselben Zeitraums beispielsweise, dass innerhalb des Gebiets der Madrider Stadtautobahn M-30 Büroflächen von mehr als 84.000 m2 angemietet wurden. Insgesamt betrug der Leerstand an sofort verfügbaren Büroflächen in Madrid zum Abschluss des ersten Quartals eine Fläche von ca. 1,26 Millionen Quadratmeter.

Das Arbeiten von Zuhause („Home-Office“) in den Monaten der ersten Pandemiewelle zwischen März bis Mai 2020 gilt als wesentliche Hauptursache für die im Jahr 2020 am spanischen Markt spürbar gesunkene Nachfrage nach mietbaren Büroimmobilien. Während der langen Lockdown-Monate zwischen den genannten Monaten arbeiteten, rund 71 % der in Spanien Angestellten von Zuhause aus.

Savills Aguirre Newman geht in dem „Office Spotlight“-Marktbericht zum 1. Quartal 2021 davon aus, dass durch eine zunehmende Stabilisierung der Pandemielage und einer erhöhten Anzahl von Geimpften in Spanien eine gewisse Rückkehr zur „Normalität“ erfolgen wird. Arbeitgeber würden in Zukunft dennoch auf hybride Arbeitsmodelle setzen, um für eine Reduzierung gemieteter Büroflächen sorgen und Kosten sparen zu können. Savills rechnet mit Blick auf Madrid für 2022, dass der Büroimmobilienmarkt wieder ein dominanter Faktor für Immobilieninvestments sein wird.

Die Mieten im Prime-Bereich der spanischen Büroimmobilien belaufen sich der aktuellen JLL-Marktstudie zufolge der spanischen Hauptstadt Madrid pro Quadratmeter auf 36 Euro/monatlich und in Barcelona auf 27 Euro/monatlich pro Quadratmeter, mit einem Rückgang seit Pandemiebeginn zwischen 1-2%.

Die Investitionssummen in Bürogebäude beliefen sich in Madrid und Barcelona dem genannten Marktbericht im ersten Quartal 2021 auf mehr als 226 Millionen Euro.

Der spanische Wohnimmobilienmarkt im Zeichen der Erholung und des Wandels

Der spanische „Lockdown“ während der ersten Pandemiewelle zwischen März und Mai 2020 führte auch zu einem drastischen Transaktionsrückgang mit Blick auf den spanischen Wohnimmobilienmarkt. Insoweit ist es wichtig noch einmal hervorzuheben, dass in Spanien noch immer knapp 80 % der Bürger im Eigenheim und nicht zur Miete wohnen. Allerdings scheint sich der Wohnimmobilienmarkt wieder in einem guten Maße erholt zu haben.

So hat die Banco de España jüngst entsprechende Marktindikatoren veröffentlicht, denen zu entnehmen ist, dass die Preise für Wohnimmobilien der fortgeschrittenen Pandemiesituation trotzen. Im ersten Quartal 2021 sei das Preisniveau von bereits genutzten Immobilien um 3 % zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Insbesondere das Preisniveau von Neubauobjekten sei äußerst stabil gewesen. Dessen ungeachtet liegt das Preisniveau für Neubauobjekte noch ca. 10 % unter den im Jahr 2007 erreichten Höchstwerten.

Das Bewertungsunternehmen Tinsa hat kürzlich einen Marktbericht veröffentlicht , wonach das allgemeine Preisniveau für Wohnimmobilien um 0,9% in Spanien gestiegen sei. Anders sehe es jedoch bei dem Preisniveau für Wohnimmobilien an spanischen Küstengebieten aus, die sogar um 5,1% gestiegen seien. Auch die spanischen Inseln verzeichnen dem Marktbericht von Tinsa zufolge einen Preisniveauanstieg von 4,7%. Im vergangenen Jahr sahen zwar viele nichtansässige Ausländer – eine wichtige Investorengruppe für Privatimmobilien an der Küste und auf den Inseln - aufgrund der strikten Reise- und Freizügigkeitsbeschränkungen von Hauskäufen in Spanien ab, was sich mit der wachsenden Anzahl an geimpften Personen und der sich stabilisierenden Pandemielage jedoch bereits in den letzten Wochen und Monaten schon ändert.

Die spanische Gesellschaft für Wertanalyse (Asociación Española de Análisis de Valor, AEV) geht davon aus, dass die Preise für Neubauimmobilien spanienweit bis Ende 2021 um bis zu 5 % steigen könnten, was auch mit einer veränderten Präferenz für größere Wohnimmobilien einhergeht. Die sich wandelnde Käuferpräferenz war bereits 2020 ersichtlich, in welchem die im Rahmen von Immobilienkäufen übertragenen Flächen im Durchschnitt 100,85 m2 betrug und damit bereits einen Anstieg von 2,19% im Vergleich zu 2019 (98,69 m2) bedeutete.

Im Besonderen gewännen laut AEV Wohnungen und Häuser für Einfamilien (vivienda unifamiliar) in ländlichen Gebieten oder am Rande der Großstädte wie Madrid, Barcelona, Málaga oder Valencia zunehmend an Beliebtheit. Insbesondere spanische Käufer setzten bei dem Erwerb von Einfamilienimmobilien auf größere gemeinschaftliche und private Flächen mit einem eigenen Garten oder weitläufigen Terrassen sowie auf die Nachhaltigkeit ihrer Immobilien, z.B. mittels der Anbringung von Photovoltaikanlagen, die nebenbei in der Autonomen Region von Madrid aufgrund der derzeitigen Vorschriften zu einer Vergünstigung der Grundsteuer (IBI) von bis zu 50 % für einen Zeitraum von drei Jahren führen können. Neben generell weiträumigeren Flächen sei die Abgeschiedenheit von den Metropolstädten ein weiterer in zunehmendem Masse von den Käufern geschätzter Faktor. Getrieben werde diese veränderte Käuferpräferenz von der Möglichkeit zum Home-Office und der damit im Zusammenhang stehenden Flexibilität in Bezug auf die Lage des Wohnobjekts. Auch bieten Wohnimmobilien im Umland derzeit noch ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis.

Darüber hinaus ist derzeit ein besonderer Trend in Madrid erkennbar: Vermögende, aus verschiedenen südamerikanischen Ländern stammende Käufer erwerben vielfach Wohnimmobilien in bester Lage, etwa im Madrider Stadtviertel Salamanca. Die Preise für Penthäuser bewegen sich in diesen Lagen sogar zwischen 7000 €/m2 und 9000 €/m2. Eine der Hauptursachen für diesen Trend zum Prime-Wohnimmobilienkauf liegt bei dieser Käufergruppe in der politischen Instabilität der Herkunftsländer und der Angst um den Verlust des eigenen Vermögens, gepaart mit der Tatsache, dass Südamerikaner gewöhnlich leicht ein Aufenthaltsrecht in Spanien bzw. sogar die spanische Staatsangehörigkeit bekommen. Einmal abgesehen davon, dass südamerikanische Privatinvestoren oft ohne Finanzierung kaufen.

Zudem gewinnt in Spanien auch die Nachfrage nach Mietwohnungen wieder an Bedeutung. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass das Mietniveau gesunken ist. Zudem werden bislang über Plattformen wie Airbnb zur Vermietung für touristische Zwecke genutzte Wohnungen dem Wohnungsmarkt wieder zugeführt, was insbesondere in Barcelona und Madrid spürbar ist. Dem aktuellen Wohnungsmarktbericht des Unternehmens UVE Valoraciones lässt sich für das 1. Quartal 2021 ein Rückgang der Mieten in Madrid um 11,62% entnehmen, wobei sich der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Mieten auf 14,67 Euro/m2 beläuft. Für Barcelona belief sich der Rückgang der Mieten im selben Zeitraum auf 15,87% mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis für Mieten von 14,53 Euro/m2.

Hotelsektor und Private Studentenwohnheime

Ebenfalls scheint auch der spanische Hotelsektor erste Anzeichen einer Erholung von den massiven Einbußen zu zeigen, die man bislang während der Pandemie erlitten hat. So berichtet eine aktuelle Marktstudie des Unternehmens MVGM davon, dass rund 60 % der aktuellen Hotelreservierungen in Spanien für diesen Sommer von Nichtansässigen stammen. In der Publikation „European Hotel Trends“ von Savills Aguirre Newman wird darüber hinaus dargestellt, dass Spanien im ersten Quartal 2021 auf dem zweiten Platz der Hotelinvestments lag, mit Investitionssummen, die rund 400 Millionen Euro überstiegen.

Auch die noch junge Immobilien-Assetklasse Micro Living, zu denen im Engeren neben sog. Business Apartments für die temporäre Unterkunft von Projektarbeitern oder Pendlern auch private Studentenwohnheime gezählt werden, dürfte in diesem Jahr wieder in den Fokus der Immobilieninvestoren rücken. In Spanien als einem Land mit überaus großer Beliebtheit für Studierende aus dem Ausland ist insoweit weiter mit größeren Investitionen im Bereich privater Studentenwohnheime zu rechnen. Einer aktuellen Marktstudie der DBK Informa lässt sich entnehmen , dass in den kommenden zwei Jahren mit der Schaffung von rund 14.000 Unterkunftsmöglichkeiten in Studentenwohnheim zu rechnen sei. Der genannten Marktstudie zufolge gab es Ende des vergangenen Jahres in ganz Spanien 97.290 Unterkunftsplätze, verteilt auf 1053 Studentenwohnheime. So ist es auch keine Überraschung, dass beispielsweise kürzlich ein großer schwedischer Investor Investitionssummen von mehr als 500 Millionen Euro für den Bau von Studentenwohnheimen in Spanien in den kommenden zwei bis drei Jahren angekündigte.

Im Hinblick auf private Studentenwohnheime sehen Micro-Living-Investoren derzeit nicht nur in den großen Metropol- und Universitätsstädten Madrid, Barcelona und Málaga und Valencia Investitionsmöglichkeiten, sondern auch in den kleineren Universitätsstädten wie Salamanca oder Zaragoza. Private Studentenwohnheime mit diversen Services bieten Studenten zunehmend eine Alternative zum klassischen Wohnungsmietmarkt. Private Studentenwohnheime in bester Lage erlaubt es Studenten, in zentraler Lage und mit hervorragender Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz eine Unterkunft für ein akademisches Jahr zu nehmen.

In Spanien herrscht darüber hinaus nach der sich im Land stabilisierenden Pandemielage wieder ein erhöhtes Investitionsinteresse nach Immobilien zur Schaffung von Apartments mit Angeboten für betreutes Wohnen. Älteren Personen, die sich im sog. Dritten Alter, der tercera edad befinden, sollen von einem 24h-Rundumservice profitieren können. Auch das sog. Coliving erlangt wieder verstärkt das Interesse von Immobilieninvestoren. Das aus dem Silicon Valley stammende Coliving-Konzept soll Coworking-Objekte mit Unterkunftsmöglichkeiten erweitern, wobei das Angebot hauptsächlich auf Arbeiter in der Kreativ- und Digitalbranche und „digitale Nomaden“ abzielt.

Fazit und Ausblick

Insgesamt lässt sich festhalten, dass eine Erholung des spanischen Immobilienmarktes in praktisch allen Assetklassen festgestellt werden kann.

Die große Herausforderung für den spanischen Markt ist allerdings nach wie vor die Schaffung eines soliden Mietmarktes und die gleichzeitige Herabsetzung der noch immer sehr hohen Eigentumsquote von rund 80%. Seit vielen Jahren versuchen spanische Regierungen verschiedenster politischer Ausrichtungen, Vergünstigungen für den Bau von Mietwohnungen zu schaffen, auch wurde die in Spanien historische Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen für Erstwohnungskäufer vor einigen Jahren vollständig abgeschafft.

Erst jetzt, zum Zeitpunkt des Überwindens der Pandemie, werden erste Projekte auch ausländischer Entwickler und Investoren im wohnungswirtschaftlichen Bereich bekannt, die auf „built to rent“ setzen und hoffentlich die seit Jahrzehnten angestrebte Herabsetzung der hohen Eigentumsquote einleiten könnten.


(by: Stefan Meyer und Steven Rudmann, Rechtsanwälte & Abogados, Monereo Meyer Abogados, Madrid)





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