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05.07.2021 Corona-Delta-Variante: Erneuter Konjunktureinbruch unwahrscheinlich

Die Delta-Variante des Corona-Virus beunruhigt zunehmend die Märkte. Tatsächlich wird diese hoch ansteckende Virusmutation, gegen die vermutlich erst die vollständige Impfung wirksam schützt, sehr bald wieder zu steigenden Infektionszahlen führen, wie dies in Großbritannien und Portugal bereits zu beobachten ist. Ob dies die erwartete Erholung der Wirtschaft im zweiten Halbjahr beeinträchtigen könnte, hängt entscheidend vom weiteren Impffortschritt ab, weil sich das relevante Infektionsgeschehen wesentlich auf den – sukzessive sinkenden - Anteil, der nicht vollständig Geimpften an der Gesamtbevölkerung konzentriert. Mit fortschreitendem Impferfolg besteht eine gute Chance, dass einschneidende Lockdown-Maßnahmen bei einer möglichen vierten Infektionswelle im Herbst 2021 vermieden werden können. Dies gilt auch deshalb, weil der wachsenden Zahl vollständig Geimpfter kaum zu vermitteln sein dürfte, warum Einzelhandelsläden, Restaurants oder Hotels wieder geschlossen werden müssen, obwohl dieser Teil der Bevölkerung gegen schwere Krankheitsverläufe wirksam geschützt ist. Neue Lockdowns dürften also nur noch schwer durchsetzbar sein. Ein nochmaliger Einbruch der Wirtschaftsleistung erscheint deshalb unwahrscheinlich.

Dennoch dürfte die Dynamik des Aufschwungs aus drei Gründen geringer ausfallen als bislang erwartet.

• Erstens gehen mit der Verbreitung der Delta-Virusvariante Unsicherheiten einher. Darunter leidet die für einen robusten Aufschwung wichtige Stimmung.

• Zweitens sind weitergehende Lockerungen politisch derzeit nur schwer durchsetzbar. Damit bleibt das Potential für Umsatzsteigerungen in wichtigen Dienstleistungsbereichen weiterhin begrenzt.

• Drittens deutet sich schon jetzt eine erhebliche Belastung des Tourismus durch Reisewarnungen und Quarantäneregelungen an. Gerade für die südeuropäischen Länder, deren Aufschwung im Sommer wesentlich vom Tourismus abhängt, werden die Wachstumserwartungen deshalb nach unten korrigiert werden müssen.
Abhängigkeit von internationalen Lieferketten bleibt hoch

Hinzu kommt die Gefahr neuerlicher Lockdowns aufgrund der hochansteckenden Virusvariante in Ländern mit einem geringen Anteil vollständig geimpfter Personen. Dies trifft beispielsweise auf Australien, aber auch auf viele asiatische Länder zu. Daraus ergeben sich nicht nur deutlich verschlechterte Erholungsaussichten für diese Länder. Über die gegenseitigen Abhängigkeiten im internationalen Handel und Warenverkehr steigt auch die Gefahr anhaltender Störungen von Lieferketten, die ihrerseits die wirtschaftliche Erholung in der europäischen Industrie bremsen und außerdem zu weiteren Preissteigerungen für die betroffenen Produkte führen könnten.

Die Delta-Variante wird insgesamt die wirtschaftliche Erholung in Europa merklich belasten, wahrscheinlich aber nicht zu einem neuen Konjunktureinbruch führen. Dass die Märkte nervös sind, dürfte vor allem daran liegen, dass bereits ein hohes Maß an wirtschaftlicher Erholung eingepreist wurde. Für einen Absturz der Märkte gibt es aus fundamentaler Sicht derzeit dagegen keinen zwingenden Grund.

(Autor: Axel D. Angermann analysiert als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte)






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