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25.06.2021 Analyse: Zusammenhang zwischen kreativen Berufen und Büromieten

Je höher der Anteil von Beschäftigten in einer Stadt ist, die eine kreative Berufstätigkeit ausüben, desto höher ist auch das Niveau der Büromieten in dieser Stadt. Diese statistische Korrelation hat Aengevelt Research anhand einer Analyse der Büromärkte in 15 deutschen Großstädten festgestellt. Kreative Tätigkeiten, auch als “New Work“ bezeichnet, sind ein wesentlicher Treiber für die Büromieten, weil sie die Nachfrage nach modernen und attraktiven Büroflächen steigern.

Kreative Berufe umfassen wissensbasierte Tätigkeiten, die in hohem Maße darauf abzielen, Neues zu schaffen und Innovationen hervorzubringen. Dazu zählen beispielsweise Berufe aus der Informatik, aus den Natur- und Geisteswissenschaften, aus Marketing, Werbung und Medien, aus der Architektur, aus dem Umweltschutz, aus dem Produktdesign und aus dem Kulturbereich. Die Abgrenzung nach Berufen ist trennschärfer als nach der Branchenzugehörigkeit von Betrieben, weil sie auch innerhalb der Betriebe die Differenzierung in kreative Tätigkeiten und Routinetätigkeiten erfasst.

Typischerweise gehen mit kreativen Tätigkeiten auch neue Arbeitsformen einher, die als “New Work“ bezeichnet werden, d.h. interdisziplinäres und teamorientiertes Arbeiten, flachere Hierarchien, flexible Arbeitsabläufe, mehr Eigenständigkeit, mehr Freiräume, mehr Gemeinschaftsgefühl. New Work verlangt nach Bürokonzepten, die kreative Prozesse unterstützen und die beispielsweise folgende Räume und Flächen beinhalten:

• Zonen für Projektarbeit in Teams, teilweise auch mit Stehtischen. Dazu zählen z.B. sogenannte „Scrum“- oder „Agil“-Flächen, wo sich ein Team um einen Konzept-Plan, ein Storyboard oder einen Prototypen scharen und dazu austauschen kann.
• Lounges oder Clubräume für Brainstormings.
• Think-Tank- und Rückzugsräume für konzentrierte Einzelarbeit.
• Games-Rooms mit Tischfußball, Darts o.ä. zum Spielen, Entspannen, Ablenken, kurz: zum “Aufladen der Batterien“.
• Erholungsflächen bis hin zu Fitness- und Wellnesseinrichtungen.

Solche Flächenkonzepte erfordern in aller Regel hochwertige, innovative Bürogebäude mit flexiblen, modularen Grundrissen, guten Arbeitsbedingungen und stimulierendem Ambiente, das sowohl in Neubauten mit anspruchsvoller Architektur wie auch in umgenutzten ehemaligen Industriegebäuden z.B. mit Loft-Charakter realisiert werden kann. Dabei spielen die Büromieten aufgrund der hohen Wertschöpfung kreativer Arbeit eine geringere Rolle als etwa bei reiner Sachbearbeitung, die in konventionellen Zellen- oder Großraumbüros erfolgen kann.

Birthe Nordhues, Leiterin Gewerbliche Vermietung Aengevelt Düsseldorf: „Wenn eine einzige brillante Idee Millionen einbringt, dann lässt man sich ein Ambiente, in dem solche Ideen besser gedeihen können und mit dem die dafür notwendigen kreativen Köpfe überhaupt erst gewonnen und gebunden werden können, auch etwas kosten. Deshalb wäre es betriebswirtschaftlich falsch, ausgerechnet an den Mieten für Büros zu sparen, in denen hochqualifizierte und hochbezahlte kreative Köpfe Spitzenleistungen erbringen sollen. Diese Sichtweise setzt sich zunehmend in Unternehmen und Einrichtungen durch und wird verstärkt bei der Büroflächen-Auswahl berücksichtigt. Entsprechend wirken kreative Arbeitsplätze und die damit verbundene Nachfrage nach modernen, technologisch hochwertigen, attraktiven Büroflächen, die u.a. die Umsetzung der oben beschriebenen Raumkonzepte ermöglichen, als “Preistreiber“ auf den Büromärkten, auch wenn die absoluten Spitzenmieten nicht unbedingt für diese kreativen Arbeitsplätze bezahlt werden.“

Aengevelt Research hat den Zusammenhang zwischen kreativen Berufen und Büromieten in 15 von DIP - Deutsche Immobilien-Partner kontinuierlich analysierten deutschen Städte untersucht:

• Die beiden Städte mit den geringsten Anteilen an Beschäftigten in den kreativen Berufen, Magdeburg mit 6,8 % und Bremen mit 8,1 %, weisen auch die niedrigsten Durchschnittsmieten sowie Spitzenmieten auf: Magdeburg € 9,80/m² bzw. € 13,50/m² und Bremen € 8,00/m² bzw. € 13,50/m².

• Umgekehrt verhält es sich bei den beiden Spitzenreitern bei kreativer Arbeit: Frankfurt am Main hat mit 13,3 % seiner Beschäftigten in den kreativen Berufen fast doppelt so viel New Work wie Magdeburg und erzielt eine Durchschnittsmiete von € 22,40/m² und eine Spitzenmiete von € 45,00/m². München hat einen Spitzenanteil von 15,2 % in New Work-Berufen und ebenfalls sehr hohe Büromieten von € 22,50/m² (Durchschnitt) bzw. € 40,00/m² (Spitze).

Der statistische Zusammenhang ist eindeutig: Über alle 15 Städte hinweg beträgt der Korrelationskoeffizient des Anteils von kreativen Berufen mit der Durchschnittsmiete r = 0,76 und mit der Spitzenmiete sogar r = 0,82, was sehr starke Zusammenhänge darstellt. Der Korrelationskoeffizient kann Werte von -1 (= perfekter negativer Zusammenhang) über 0 (= kein Zusammenhang) bis 1 (= perfekter positiver Zusammenhang) annehmen.

Die Korrelation der Büromieten mit dem Anteil kreativer Berufe ist auch stärker als die Korrelation mit dem Qualifikationsniveau der Beschäftigten oder mit dem Anteil der Akademiker. Entscheidend ist der Kreativitätsgehalt der Tätigkeit und nicht ein hohes Qualifikationsniveau, das sich auch bei weniger kreativen Berufen findet.
Das Streudiagramm der 15 Städte (siehe Grafik nächste Seite) zeigt auch Ausreißer, die aber erklärbar sind. In Frankfurt am Main und in Berlin sind die Spitzenmieten etwas höher, als nach dem Anteil der kreativen Berufe zu erwarten wäre, weil die europäische Finanzmetropole und die Bundeshauptstadt Mietaufschläge rechtfertigen. Ansonsten scharen sich die Städte recht eng um die Regressionslinie, die den statistischen Zusammenhang zwischen Kreativanteil und Spitzenmiete darstellt.

Dazu Dr. Lutz Aengevelt: „In der Wissensökonomie wird der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen immer stärker von ihrer Innovationsfähigkeit bestimmt. Der statistische Zusammenhang zwischen dem Anteil der Beschäftigten, die an Innovationen arbeiten, und den Büromieten zeigt, dass eine attraktive Büroumgebung als Wettbewerbsvorteil gewertet wird: Die Anmietung von hochwertigen Büroflächen stellt eine lohnende Investition in die Produktivität und Innovationskraft eines Unternehmens dar.“

Dabei beschränken sich die Auswirkungen nicht auf Unternehmen: Nach Untersuchungen des US-amerikanischen Stadtforschers Richard Florida signalisiert ein hoher Anteil kreativer Berufe Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit einer Stadt, zugleich aber auch Weltoffenheit, soziale Diversität und Toleranz. Als wichtigste Standortfaktoren für Kreativität gelten attraktive Lebensbedingungen, Urbanität, kulturelle Vielfalt und Liberalität, damit sich hochqualifizierte und hochkreative Arbeitskräfte an einem Standort niederlassen. Wenn „Humankapital“ entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg ist, kehrt sich das Verhältnis zwischen Standortwahlen von Unternehmen und Wohnortwahl um: Die Arbeitskräfte folgen nicht mehr den Arbeitsplätzen, sondern die innovativen Unternehmen siedeln sich dort an, wo kreative Arbeitskräfte leben wollen. Und sie müssen attraktive Bürowelten anbieten, damit sie die Kreativen an sich binden können. Steigende Büromieten sind die Folge – steigende Wohnungsmieten ebenfalls, insbesondere in den Trend- und Szenevierteln.





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