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15.06.2021 Wohnbau in Berlin: Langwierige Genehmigungen, wenig Grundstücke

Lange Genehmigungszeiten sowie steigende Grundstückspreise und die geringe Verfügbarkeit von Bauland sind die Hauptursachen für den aktuell rückläufigen Wohnungsbau in Berlin. Das ergibt eine Umfrage, die das Beratungsunternehmen RUECKERCONSULT unter in Berlin tätigen privaten Bauträgern durchgeführt hat. Bei der Möglichkeit von Mehrfachnennungen sehen 63 Prozent der Befragten ihre Vorhaben vor allem durch Verwaltungsvorschriften und -abläufe ausgebremst. 38 Prozent beklagen eine mangelnde Kooperation der Ämter. Jeweils 50 Prozent sahen den fehlenden beziehungsweise zu teuren Baugrund als Haupthindernis für mögliche Projekte.

Die Hälfte der Unternehmen gab an, dass ihnen in den vergangenen fünf Jahren weniger als 50 Prozent der beantragten Wohnungen genehmigt worden seien. Lediglich 20 Prozent durften alle ursprünglich geplanten Wohnungen auch errichten. Von abschlägig beschiedenen Baugenehmigungen sind in Berlin insbesondere die Bezieher geringerer Einkommen betroffen: 81 Prozent der befragten Unternehmen bestätigten, in den vergangenen Jahren mietpreisgebundene Wohnungen errichtet zu haben.

Laut Amt für Statistik Berlin-Brandenburg ist die Zahl der fertiggestellten Wohnungen in Berlin 2020 um 14 Prozent auf 16.337 Einheiten und damit erstmals seit 2009 gesunken. Die Bezirke Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg meldeten die meisten Wohnungsfertigstellungen. Für den gleichen Zeitraum meldet das Statistische Bundesamt einen Anstieg der Wohnungsfertigstellungszahlen in Deutschland von 4,6 Prozent auf 306.376 Einheiten.

Die Verantwortung für den Rückgang des Wohnungsbaus in Berlin sehen Branchenteilnehmer überwiegend bei den jeweiligen Bezirken. „Eines der größten Hindernisse für den Wohnungsbau in Berlin ist, dass noch unter Stadtentwicklungssenatorin Lompscher die Verantwortung auch für größere Bauprojekte an die Ebene der Bezirksverordnetenversammlung abgegeben wurde“, sagt Dr. Jürgen Leibfried, Vorstand der BAUWERT Aktiengesellschaft. „Auch die Wohnungsbauleitstelle wird kaum mehr eingeschaltet, wenn es Klärungsbedarf zwischen den einzelnen Verwaltungen und gesamtstädtischen Interessen gibt.“ Das führe im Ergebnis dazu, dass die Interessen von Anwohnern ein höheres Gewicht gegenüber den Bedürfnissen der Wohnungssuchenden und der Stadtgesellschaft als Ganzes erhielten und Baugenehmigungen häufiger nicht erteilt würden.

Lange Genehmigungsprozesse auf der Senats- und der Bezirksebene sorgen letztlich auch für einen Mangel an verfügbaren Baugrundstücken, deren Preisgestaltung und letzten Endes zu höheren Wohnungspreisen und Mieten. „Nach einer Studie des BFW dauert ein Bebauungsplanverfahren in Berlin aktuell im Schnitt 9,1 Jahre und damit wieder 14 Monate länger als 2018“, berichtet Jacopo Mingazzini, CEO von The Grounds. „Die mit so langen Prozessen verbundenen Risiken sind für die meisten Entwickler zu hoch, weshalb wir einen Preiskampf um zeitnah bebaubare Grundstücke beziehungsweise eine Abwanderung des Wohnungsbaus ins berlinnahe Umland haben.“ In Berlin selbst müsse man aktuell in einigen Lagen schon mit 2.500 Euro Grundstückskosten je Quadratmeter Wohnfläche kalkulieren. Bei den derzeitigen Erstellungskoste könne man damit nur noch in Ausnahmefällen für unter 5.000 Euro je Quadratmeter bauen.

„Hohe Grundstückskosten und die langen Genehmigungsprozesse haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass sich Investoren zunehmend ins Berliner Umland orientierten“, sagt Karsten Jungk, Geschäftsführer und Partner Wüest Partner Deutschland. „Denn auch immer mehr Menschen zieht es wegen der besseren Verfügbarkeit von Wohnraum, geringeren Wohnkosten und einer guten sozialen Infrastruktur aus Berlin in den Speckgürtel. 2019 wurde in Brandenburg mit knapp 35.000 Zuzügen aus Berlin der höchste Wert seit 20 Jahren registriert. Die wachsende Wohnraumnachfrage hat in der Folge die Miet- und Kaufpreise kräftig steigen lassen. Allein zwischen erstem Quartal 2018 und erstem Quartal 2021 haben sich die Mieten um knapp 25 Prozent erhöht. Bei den Kaufpreisen für Eigentumswohnungen beträgt das Plus sogar rund 43 Prozent. Wir gehen davon aus, dass dieser Trend auch mittelfristig anhalten wird, wenn auch mit etwas abgeschwächter Intensität.“





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