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04.06.2021 Corona wirbelt CEO-Vergütung in Europa durcheinander

Im Krisenjahr 2020 ist die Vergütung des Top-Managements in den führenden börsennotierten Unternehmen Europas deutlich gesunken. Mit einem Minus zum Vorjahr von rund 12 Prozent beläuft sich der Wert für die durchschnittliche CEO-Direktvergütung eines in den STOXX-Indices gelisteten Unternehmens in 2020 auf rund 5,3 Mio. Euro - der geringste Wert seit der erstmaligen hkp/// group Analyse in 2011.

Gründe für diese Entwicklung sind zum einen freiwillige Vergütungsverzichte der CEOs, vor allem aber performancebedingte Rückgänge in den variablen Bezügen. Dabei sind die STOXX-Unternehmen unterschiedlich stark von der Krise betroffen, sodass es zahlreiche Veränderungen in der Rangreihe der höchsten und geringsten Vergütungen gibt. Unangefochten an der Spitze des Vergütungsrankings steht jedoch der CEO von Linde mit rund 13,9 Mio. Euro. Die höchsten Vergütungen nach Ländern werden einmal mehr in der Schweiz erzielt - ein Bild, das sich noch prägnanter bei den Aufsichtsrats-/ Verwaltungsratsvorsitzenden (Chairmen) zeigt. Hier wird die Vergütungsrangreihe durch Roche mit 4,7 Mio. Euro angeführt. Auf den weiteren Plätzen folgen mit UBS, Novartis, Nestlé und Zurich Insurance vier weitere Schweizer Konzerne. Im Unterschied zur CEO-Vergütung steigt die durchschnittliche Chairman-Vergütung in STOXX-Unternehmen um gut 6 Prozent auf rund 861 Tsd. Euro. Dieser gegenläufige Trend begründet sich in der deutlich geringeren bzw. fehlenden Kopplung der Chairman-Bezüge an die Unternehmensperformance.

Zu diesen Erkenntnissen kommt die Analyse Executive and Non-Executive Director Compensation in Europe 2020 der Unternehmensberatung hkp/// group. Die Auswertung basiert auf den in den aktuellen Geschäftsberichten veröffentlichten Angaben der in den Börsenindices STOXX(R) Europe 50 und EURO STOXX 50(R) geführten Unternehmen zur Vergütung ihres Top-Managements.

Während in Deutschland mit seinem hohen Ausweisstandard die für ein Geschäftsjahr zugeflossene Gesamtvergütung analysiert werden kann, lassen sich angesichts geringerer Transparenzanforderungen auf europäischer Ebene u. a. Altersversorgung und Nebenleistungen nicht in den Vergütungsvergleich einbeziehen. "Die Ausweispraxis in Europa kommt einem Flickenteppich gleich. Den deutlichsten Effekt hat dabei, dass länderübergreifend nur die in Aussicht gestellte und nicht die tatsächlich realisierte Langfristvergütung verglichen werden kann.", erklärt Regine Siepmann, Leiterin der Board Services Practice und Partnerin der hkp/// group.

Mit Blick auf die konkreten Vergütungsentwicklungen ergänzt Studienautorin Verena Vandervelt: "Wie prognostiziert sehen wir in diesem Jahr aufgrund der spezifischen Krisen-Belastung der Unternehmen deutlich geringere, aber auch stark unterschiedliche Vorstandsvergütungen in Europa. Während die Bezüge in den meisten Branchen sanken, sind sie beispielsweise im Health Care Sektor und in der Technologiebranche sogar gestiegen." Die Beraterin führt die Rückgänge vor allem auf die schwächere Performance und die damit gesunkenen Auszahlungen der einjährigen variablen Vergütung sowie die Verzichte der CEOs auf Teile ihrer Vergütung zurück. Letztere seien besonders häufig in wirtschaftlich stark betroffenen Branchen aufgetreten.

Unterschiedliche Transparenzvorschriften verhindern Vergleich realisierter Bezüge

Der aktuelle Spitzenplatz der Direktvergütung ist wie im Vorjahr durch den CEO von Linde mit 13,9 Mio. Euro belegt, gefolgt von Roche (13,0 Mio. Euro) und Iberdrola (11,2 Mio. Euro). Dennoch gibt es auch deutliche Veränderungen zur Rangfolge des Vorjahres. So belegt der CEO von Anheuser-Busch InBev, für den 2018 noch der STOXX-Spitzenwert von 32,7 Mio. EUR ausgewiesen wurde, in diesem Jahr mit Bezügen in Höhe von 1,24 Mio. Euro den drittletzten Platz im Ranking. Diese signifikante Änderung erklärt sich durch einen Verzicht in der Grundvergütung, den Ausfall der einjährigen variablen Vergütung sowie die fehlende Gewährung von Langfristvergütungen.

Für eine tragfähige Aussage zur tatsächlich realisierten Vergütung sind jedoch die zugeflossenen Bezüge relevant. Diese beliefen sich für den Anheuser-Busch InBev CEO aufgrund von Auszahlungen aus in den Vorjahren gewährten Aktienplänen in 2020 auf rund 95 Mio. Euro. Auch die zugeflossene Direktvergütung des CEOs von Linde liegt mit 50,8 Mio. Euro in 2020 weit über der europaweit vergleichbaren ICDS-Vergütung, die die Gewährung mehrjähriger variabler Vergütung anstatt des Zuflusses berücksichtigt.

Die geringste CEO-Vergütung im Kreis der STOXX-Unternehmen ist in diesem Jahr für das neu in den STOXX aufgenommene niederländische Unternehmen Adyen zu verzeichnen. Mit einer Direktvergütung von rund 600 Tsd. Euro liegt der Wert deutlich unter den im Index üblichen Vergütungshöhen.

Mit Blick auf die Branchen werden die höchsten CEO-Direktvergütungen weiterhin im Gesundheitswesen und in der Konsumgüterbranche gezahlt. Die Vergütungen in der Finanzindustrie weisen aufgrund entsprechender regulatorischer Anforderungen den höchsten Anteil an Fixvergütung auf. Er liegt aktuell bei 39 % und damit deutlich über dem Durchschnitt aller Branchen (28 %).

Vergütungsverzicht und Performance-Einbrüche

In Verbindung mit der COVID-19-Krise haben im Geschäftsjahr 2020 insgesamt 22 STOXX-CEOs auf Teile ihrer Vergütung verzichtet, um Solidarität mit den durch die Krise betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu zeigen. Besonders häufig traten Kürzungen und Verzichte in französischen und spanischen Unternehmen sowie in den besonders betroffenen Branchen der Konsum- und Industriegüter auf. Die Reduktionen beziehen sich bei 16 CEOs auf das Grundgehalt, während 6 CEOs auf Auszahlungen aus der einjährigen variablen Vergütung und 3 CEOs auf die Gewährung von mehrjähriger variabler Vergütung verzichteten.

"Die Vergütungsverzichte der CEOs sind sehr unterschiedlich und reichen von rein symbolischem Charakter von wenigen Prozent der Grundvergütung bis hin zu beträchtlichen Summen von mehr als 2 Mio. Euro", erklärt Vergütungsexpertin Verena Vandervelt. Sie verweist zugleich auf die Effekte durch die Pay-for-Performance-Logik der variablen Vergütungssysteme, die sich 2020 in deutlich geringeren Auszahlungen in der einjährigen variablen Vergütung niederschlug. "Sofern es noch einen Lackmustest für professionelle Vergütungssysteme im Top-Management brauchte, dann war dies die COVID-19-Pandemie."

Aufsichtsratsvergütung: Erhöhung trotz Pandemie

Im Gegensatz zur CEO-Vergütung sind die Bezüge bei den STOXX-Aufsichtsrats-/ Verwaltungsratsvorsitzenden (Chairmen) in diesem Jahr gestiegen - um rund 6 % auf 861 Tsd. Euro. "Die Aufsichtsratsvergütung ist in vielen Ländern üblicherweise nicht an die Unternehmensperformance gebunden und ist deshalb im Vergleich zur CEO-Vergütung auch im Krisenjahr relativ stabil", resümiert hkp/// group Partnerin Regine Siepmann. Der aktuelle Vergütungsanstieg ist aus Sicht der Studienautorin hauptsächlich durch reguläre Erhöhungen der Aufsichtsratsbezüge zu erklären. Vergütungsverzichte gab es hingegen bei 12 Unternehmen und damit seltener als bei den CEOs.

Schon traditionsgemäß bilden Unternehmen mit Stammsitz in der Schweiz mit deutlichem Abstand die Vergütungsspitze. Sie wird gebildet von Roche (4,7 Mio. Euro), UBS (4,6 Mio. Euro), Novartis (3,6 Mio. Euro) und Nestlé (3,3 Mio. Euro). Schweizer Vergütungsniveaus fallen aufgrund des landesspezifischen Governance-Systems und der damit verbundenen größeren Aufgabenvielfalt für Verwaltungsratsvorsitzende traditionell höher aus.

Der erste deutsche Vertreter in der Rangreihe für 2020 ist auf Platz 10 Volkswagen mit einer Vergütung in Höhe von 900 Tsd. Euro. Am Ende des Vergütungsrankings befinden sich die Chairmen von LVMH (47 Tsd. Euro) und Essilor Luxottica (50 Tsd. Euro), die auf einen beträchtlichen Anteil ihrer Vergütung verzichtet haben. Die relativ niedrigen Chairman-Vergütungen am unteren Ende des Rankings ergeben sich zudem aus Governance-Aspekten, da die Chairmen gleichzeitig die Rolle des CEOs innehaben und dafür eine separate Vergütung erhalten. Diese Konstellation kommt aus historischen Gründen insbesondere bei französischen Unternehmen vor, wird aber im Sinne einer guten Corporate Governance zunehmend aufgelöst.








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