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04.06.2021 Inflation: Eine Frage des Vertrauens

In den vergangenen Monaten hat sich die Preissteigerung beschleunigt, das Thema Inflation steht wieder auf der Agenda. Die Gründe sind vielschichtig, die meisten kurzfristig und damit für Anleger gefahrlos. Doch ein Risiko bleibt: „Wenn die Nutzer des Geldes das Vertrauen in die Währung verlieren, wird aus gewollter Preissteigerung schnell eine zu hohe Inflation“, sagt Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der Quant.Capital Management GmbH.

In den vergangenen Monaten stiegen die Preise oft aus nachvollziehbaren Gründen: Die Mehrwertsteuersenkung lief aus, CO2 wurde teuer, Krisen weltweit sorgten für Druck auf die Ölpreise, auch die Blockade des Suez-Kanals trug ihren Teil bei. „Alle diese Treiber waren bekannt, wurden eingepreist und haben die Märkte nicht oder nur kurzfristig beunruhigt“, sagt Mlinaric.

Anders war es schon bei den nicht ganz so offensichtlichen Themen: „Der Nachfragestau infolge der Corona-Krise traf auf leere Lager und heruntergefahrene Lieferketten, was zu Angebotsknappheit bei gleichzeitig steigender Nachfrage führte“, so Mlinaric. Ein schneller Inflationsschub wurde prognostiziert – und tritt nun ein. „Solange die Zentralbanken sich nicht gezwungen sehen, unerwartet die Zinsen anzuheben, ist dies alles aber nicht weiter Besorgnis erregend“, sagt Mlinaric.

Die bisherigen Entwicklungen ließen sich gut anhand volkswirtschaftlicher Entwicklungen und Daten vorhersehen. Schwieriger wird es da, wo Zahlen ihre Macht verlieren. „Die Inflation ist in den vergangenen Jahren, spätestens seit Einführung des Euro, immer weiter von den Statistikern auf eine reinen Zahlengröße reduziert wurden“, sagt Mlinaric. Es scheint fast so, als wäre Inflation ausschließlich das Ergebnis fassbarer, logischer und in sich schlüssiger Formeln. „Das funktioniert aber nur so lange, wie die Menschen darauf vertrauen können, dass die Zentralbanken die Kontrolle über den Wert des Geldes haben“, sagt Mlinaric. „Denn der Wert einer Währung beruht auf dem Vertrauen, das die Menschen in sie setzen.“

Vertrauen ist das höchste Gut einer Währung. Geht das Vertrauen verloren, verliert die Währung an Wert und irgendwann auch ihre Funktion zur Wertaufbewahrung. „Wer nicht weiß, dass er morgen noch mit dem Geld auf dem Konto ungefähr so viel kaufen kann wie heute, wird andere Formen der Wertaufbewahrung nutzen“, sagt Mlinaric. Das können andere Währungen sein, aber auch etwa Gold oder Sachwerte. „Den Notenbanken entgleitet in einer solchen Situation die Kontrolle über den Geldwert, sie verlieren ihren Einfluss auf Währung und damit auf Wirtschaft und Wohlstand“, sagt Mlinaric.

Die derzeit steigende Inflation geht durchaus mit einer Unsicherheit einher, wie lange die Staaten noch die gewaltige Schuldenlast stemmen können, die sie in der Pandemie – und auch zuvor schon – aufgebaut haben. „Diese Unsicherheit kann umschlagen in Vertrauensverlust, mit der Folge, dass der Geldwert schneller sinkt als das der Wirtschaft vor Ort, aber auch weltweit, gut bekommt“, so Mlinaric. Noch scheint die Eintrittswahrscheinlichkeit für ein solches Szenario eher gering. Nur dürfte sich diese Entwicklung nicht erst mit langem Vorlauf ankündigen. Wenn Vertrauen verloren geht, kann das schnell gehen – mit dann schmerzhaften Auswirkungen, wie die geschichtlichen Erfahrungen zeigen. „Hier baut sich ein reales Risiko auf, das zumindest in der Szenarioanalyse berücksichtigt werden sollte“, so Mlinaric.






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