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27.04.2021 Telekommunikationsgesetz: Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft

Der Bundestag hat am 22. April 2021 das „Telekommunikationsmodernisierungsgesetz“ (TKMoG) beschlossen. Es wird sich wesentlich auf die Versorgung von Gebäuden mit Telekommunikationsdiensten und den Anschluss von Immobilienbeständen an moderne Telekommunikationsnetze auswirken. Nach Zustimmung des Bundesrates soll das Gesetz am 1. Dezember 2021 in Kraft treten, wobei für Einzelregelungen längere Übergangsfristen vorgesehen sind.

Für die Immobilienwirtschaft sind insbesondere die folgenden Vorgaben relevant (für detailliertere Ausführungen zu den einzelnen Änderungen klicken Sie bitte hier):

1. „Bisherige Welt“ – Abschaffung der Umlagefähigkeit, Sonderkündigungsrecht und Opt-out

• Die betriebskostenrechtliche Umlagefähigkeit für die laufenden Kosten von Gemeinschaftsantennenanlagen und kabelgebundenen Koaxialkabel- oder Glasfaseranlagen ist für Bestandsverträge nur noch bis zum 30. Juni 2024 möglich. Hierzu zählen insbesondere auch die monatlichen Grundgebühren für Breitbandanschlüsse. Ab dem 1. Juli 2024 sind nur noch die Stromkosten für diese Anlagen umlagefähig.

• Für alle bestehenden oder noch bis zum 1. Dezember 2021 abgeschlossenen Gestattungsverträge gibt es ein Sonderkündigungsrecht. Dieses kann erstmalig mit Wirkung zum 1. Juli 2024 ausgeübt werden. Es besteht nicht, wenn die Parteien für den Fall des Wegfalls der Umlagefähigkeit eine anderweitige Regelung vereinbart haben.

• Mieter haben zusätzlich ein Opt-out-Recht für im Rahmen des Mietvertrags zur Verfügung gestellte Telekommunikationsdienste. Sofern die Kosten für die jeweiligen Dienste derzeit als Betriebskosten umgelegt werden, gilt das Opt-out-Recht allerdings erst ab dem 1. Juli 2024, sodass es wegen der zeitgleich erfolgenden Abschaffung der Umlagefähigkeit für diese Fälle keine separate Bedeutung hat.

2. „Umlage 2.0“ – neue Möglichkeiten zur Refinanzierung von Glasfaserinvestitionen

Um die Errichtung und Finanzierung neuer Glasfasernetze zu fördern, werden zwei neue Finanzierungsmöglichkeiten geschaffen:

• Glasfaserbereitstellungsentgelt: Eigentümer und Netzbetreiber können ein sog. „Glasfaserbereitstellungsentgelt“ vereinbaren, das die Kosten für die Errichtung von Glasfasernetzen abdecken soll. Dieses Entgelt ist vom Gebäudeeigentürmer an den Netzbetreiber zu zahlen, darf höchstens 60 Euro pro Jahr betragen und für einen Zeitraum von fünf Jahren (in Ausnahmefällen bis zu neun Jahren) verlangt werden. Bei Vereinbarung eines Glasfaserbereitstellungsentgelts muss der errichtende Netzbetreiber diese Netze anderen Netzbetreibern kostenfrei zur Verfügung stellen.

• Modernisierungsumlage: Errichtet der Gebäudeeigentümer selbst erstmalig ein Glasfasernetz innerhalb der Immobilie, handelt es sich um eine Modernisierung. Die hierfür anfallenden Investitionskosten können in Höhe von derzeit jährlich acht Prozent als Modernisierungsumlage auf die Mieter umgelegt werden.

3. „DigiNetzG 2.0“ – Gesetzliche Zugangsmöglichkeiten und neue Entgeltmaßstäbe für die (Mit-)Nutzung von Gebäudenetzen

Für den Zugang zu und die Mitnutzung von Gebäudenetzen enthält das TKMoG einige neue Verpflichtungen und Entgeltmaßstäbe, die die seit 2016 durch das sog. DigiNetzG eingeführten Zugangsregelungen ergänzen bzw. modifizieren.

• Bereitstellung von Gebäudenetzen zu den Zusatzkosten der Nutzung: Die Entgelte für die Mitnutzung bestehender Gebäude-Infrastrukturen und Verkabelungen sollen auf Basis der zusätzlichen Kosten festgelegt werden, die für den jeweils zugangsverpflichteten Eigentümer oder Netzbetreiber durch die Mitnutzung entstehen. Hierzu zählen beispielsweise einmalige Kosten für die Auf- und Abschaltung, aber nicht die Investitionskosten.

• Berücksichtigung von Investitionen bei neu errichteten Gebäudeglasfasernetzen: Für neu errichtete Gebäudeglasfasernetze gilt demgegenüber ein anderer Kostenmaßstab für die Mitnutzung – hier sollen neben den zusätzlichen Kosten auch die getätigten Investitionen sowie die Auswirkungen der Mitnutzung auf den Geschäftsplan des zugangsverpflichteten Eigentümers oder Netzbetreibers berücksichtigt werden. Dieser erweiterte Entgeltmaßstab gilt allerdings nicht für neu errichtete Glasfasernetze, die von Unternehmen errichtet werden, die mit dem Gebäudeeigentümer konzernverbunden sind. Für diese Unternehmen soll es ausschließlich beim Maßstab der reinen Zusatzkosten bleiben; Investitionskosten und Verzinsung sollen unberücksichtigt bleiben.

4. Erste Einschätzung der Neuregelungen

Der Gesetzgeber hat sich mit dem TKMoG zum Ziel gesetzt, sowohl den Dienste-Wettbewerb als auch den Glasfaserausbau zu fördern. Ob diese Ziele bei der Versorgung von Gebäuden tatsächlich erreicht werden, ist allerdings eher zu bezweifeln. Das Gesetz enthält einige für die Praxis rechtlich und wirtschaftlich problematische Regelungen:

• Die politisch extrem umstrittene Abschaffung der Umlagefähigkeit mit Wirkung zum 30. Juni 2024 erfordert nicht nur Neuverhandlungen und ggfls. auch Neuausschreibungen einer Vielzahl von bestehenden Versorgungsverträgen, sondern – zumindest bei einem Versorgerwechsel oder der Errichtung neuer Netze – auch die Durchführung umfangreicher Bauarbeiten innerhalb der nächsten drei Jahre. Nicht zuletzt wegen der knappen Baukapazitäten am Markt wird diese kurze Übergangsfrist die Errichtung neuer Netze erschweren. Begrüßenswert aus Sicht der Immobilienwirtschaft ist hingegen das Sonderkündigungsrecht, das es ermöglicht, bestehende Versorgungsverträge aufheben zu können und so abzusehende Rechtsunsicherheit für viele Tausende von Gestattungsverträgen vermeidet.

• Ob das neue Glasfaserbereitstellungsentgelt die gewünschten Investitionsanreize für den Ausbau von Gebäudeglasfasernetzen bietet, ist alles andere als sicher. Denn für viele Netzbetreiber dürften die damit verbundenen entgeltlichen und zeitlichen Beschränkungen sowie die kostenfreie Mitnutzungsmöglichkeit ein Grund sein, das Entgelt eher nicht zu vereinbaren.

• Bei den Entgeltmaßstäben für die gesetzliche Mitnutzung von Gebäudenetzen bestehen zudem erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen – hier scheinen die wesentlichen Vorgaben eher an den Interessen großer Telekommunikationsunternehmen an einer möglichst kostenfreien Nutzung von Gebäudenetzen als an praxisgerechten Differenzierungen und einem erforderlichen Investitionsschutz ausgerichtet zu sein.

(Quelle: Greenberg Traurig, LLP)








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