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26.04.2021 Share-Deal-Reform zur Grunderwerbsteuer kommt

Immobilieninvestoren können bei Erwerb einer Immobilie die Grunderwerbsteuer einsparen, indem sie Anteile an einer Immobilien- Gesellschaft erwerben. Dies setzt bisher voraus, dass der Käufer im Rahmen eines Share-Deals (d.h. im Rahmen eines Kaufs der Anteile einer Gesellschaft) nicht mehr als 94,9% der Gesellschaft erwirbt. Die übrigen Anteile verbleiben beim Verkäufer oder werden von einem weiteren Investor übernommen. Nach Ablauf einer Haltefrist von bisher fünf Jahren, konnte der Käufer die restlichen 5,1% der Gesellschaft erwerben, auf welche dann Grunderwerbsteuer zu zahlen war.

Die Bundesregierung hat bereits am 31.07.2019 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes beschlossen. Nach erheblichen Einwänden aus Wissenschaft und Wirtschaft wurde das Vorhaben auf das erste Halbjahr 2020 verschoben. Seitdem ist nichts passiert.

Der Finanzausschuss des Bundestages hat nun mit Stimmen der Großen Koalition die Share-Deal-Reform beschlossen. Diese wurde am 21.04.2021 vom Bundestag als Gesetz verabschiedet und wird bereits zum 01.07. dieses Jahres in Kraft treten. Im Wesentlichen soll danach die Grunderwerbsteuer auslösende Beteiligungsgrenze von 95% auf 90% gesenkt werden und die Haltefristen auf zehn bzw. 15 Jahre verlängert werden.

Zudem wurde die Einführung eines neuen Ergänzungstatbestands zur Erfassung von Anteilseignerwechseln in Höhe von mindestens 90 % bei Kapitalgesellschaften beschlossen.

Eine Rückwirkung des Gesetzes auf bereits abgeschlossene Anteilsübertragungen ist nicht zu erwarten. Denn bereits in dem ursprünglichen Gesetzentwurf waren Übergangsregelungen vorgesehen, die auf Konsens innerhalb der Großen Koalition fußten.

Eine Börsenklausel soll sicherstellen, dass Aktienhandel an der Börse nicht beiläufig die Steuer auslöst. Problematisch dabei ist, dass nicht alle Börsenplätze erfasst sind und die Klausel nicht bei mittelbaren Anteilsübertragungen nicht greift.

Kommentar:

Die Koalition hat sich über die zuvor geäußerte massive Kritik am Gesetzentwurf aus Wissenschaft und Wirtschaft weitgehend hinweggesetzt.

Nach Ansicht vieler Experten ist das Gesetz nicht geeignet, Share-Deals zur Umgehung von Grunderwerbsteuer tatsächlich zu verhindern. Denn Investoren werden geneigt sein, Geschäftspartner und Co-Investoren zu finden, die nicht mehr 5,1%, sondern dann 10,1% der Anteile halten. Auch kommt es zu einer Verschärfung für solche Share-Deals, bei denen es nicht vorrangig um Immobilienübertragungen geht. So wird beispielweise nicht unterschieden, ob ein Unternehmen eine reine Grundstücksgesellschaft ist oder operativ tätig ist und welchen Anteil am Unternehmensvermögen das Eigentum an Immobilien ausmacht.

Die Verlängerung der Haltefristen auf 10 bzw. 15 Jahre wird z.T. als verfassungswidrig eingeschätzt, da eine effektive Überwachung von Anteilseignerwechseln bei großen Publikumsgesellschaften während solcher Zeiträume kaum noch möglich ist. Es droht ein gleichheitswidriges „strukturelles Vollzugsdefizit“, weil die Finanzämter mit dem entstehenden Verwaltungsaufwand überfordert sein dürften.

Höchst fraglich ist auch, ob eine Bevorzugung börsennotierter Kapitalgesellschaften gegenüber nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) bestand haben kann.

Die Immobilienwirtschaft hatte kritisiert, dass zusätzliche Belastungen mit Grunderwerbsteuer Projektentwicklungen beeinträchtigen und das Bemühen erschweren, mehr Wohnraum zu bauen.

Mit dem neuen Gesetz hat es die Große Koalition auch unterlassen, den (Erst-)Erwerb einer Privatwohnung von der Grunderwerbsteuer (bis zu 6,5%) zu befreien oder zumindest mit bestimmten Freibeträgen zu entlasten. Dies könnte offenbaren, worum es ihr tatsächlich geht: Jedenfalls nicht um mehr Steuergerechtigkeit.

(Autor: Johann Wedemeier, Bethge Legal)







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