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26.04.2021 Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes verabschiedet

Der Bundestag hat am 21. April 2021 das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes in 2. und 3. Lesung verabschiedet. Mit dem Gesetz sollen die Möglichkeiten zur steuerfreien Übertragung von Anteilen an grundstückshaltenden Gesellschaften weiter eingeschränkt werden. Das Gesetz entspricht weitgehend dem schon im Herbst 2019 eingebrachten, dann aber im Hinblick auf die einhellige Kritik in der Anhörung der Sachverständigen zurückgestellten Entwurf der Bundesregierung (BT-Drucksache 19/13437). Wenn der Bundesrat dem Entwurf zustimmt, werden die Änderungen zum 1. Juli 2021 in Kraft treten.

Die wesentlichen Änderungen:

1. Absenkung der Beteiligungsgrenze von 95 auf 90 Prozent sowie Verlängerung wesentlicher Fristen von fünf auf zehn Jahre

• Die Beteiligungsgrenze für alle grunderwerbsteuerlichen Ergänzungstatbestände des § 1 Abs. 2a, 3, und 3a Grunderwerbsteuergesetz („GrEStG”) wird von 95 auf 90 Prozent abgesenkt. Eine zwischenzeitlich diskutierte Absenkung auf 75 Prozent fand hingegen keine Mehrheit.

• Der Beobachtungszeitraum des § 1 Abs. 2a GrEStG wird von fünf auf zehn Jahre verlängert. Ferner werden die in den § 5 Abs. 3 und § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG festgeschriebenen Behaltensfristen von fünf auf zehn Jahre und die im neu gefassten § 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG genannte Frist auf fünfzehn Jahre verlängert.

2. Gesellschafterwechsel bei Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG – neu)

Bisher galt die Regelung des § 1 Abs. 2a GrEStG nur für Personengesellschaften, wonach eine Übertragung der Anteile an einer grundstückshaltenden Personengesellschaft auf neue Gesellschafter innerhalb von künftig zehn Jahren (bisher fünf Jahre) der Grunderwerbsteuer unterliegt. Diese wird durch die Einfügung des neuen § 1 Abs. 2b GrEStG auf Kapitalgesellschaften ausgedehnt. Danach wird künftig auch eine Übertragung von 90 Prozent oder mehr der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft binnen zehn Jahren der Grunderwerbsteuer unterliegen. Auf die Höhe der Beteiligung der einzelnen Gesellschafter (Anteilsvereinigung) kommt es nicht mehr an. Die mehrmalige Übertragung desselben Anteils geht jedoch nur einmal in die Berechnung der 90 Prozent-Schwelle ein. Relevant sind zudem nur Übertragungen auf Neugesellschafter; Anteilsübertragungen zwischen Altgesellschaftern zählen nicht mit. Im Rahmen von § 1 Abs. 2b GrEStG sollen auch mittelbare Anteilsübertragungen berücksichtigt werden, d.h. mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand sollen durch Multiplikation der Prozentsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt werden. Bei einer anteilsvermittelnden Kapitalgesellschaft soll eine vollständige Zuordnung gelten, wenn mindestens 90 Prozent der Anteile auf neue Anteilseigner übergehen. Schuldner der Grunderwerbsteuer wird die Gesellschaft sein. Die Steuer bemisst sich nach dem Wert der Grundstücke der Gesellschaft.

3. Börsenklausel (§ 1 Abs. 2c GrEStG – neu)

Die jetzt verabschiedete Fassung enthält entgegen dem ursprünglichen Entwurf eine sog. Börsenklausel. Danach sind Übertragungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften über bestimmte Börsen bei der Berechnung der Schwelle für schädliche Anteilsübertragungen sowohl bei Personen- als auch bei Kapitalgesellschaften nicht zu berücksichtigen.

4. Zeitlicher Anwendungsbereich

Die Änderungen sollen zum 1. Juli 2021 in Kraft treten. Die Neuregelung des § 1 Abs. 2b GrEStG soll für alle Anteilsübertragungen gelten, die nach dem 30. Juni 2021 verwirklicht werden. Eine Übergangsregelung für Übertragungen, die auf davor abgeschlossenen Verträgen basieren, sieht das Gesetz nicht vor. Anteilsübertragungen vor dem 1. Juli 2021 werden von § 1 Abs. 2b GrEStG nicht erfasst und sind auch bei der Schwellenwertberechnung nicht zu berücksichtigen. In der Praxis bedeutet dies: Wenn beispielsweise durch den Abschluss eines Vertrages vor dem 1. Juli 2021 der Anspruch auf Übertragung von mindestens 95 Prozent der Anteile an einer Kapitalgesellschaft begründet wird und die Übertragung der Anteile nach dem 1. Juli 2021 erfolgt, würde dies nach dem Wortlaut der Neuregelung zweimal Grunderwerbsteuer auslösen: einmal auf Ebene des Erwerbers und einmal auf Ebene der Kapitalgesellschaft. Es ist zu hoffen, dass der zweifache Anfall von Grunderwerbsteuer durch eine Billigkeitsregelung vermieden werden wird. Wegen der Unsicherheit sollte dies beim Kauf von Anteilen an Gesellschaften vor dem Inkrafttreten der Änderung berücksichtigt werden.

5. Fazit

• Durch das Gesetz erstreckt sich künftig die Regelung für Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaften auch auf Kapitalgesellschaften. Dennoch gelten für Kapitalgesellschaften nicht die Begünstigungen der §§ 5 und 6 GrEStG, die für die Übertragungen zwischen Gesellschaften und Gesellschaftern bei Personengesellschaften gelten.

• Die neuen Regelungen betreffen nicht nur typische Grundstücksgesellschaften, sondern gelten für alle Gesellschaften, die Grundstücke in Deutschland halten.

• Nach § 1 Abs. 2b GrEStG löst ein vollständiger Anteilswechsel an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft Grunderwerbsteuer aus. Der Anfall der Steuer lässt sich nur noch verhindern, wenn ein Altgesellschafter mindestens mit mehr als zehn Prozent beteiligt bleibt. Dabei wird auch auf mittelbare Gesellschafterwechsel zu achten sein.

• Auch Kapitalgesellschaften werden künftig erfassen müssen, wie sich ihr Gesellschafterbestand verändert. Dies wird insbesondere im Hinblick auf den relevanten Zeitraum von zehn Jahren und auf mittelbare Beteiligungsverhältnisse eine große Herausforderung darstellen.

(Quelle: Greenberg Traurig, LLP)






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