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13.04.2021 Einzelhandelsinvestmentmarkt mit schwachem Jahresauftakt 2021

Nach Angaben von Colliers wurden im ersten Quartal 2021 deutsche Einzelhandelsimmobilien für 1,2 Milliarden Euro gehandelt. Nach dem Rekord-Jahresauftakt des Vorjahres von 4,2 Milliarden Euro handelt es sich 12 Monate später um eines der schwächsten Erstquartale der letzten zehn Jahre. Die Zahl der erfassten Transaktionen halbierte sich nahezu von über 80 auf 45.

Einzelhandelsmarkt erwartungsgemäß stärker ausgebremst als Gesamtmarkt

Matthias Leube, CEO bei Colliers: „Auch am Gesamtmarkt für Gewerbeimmobilien haben wir nach einer Jahresendrallye 2020 einen sehr ruhigen Jahresstart erlebt. Die Einbremsung fiel jedoch bei den Einzelhandelsimmobilien erwartungsgemäß stärker aus.“ So reduzierte sich das Transaktionsvolumen am Gesamtmarkt gegenüber dem Allzeithoch aus dem Vorjahr um 50 Prozent, in der Assetklasse Einzelhandel sogar um 71 Prozent. Der wegen des außergewöhnlichen ersten Quartals 2020 aussagefähigere Fünfjahresschnitt wurde über alle gewerblichen Nutzungsarten hinweg um 28 Prozent verfehlt, im Einzelhandelssegment um 50 Prozent. Der Marktanteil dieser Assetklasse sank von 24 Prozent im Vorjahr auf aktuell 14 Prozent und nimmt damit Platz 3 hinter Büroimmobilien mit 36 Prozent und den derzeit stark nachgefragten Industrie- und Logistikimmobilien mit 22 Prozent ein.

Leube weiter: „Insbesondere dem innerstädtischen non-food Einzelhandel, der vom neuerlichen Lockdown besonders schwer getroffen ist, stehen Investoren sehr zurückhaltend gegenüber. Beim Immobilienklimaindex schneiden Einzelhandelsobjekte pauschal neben Hotelimmobilien weiter am schlechtesten ab. Die deutliche Stimmungsaufhellung auch beim Konsumklimaindex im März, die mit der Ankündigung von schrittweisen Lockerungsplänen einherging, dürfte im Zuge der dritten Pandemiewelle zunächst nur temporär sein. Allerdings nährt diese bemerkenswerte Reaktionsgeschwindigkeit der Erwartungshaltung von Marktteilnehmern die Hoffnung auf eine schnelle Erholung des stationären Handels, wenn es ab dem Sommer aufgrund höherer Impfraten zu dauerhaften Lockerungen kommt. Eine aufgestaute Konsumneigung verbunden mit dem Wunsch nach einem physischen Einkaufserlebnis werden eine Trendwende für Handel und Gastronomie herbeiführen.“

Großdeals und Unternehmensübernahmen pausieren seit Jahresbeginn

Dirk Hoenig-Ohnsorg, Head of Retail Investment bei Colliers, ergänzt: „Der ruhige Jahresauftakt ist aber nicht nur eine Folge der Corona-Schutzmaßnahmen. Auch in den Jahren 2016 und 2018 haben wir ähnlich niedrige Ergebnisse gesehen. Die Volatilität ist wesentlich höher als in anderen Marktsegmenten. So ging das Ausnahmeergebnis 2020, das auch den Gesamtmarkt wesentlich befeuerte, vor allem auf das Konto von Übernahmen und Beteiligungen an großen Immobilienbeständen, die in dieser Häufung sehr selten auftreten.“ Zwischen Januar und März 2020 wurden in der Größenkategorie 250 Millionen Euro aufwärts vier Abschlüsse mit einem Gesamtwert von 2,7 Milliarden Euro registriert. Dazu zählten mehr als 30 Retailobjekte aus der TLG-Übernahme durch Aroundtown, der Verkauf von 80 Real-Immobilien an Sistema, die Beteiligung von RFR an 30 Kaufhof-Immobilien sowie eine Minderheitenbeteiligung von Kühne + Nagel am Bestandsportfolio der Signa Prime Selection. In diesem Jahr gab es bislang keinen Deal dieser Größenordnung.

Insgesamt wurden lediglich zwei Transaktionen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich verbucht. Dazu zählt der Weiterverkauf von sieben Karstadt-Warenhäusern von RFR an Apollo. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2020 hatte der deutsch-amerikanische Vermögensverwalter in einem größeren Paketkauf unter anderem diese Häuser vom Highstreet-Konsortium übernommen. „Der Handel von Highstreetobjekten, die lagebedingt über Aufwertungspotenziale verfügen, geht somit weiter. Prosperierende, lebenswerte Innenstädte werden immer noch als Premiumlage begriffen, auch wenn Nachnutzungskonzepte aufgrund sinkender Nachfrage durch Retailer nur noch in Teilen Handelsfläche vorsehen und Mischkonzepte angestrebt werden”, kommentiert Hoenig-Ohnsorg. Beim zweitgrößten Deal des Quartals handelt es sich um den Erwerb von Mehrheitsanteilen am ehemaligen Mutschler-Center, einem Fachmarktzentrum in Neu-Ulm, für rund 120 Millionen Euro durch den österreichischen Investor und Entwickler Hallmann.

„Was die Anzahl der Deals anbelangt, lag der Schwerpunkt des aktuellen Transaktionsgeschehens erneut in der Kategorie unter 50 Millionen Euro und stellte – exakt wie im Vorjahr – 93 Prozent aller Abschlüsse. Volumenmäßig erbrachten diese kleinvolumigen Deals mit 65 Prozent den Marktanteil, den vor einem Jahr Transaktionen ab einer Viertelmilliarde Euro auf sich vereinten”, beobachtet Hoenig-Ohnsorg und relativiert zugleich: „Angesichts mehrerer, derzeit am Markt platzierter großvolumiger Verkaufsmandate werten wir das Ausbleiben solcher Großdeals als kurzzeitige Atempause.“

Einzeldeals dominierten das Marktgeschehen mit 753 Millionen Euro bzw. 61 Prozent Marktanteil. Wegen der marktprägenden Paketkäufe, Übernahmen und Beteiligungen vor einem Jahr hat der Portfolioanteil von 75 Prozent auf 39 Prozent signifikant abgenommen, liegt aber dennoch über dem Anteil des Gesamtmarktes von 32 Prozent.
Fachmärkte und Fachmarktzentren weiter Rückgrat des Transaktionsgeschäfts
Rückgrat des Transaktionsgeschäfts bilden weiterhin Fachmärkte und Fachmarktzentren mit einem Marktanteil von 53 Prozent bei den Transaktionen und 47 Prozent beim Transaktionsvolumen. Neben dem besonders krisen- und onlineresilienten Lebensmitteeinzelhandel gehen auch Baumärkte sowie Sport- und Freizeitfachhandel gestärkt aus der Krise hervor. Geschäftshäuser in Highstreetlagen sowie innerstädtische Waren- und Kaufhäuser folgen mit 44 Prozent Volumenanteil. Shoppingcenter liegen mit Abstand auf Platz 3 und vereinen 9 Prozent auf sich.

Bei der räumlichen Verteilung der Transaktionen spielen die sieben größten Investmentzentren mit 12 Prozent derzeit eine sehr untergeordnete Rolle, B- und C-Städte kommen zusammen auf 9 Prozent. Mit 79 Prozent findet das Gros der Transkationen außerhalb dieser größeren Städte statt.

Offene Immobilien- und Spezialfonds derzeit dominierende Käufergruppe

Bei den markbeherrschenden Investorengruppen belegen auf der Käuferseite erneut offene Immobilien- und Spezialfonds mit 367 Millionen Euro (30 Prozent Marktanteil) den ersten Platz, vor Privatinvestoren und Family Offices mit 243 Millionen Euro (20 Prozent Marktanteil) sowie Asset- und Fondsverwalter mit 217 Millionen Euro bzw. 17 Prozent. Bei den Verkäufern liegen Asset- und Fondsmanager gleichauf mit Projektentwicklern (jeweils 20 Prozent) und privaten Investoren mit 17 Prozent. Ausländisches Kapital ist mit 37 Prozent höher vertreten als am Gesamtmarkt mit 26 Prozent, konzentriert sich aber vor allem auf die beiden erwähnten größten Deals des Quartals.

Aktuell keine Renditeveränderungen auszumachen

In den vergangenen drei Monaten waren auch mangels marktprägender Deals im Spitzensegment keine nennenswerten Verschiebungen im Bereich der Spitzenrenditen zu beobachten. Für Einzelhandelsobjekte ist eine weiterhin divergierende Entwicklung im Jahresverlauf zu erwarten. Renditekompressionen vor allem bei Fachmärkten mit Lebensmittelschwerpunkt werden deutlich unterhalb der 5,00 Prozent verlaufen. Dagegen sind Renditesteigerungen bei Einkaufszentren und Highstreetobjekten zu erwarten. Erstere tendieren Richtung 5,00 Prozent, letztere Richtung 3,00 Prozent.

Ausblick: Großabschlüsse für zweite Jahreshälte erwartet

Hoenig-Ohnsorg: „Dem schwachen Jahresauftakt wird in der zweiten Jahreshälfte eine spürbare Marktbelebung folgen. Derzeit am Markt befindliche Großportfolien vor allem im Fachmarktbereich mit Lebensmittelschwerpunkt, aber auch Mischportfolien mit Einzelhandelsanteilen können das Transaktionsvolumen bis zum Jahresende noch wieder in die Nähe von 10 Milliarden Euro bringen, wie es die Jahre 2016 und 2018 mit ähnlichem Jahresauftakt auch gezeigt haben. Allerdings ist das Rückschlagpotenzial bei erneuter, unvorhersehbarer Verschärfung des Pandemiegeschehens im Einzelhandelssegment außerhalb der Nahversorgung höher als in anderen Assetklassen.“








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