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09.04.2021 Last Chance für grunderwerbsteuerfreie Immobilientransaktionen

Share Deals könnten ab dem 1. Juli 2021 deutlich unattraktiver werden, nachdem sich die Große Koalition in Berlin auf einen Reformvorschlag zur Grunderwerbsteuer verständigt haben soll.

Nach derzeitiger Rechtslage fällt bei der Veräußerung von Anteilen an grundbesitzhaltenden Kapitalgesellschaften keine Grunderwerbsteuer an, wenn auf Erwerberseite mindestens zwei Gesellschaften beteiligt sind, von denen keiner mindestens 95 % der Anteile erwirbt bzw. nach dem Erwerb auf sich vereinigt. Mithin können im Ergebnis 100 % der Anteile der grundbesitzhaltenden Kapitalgesellschaft auf verschiedene Erwerber vollständig grunderwerbsteuerneutral übertragen werden (z. B. zu Anteilen in Höhe von 94 % und 6 %).

Dieses „Steuerschlupfloch“ wird überwiegend von Bauträgern und Projektentwicklern genutzt, um Grunderwerbsteuer in Höhe von bis zu 6,5 % des Immobilienwertes zu sparen. Zur Eindämmung dieser Steuermindereinnahmen hatte die Bundesregierung bereits im Juli 2019 einen Entwurf zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes beschlossen, jedoch im Oktober 2019 nach Öffentlicher Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages zunächst nicht zum Abschluss gebracht.

Der nun vorliegende Gesetzesentwurf sieht im Wesentlichen die bereits bekannten Maßnahmen vor:

• Einführung eines neuen, bisher nur für Personengesellschaften bestehenden Ergänzungstatbestandes für Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG-E), wonach künftig für Kapitalgesellschaften mit inländischem Grundbesitz ein Gesellschafterwechsel in einem Zeitraum von 10 Jahren grunderwerbsteuerpflichtig ist, sofern mindestens 90 % der Beteiligungen am Vermögen auf neue Gesellschafter übertragen werden. Ein sofortiger steuerfreier Erwerb sämtlicher Anteile unter Beteiligung eines Co-Investors wird damit bei Kapitalgesellschaften nicht mehr möglich sein.

• Verlängerung der maßgeblichen Betrachtungszeiträume von Gesellschafterwechseln bei Personengesellschaften von derzeit 5 auf 10 Jahre (bei gestuftem Erwerb in Einzelfällen Verlängerung auf 15 Jahre bei Personengesellschaften).

• Absenkung relevanter Beteiligungsschwellen: Die derzeit geltende Beteiligungshöhe von mindestens 95 % soll für alle grundstückshaltenden Gesellschaften auf mindestens 90 % der Anteile abgesenkt werden.

• Etablierung einer Börsenklausel, wonach § 1 Abs. 2b GrEStG-E bei bestimmten börsennotierten Unternehmen nicht anwendbar wäre. Die Ausnahme gilt aber nur für Gesellschaften, die an einem organisierten Markt in der EU bzw. dem EWR oder einem vergleichbaren Markt in einem Drittstaat gelistet sind.

In zeitlicher Hinsicht sollen die neuen Regelungen zur Absenkung der Beteiligungsgrenzen sowie der Verlängerung der Betrachtungszeiträume erstmalig für Immobilientransaktionen anzuwenden sein, die nach Ablauf des 30. Juni 2021 geschlossen werden.

Beim Erwerb von Immobilien-Kapitalgesellschaften, die derzeit verhandelt werden, sollte zeitnah geprüft werden, ob eine Anwendung der derzeitigen Rechtslage noch möglich ist. Hierzu müssten Vertragsschluss sowie dinglicher Anteilsübergang noch vor dem 1. Juli 2021 stattfinden.

Für geplante Transaktionen, bei denen bereits nach derzeitiger Rechtslage mit dem Anfall von Grunderwerbsteuer gerechnet wird, könnte es sich lohnen, den Vertrag nach dem 1. Juli 2021 zu schließen, um durch die Anwendung des § 1 Abs. 2b GrEStG-E die Grunderwerbsteuer bei Vollzug der Transaktion als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe auf Ebene der Kapitalgesellschaft behandeln zu können.

(by: Markus P. Linnartz, LL.M., Rechtsanwalt, Steuerberater bei ROTTHEGE | WASSERMANN)







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